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Rückkehr zur Normalität – so früh wie möglich

Die Typ-2-Diabetes-Remission wird im ADA-Konsensus-Report nicht als ein Zustand, sondern als „Prozess der Rückkehr der Plasmaglukose zu ‚normalen Werten‘“ definiert.1 Diese Terminologie erkenne an, dass Diabetes nicht immer aktiv fortschreitend sein müsse und berücksichtige die nicht unbedingt anhaltende Dauer der spürbaren Besserung, sagte Professor Dr. Andreas Birkenfeld, Universitätsklinikum Tübingen. Die kohärente Auffassung lautet: Kontinuierliche Unterstützung ist nötig, um einen Rückfall („Rezidiv“) zu vermeiden, so der Ärztliche Direktor der Klinik für Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie.
Intervention am besten schon im Stadium des Prädiabetes
Nachdem durch die DiRECT-Studie eine Remission durch Gewichtsabnahme belegt werden konnte, brachten die 5-Jahres-Daten Ernüchterung: Nur 23 % der remittierten Patient*innen hatten zwei Jahre nach dem Ende der Originalstudie noch kein Diabetes-Rezidiv.2 Prof. Birkenfeld meinte dazu: „Für uns bedeutet das: Wir müssen früher intervenieren, bereits beim Prädia-betes.“ Er präsentierte Daten der Post-hoc-Analyse der Prediabetes Lifestyle Intervention Study (PLIS) des DZD: Eine Remission wiesen 128 der 298 Patient*innen mit mindestens 5 % Gewichtsverlust auf. Unabhängig von Körpergewicht und Trainingszustand war bei Prädiabetes-Remission die Insulinsensitivität verbessert, nicht jedoch die Insulinsekretion. Klare Unterschiede zeigten sich beim viszeralen Fettanteil (bei einem „normalisiertem“ Leberfett < 5,6 %). Eine Prädiabetes-Remission war zwei Jahre nach Studienende mit einer Risikoreduktion um 74 % für die Typ-2-Diabetes-Progression sowie verbesserten Markern für vaskuläre Erkrankungen assoziiert. Aufgrund dieser Daten schlägt der Tübinger Professor ein Konzept der Prädiabetes-Remission vor (NBZ < 5,6 mmo/l, 2h-Wert < 7,8 mmol/l, HbA1c < 5,7 % ohne glukosesenkende Medikation).
Diät und Bewegung, Chirurgie oder Pharmazie?
Nur rund 30 % der Patient*innen befinden sich 15 Jahre nach einem metabolisch-chirurgischen Eingriff weiterhin in einer Typ-2-Diabetes-Remission, berichtete Professor Dr. Matthias Blüher, Universitätsklinikum Leipzig. Nach den Worten des Direktors des Helmholtz-Instituts für Metabolismus-, Adipositas- und Gefäßforschung wurden in einer Metaanalyse keine signifikanten Unterschiede zwischen den OP-Verfahren im Hinblick auf die Diabetes-Remission festgestellt.3 Dagegen wurden Alter, BMI, Diabetesdauer und Insulintherapie als Prädiktoren für eine postoperative Diabetes-Remission identifiziert.4 Derzeit sei die bariatrische Chirurgie die letzte Option. „Wahrscheinlich ist das der falsche Ansatzpunkt. Bei Menschen mit einem BMI über 50 und kurzer Diabetesdauer haben wir offensichtlich die besten Chancen für eine Remission.“ Die langfristigen Schattenseiten der OP dürfte man jedoch nicht vergessen (Wiederzunahme, Mangelversorgung mit Mikronährstoffen, Osteoporose, Hautfaltenbildung, psychologische Probleme, erhöhte Suizidalität).
Neben „willentlich durchgeführten, therapeutisch unterstützten diätetischen Interventionen“ und bariatrischen Operationen, die entweder nur für einen Teil der Betroffenen geeignet sind bzw. zu lediglich vorübergehenden Erfolgen führen, sei der dauerhafte Einsatz von glukosesenkenden Substanzen, die zugleich eine relevante Gewichtsabnahme induzieren können, eine sinnvolle Option. So sieht es Professor Dr. Dr. Michael Nauck, Leiter der klinischen Forschung der Diabetologie im St. Josef-Hospital, Bochum. Herauszufinden, ob sich die Prognose hinsichtlich der Diabeteskomplikationen zwischen diesen Verfahren zur Induktion einer Remission unterscheidet von den anderen Wegen wie intensiven Lebensstilmaßnahmen, sei die Aufgabe zukünftiger Forschung. Prof. Naucks persönlicher Standpunkt lautet: „Man sollte vorläufig diese Patienten als separate Kategorie einer Diabetes-Remission führen und sagen: Diese Therapie mit Medikamenten könnte ein legitimer Weg sein, dieselben Profite für die Patienten zu erreichen, wie man es vielleicht ohne Medikamente mit anderen Mitteln erreichen kann.“
Diabetes Kongress 2023
- Riddle MC et al. Diabetes Care 2021; 64 (11): 2359-2366; doi: 10.1007/s00125-021-05542-z
- Zhyzhneuskaya SV et al. Diabetes Care 2020; 43 (4): 813-820; doi: 10.2337/dc19-0371
- Mirghani H, Altedlawi Albalawi I. Diabetol Metab Syndr 2023; 15 (1): 31; doi: 10.1186/s13098-023-01001-4
- Moradi M et al. BMC Endocr Disord 2022; 22 (1): 260; doi: 10.1186/s12902-022-01171-8
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