Enzymatische Botschaften

Nils Bröckelmann

Erhöhte Leberwerte werden nach cholestatischem und hepato­zellulärem Muster unterschieden. Erhöhte Leberwerte werden nach cholestatischem und hepato­zellulärem Muster unterschieden. © ag visuell – stock.adobe.com

Bei auffälligen Leberwerten schicken Hausärzte ihre Patienten mitunter direkt zum Hepatologen. Dabei sind die meisten dieser Parameter gar nicht leberspezifisch, sie können auch bei extrahepatischen Erkrankungen erhöht sein. 

Mit erhöhten Leberwerten haben es Ärzte aller Fachrichtungen regelmäßig zu tun, etwa im Rahmen von Routine­untersuchungen. Doch evidenzbasierte Algorithmen, mit denen sich die auffälligen Laborbefunde standardisiert abklären lassen, gibt es nicht, schreiben Dr. Marlene­ Reincke­ und Prof. Dr. Robert­ Thimme­, Klinik für Innere Medizin II am Uniklinikum Freiburg.

Zu den typischen Parametern zählen die beiden Transaminasen Aspartat-Aminotransferase (AST) und Alanin-Aminotransferase (ALT), dazu die Gamma-Glutamyltransferase (γGT) und die alkalische Phosphatase (AP). Auch Stoffwechselprodukte wie Bilirubin und Albumin sowie den Quick-Wert rechnet man dazu. Die Transaminasen sind keinesfalls leberspezifisch, sie kommen in einer Vielzahl weiterer Gewebe wie etwa der Herz- und Skelettmuskulatur vor. Sie sind aber ein sehr sensitiver Marker, sodass eine Lebererkrankung bei normwertigen Transaminasen unwahrscheinlich ist. 

Auch frei verkäufliche Arzneimittel abfragen

Nicht nur Alkohol, Drogengebrauch und andere Noxen sollte man in der Anamnese erfragen, so Dr. Reincke­ und Prof. Thimme­. Auch Medikamente sowie naturheilkundliche Arzneimittel können zum Leberschaden führen. Dieser kann dosisabhängig entstehen wie bei Paracetamol oder Valproat, aber auch als dosisunabhängige Überempfindlichkeitsreaktion, etwa nach der Einnahme von Cephalosporinen, Amoxicillin/Clavulansäure­ oder Diclofenac­.

Die Sexual- und Reiseanamnese sowie Bluttransfusionen v.a. in den Jahren vor 1992 führen bisweilen auf die Spur von viralen Hepatitiden. Andere Erkrankungen, die die Leberwerte nach oben treiben, sind etwa Malignome, Herz­insuffizienz, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und das metabolische Syndrom. Anamnestisch finden sich teils typische Symptome wie kolik­artige Oberbauchschmerzen als Hinweis für eine Choledocholithiasis. Bei Morbus Wilson treten mitunter neuropsychiatrische Symptome auf. 

Bei der körperlichen Untersuchung kann ein Ikterus auffallen. Geht dieser nicht mit Schmerzen einher, sollte man v.a. an Malignome und Viren als Ursache denken. Typische Leberhautzeichen deuten auf eine Zirrhose hin, auch Aszites oder gestaute Halsvenen sind wichtige Symptome. Gerade bei akutem Leberversagen kann es zur hepatischen Enzephalopathie kommen.

Um abnorme Leberwerte korrekt interpretieren zu können, unterscheidet man zwischen cholestatischem und hepato­zellulärem Muster. Beim cholestatischen Muster zeigen v.a. γGT und AP hohe Werte, die Transaminasen sind moderat bis wenig erhöht. Beim hepato­zellulären Muster hingegen sind die Transaminasen führend. Bilirubin und Lebersyntheseparameter können in beiden Fällen auffällig sein. Das Ausmaß der Bilirubin­erhöhung erlaubt eine Abschätzung der Prognose und der Schwere einer Lebererkrankung.

Zu den Erkrankungen mit eher hepatozellulärem Muster zählen die Virushepatitiden, aber auch die nicht-alkoholische Fettleber. Charakteristisch für alkoholbedingte Schäden ist eine Transaminasen­erhöhung plus auffällige γGT. Hinweisend sind zudem große Erythrozyten, ein AST/ALT-Quotient > 2 und ein hohes Bilirubin. Bei vielen Patienten mit chronischem Alkoholkonsum liegt er < 1.

Genetische Erkrankungen mit eher hepatozellulärem Muster sind Hämochromatose oder M. Wilson. Auch bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel und Zöliakie kann es zur Leberbeteiligung kommen. Die Autoimmunhepatitis geht mit einem breiten Spektrum klinischer Manifestationen einher. Sie betrifft v.a. Frauen im mittleren Alter. Auch vaskuläre Pathologien wie eine Verstopfung des venösen Abflusssystems beim Budd-Chiari-Syndrom zeigen sich in dieser Art.

Bei erhöhter Gamma-GT und AP die Gallenwege checken

Bei einem cholestatischen Muster forscht man per Ultraschall nach intra- oder extrahepatischen oder infiltrativen Ursachen für einen Gallenstau. Auch Medikamente kommen als mögliche Ursache infrage, Viren eher seltener. Autoimmune Erkrankungen, die v.a. die Cholestaseparameter ansteigen lassen, sind die primär sklerosierende Cholangitis (PSC), die primär biliäre Cholangitis (PBC) und die IgG4-assoziierte Cholangitis. Die PBC lässt sich durch serologische Tests sichern, während bei der PSC eine Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie angezeigt ist. 

Bei asymptomatischen Patienten mit Leberwerterhöhung, die das Dreifache des oberen Normalwertes nicht übersteigt und bei denen die Sono keine weitere Pathologie aufdeckt, ist eine Verlaufskontrolle nach einem bis drei Monaten ausreichend. Man sollte zudem an extrahepatische Ursachen denken und diese abklären. Sind die Werte nach drei Monaten noch immer zu hoch, ist eine Basisdiagnostik angezeigt. Hierzu zählen neben Sono- und Elastografie eine ausführliche Labor­untersuchung, um u.a. eine Hämochromatose oder einen M.Wilson zu erkennen. Auch serologische Tests auf virale Hepatitiden und immunologische Tests sind indiziert.

Quelle: Reinke M, Thimme R. Dtsch Med Wochenschr 2023; 13: 809-817; DOI: 10.1055/a-1871-6459

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Erhöhte Leberwerte werden nach cholestatischem und hepato­zellulärem Muster unterschieden. Erhöhte Leberwerte werden nach cholestatischem und hepato­zellulärem Muster unterschieden. © ag visuell – stock.adobe.com