Erstbehandelnder Arzt haftete trotz grobem Behandlungsfehler nicht

Anke Thomas, Foto: thinkstock

Begeht ein Arzt einen groben Behandlungsfehler, kann dies ohne rechtliche Folgen bleiben - und zwar dann, wenn der nachbehandelnde Arzt den Fehler erkennt, der Patient die dringend empfohlene Therapie aber ablehnt. Das hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden.

Ein Profifußballer zog sich während eines Spiels eine Risswunde am Knie zu. Die Zähne eines Gegenspielers hatten im heftigen Zweikampf zu der Verletzung geführt.

Der Mannschaftsarzt des Vereins desinfizierte und nähte die Wunde und schickte den Spieler anschließend ins Krankenhaus. Der Klinikarzt empfahl dem Verletzten dringend – trotz reizfreier Naht und intakter Motorik – eine antibiotische Therapie nebst Entfernung des in Mitleidenschaft gezogenen Schleimbeutels. Die Wunde könne so nicht bleiben und das Infektionsrisiko sei enorm hoch.

Der Arzt ging nämlich von einer menschlichen Bissverletzung aus, da er bereits den Gegenspieler behandelt hatte. Dieser war mit einem Kieferbruch in der Notaufnahme gelandet und hatte seine vom Aufprall abgebrochenen Schneidezähne präsentiert.

Auf den Hinweis, dass mit einem mehrwöchigen Ausfall zu rechnen sei, reagierte der knieverletzte Spieler abwehrend. Eine Op. bzw. die notwendigen medizinischen Maßnahmen müsse er erst mit dem Mannschaftsarzt besprechen.

Alleine rund 1,3 Mio. Euro für Verdienstausfall

Der Mannschaftsarzt behandelte den Patienten in seiner Praxis anschließend konservativ weiter. Die Wunde entzündete sich und im weiteren Verlauf musste der Profikicker mehrere Operationen über sich ergehen lassen. Ein dauerhafter Knieschaden beendete schließlich seine Karriere.

Der Spieler forderte vom Mannschaftsarzt wegen „grob fehlerhafter“ Behandlung 75 000 Euro Schmerzensgeld, eine Schmerzensgeldrente von monatlich 200 Euro bis zum 65. Lebensjahr, rund 1,3 Millionen Euro Verdienstausfall sowie 12 500 Euro Anwaltskosten.

Wider ärztlichen Standard gehandelt

Die Koblenzer Richter räumten zwar ein, dass der Mannschaftsarzt einen groben Behandlungsfehler begangen hatte. Welche Gefahr von einer menschlichen Bissverletzung bzw. einer Wundinfektion durch Bakterien ausgehe, gehöre zum ärztlichen Standardwissen. Schon beim bloßen Verdacht einer Bissverletzung hätte die Wunde nicht genäht werden dürfen, lautete die Argumentation.

Andererseits sei in der Weigerung des Fußballspielers, den dringend empfohlenen Maßnahmen des Krankenhausarztes zu folgen, ein grobes Eigenverschulden zu sehen. Das führe zu einem Ausschluss der Haftung des Mannschaftsarztes.

OLG Koblenz, Urteil vom 27.8.2012, Az.: 5 U 1510/11

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