Eine Vielzahl von Therapien begünstigt Hypomagnesiämie

Dr. Anne Benckendorff

Trotz normaler Serumwerte kann ein Mangel in den intrazellulären Magnesiumspeichern vorliegen. Trotz normaler Serumwerte kann ein Mangel in den intrazellulären Magnesiumspeichern vorliegen. © Yulia Furman – stock.adobe.com

Ob sie nun die Aufnahme von Ma­gnesium im Darm oder seine Reabsorption in der Niere behindern – zahlreiche breit eingesetzte Medikamente können eine Hypomagnesiämie auslösen. Die Substitution hängt vom Ausmaß des Mangels und von den Sym­ptomen ab.

Magnesium hat vielfältige Funktionen im Körper – entsprechend kann sich ein Mangel in zahlreichen, v.a. kardiovaskulären und/oder neurologischen Manifestationen äußern. Dazu gehören EKG-Veränderungen, vorzeitige Kontraktionen von Ventrikeln und Vorhöfen, Vorhofflimmern,  Krampfanfälle, Nystagmen und viele weitere Symptome (siehe Kas­ten). Auch zusätzliche Elektrolytverschiebungen wie eine Hypokalzämie oder Hypokaliämie können die Folge eines ­Magnesiummangels sein. Das geben die Autoren einer aktuellen Übersichtsarbeit um Prof. Dr. ­Mitchell ­Rosner von der University of Virginia zu bedenken.

Symptome eines Magnesiummangels

Kardiovaskuläre Manifestationen

  • EKG-Veränderungen (QRS-Verbreiterung, verlängertes PR-Intervall)

  • vorzeitige Kontraktionen von Ventrikel und Vorhöfen

  • Vorhofflimmern

  • ventrikuläre Arrhythmien

Zentralnervöse Manifestationen

  • Krampfanfälle, Nystagmus oder Tremor

  • Tetanie, Spasmen, Muskelkrämpfe

  • Elektrolytverschiebungen:

  • Hypokalzämie

  • Hypokaliämie

Serumspiegel kann auch bei leeren Speichern normal sein

Bei gesunden Menschen finden sich 55–60 % des Gesamtkörper-Magnesiums im Knochen und je rund 20 % in den Muskeln und im Weichteilgewebe. Nur rund 1 % liegt extrazellulär im Serum vor. Der Normwert der im Serum gemessenen Magnesiumkonzentration liegt zwischen 1,7 und 2,3 mg/dl. Cave: Auch wenn die intrazellulären Magnesiumspeicher bereits nicht mehr voll sind, kann der Serumspiegel noch normal sein.

Die Magnesiumaufnahme erfolgt mit der Nahrung, wobei etwa 30–50 % des aufgenommenen Magnesiums im Darm resorbiert werden, bei Magnesiummangel auch bis zu 80 %, so die Autoren. Dies geschieht teilweise parazellulär und teilweise über einen regulierten Ionenkanal im Kolon. In der Niere wird Magnesium nach der Filtration in den verschiedenen Nierenabschnitten über unterschiedliche Mechanismen reabsorbiert.

Medikamente können zu einer Hypomagnesämie führen, indem sie die Absorption im Darm stören, Durchfälle verursachen oder die Reabsorption in der Niere beeinträchtigen. So entwickeln etwa 12 % aller Patienten, die Protonenpumpeninhibitoren einnehmen, eine Hypomagnesämie, weil die Magnesiumaufnahme gestört ist. Wie die Autoren erläutern, führen darüber hinaus Medikamente zur Behandlung der Obstipation und zur Vorbereitung von Darmspiegelungen zu einer exzessiven Motilität des Darms und damit zu Durchfällen und möglicherweise auch einer Hypomagnes­ämie. Dasselbe gilt für weitere Medikamente, zu deren Nebenwirkungen Durchfälle zählen, darunter Antibiotika, Chemotherapeutika, Colchicin sowie die Kaliumbinder Natriumpolystyrolsulfonat und Patiromer.

Platinbasierte Chemotherapien, insbesondere Cisplatin, führen zu einem z.T. langfristigen Magnesiumverlust über die Niere, weshalb hier eine Prophylaxe indiziert ist. Bei Therapie mit EGF-Rezeptorinhibitoren entwickelt etwa jeder dritte Patient eine Hypomagnesämie (die nach Absetzen der Therapie reversibel ist), wobei zusätzlich auch eine Hypokaliämie und Hypokalzämie auftreten können. 

Bei Diuretika kommt es auf die Wirkweise an

Darüber hinaus kann es bei Behandlung mit Calcineurin-Inhibitoren (bei Tacrolimus mehr als bei Cyclosporin) und mit mTOR-Inhibitoren zu einer Hypomagnesämie kommen. Das gilt auch für die Therapie mit Thiazid- und Schleifendiuretika. Dagegen erhöhen Amilorid und Mineralkortikoid-Antagonisten die Magnesium-Reabsorption in der Niere. Schließlich sind auch Aminoglykoside sowie Amphotericin B mit einer Hypomagnesämie assoziiert.

Zu Symptomen, bei denen an die Bestimmung des Magnesiumspiegels gedacht werden sollte, gehören:

  • Arrhythmien

  • neuromuskuläre Störungen

  • Absorptionsstörungen

  • Nährstoffmangel

  • chronischer Alkoholabusus

  • ungeklärte Hypokaliämie oder Hypokalzämie

Dabei ist zu bedenken, dass verschiedene Faktoren zu Schwankungen des Magnesiumspiegels beitragen können, darunter eine vegetarische Ernährung (erhöhte Spiegel), Messung kurz nach einer maximalen körperlichen Aktivität (erhöhte Spiegel) oder nach einer Ausdaueraktivität (erniedrigte Spiegel). Zudem schwankt der Spiegel in der Schwangerschaft. Bei der Vermutung, dass trotz eines Serumspiegels im Normbereich die intrazellulären Magnesiumspeicher nicht gut gefüllt sind, erfolgt in der Praxis oft ein empirischer Versuch einer Magnesiumbehandlung.

In Ermangelung eindeutiger Daten empfehlen die Autoren, basierend auf ihrer klinischen Erfahrung, eine parenterale Gabe von Magnesium bei Patienten mit Krampfanfällen, Arrhythmien, hämodynamischer Instabilität sowie bei gleichzeitiger Hypokaliämie und/oder Hypokalzämie. 

Bei asymptomatischen Patienten kann das Magnesium oral verab­reicht werden, wobei Retard-Präparate aus Sicht der Autoren zu bevorzugen sind. Liegen gastrointes­tinale Störungen vor, ist die subkutane Gabe zu erwägen. Im Fall einer diuretikainduzierten Hypomagnesiämie ist Amilorid eine Option. Bei einer kleinen Gruppe von Patienten konnte außerdem ein refraktärer renaler Magnesiumverlust mit SGLT2-Inhibitoren begrenzt werden.

Quelle: Rosner MH et al. Mayo Clin Proc 2023; DOI: 10.1016/j.mayocp.2022.12.002

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