Gemeinschaftspraxen müssen völlig umdenken

Detmar Ahlgrimm

Der neue EBM ab Januar 2008 benachteiligt fachgleiche Gemeinschaftspraxen (GP) gegenüber dem jetzigen EBM. Fachübergreifende GP und MVZ können hingegen je nach Patientenbetreuung durchaus gewinnen.

GP und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) erhalten bei der KV-Abrechnung derzeit 60 Punkte zusätzlich zum Ordinationskomplex der jeweiligen Fachgruppe, wenn es sich um eine arztgruppen- und schwerpunktgleiche GP handelt. Arztgruppen- und schwerpunkt­übergreifende Gemeinschaftspraxen bekommen einen Zuschlag von 15 Punkten je vertretenem Fachgebiet oder Schwerpunkt, mindestens 60 und höchstens 105 Punkte. Wobei die Höhe des Ordinationskomplexes von fachübergreifenden Gemeinschaftspraxen und MVZ als arithmetischer Mittelwert der Punktzahlen der Ordinationskomplexe der in der GP oder dem MVZ vertretenen Ärzte berechnet wird und sodann mit dem Zuschlag versehen wird. Damit ist es mit dem neuen EBM ab Januar 2008 vorbei. Bei den Versichertenpauschalen der Hausärzte und den Grundpauschalen der Fachärzte (in denen die bisherigen Ordinationskomplexe aufgehen) entfallen sowohl der bisherige Aufschlag für fachgleiche als auch der für fachungleiche Gemeinschaftspraxen und für MVZ am Ende dieses Jahres. Dies ergibt sich aus dem neuen EBM und ist uns von der Honorarabteilung der KBV auf Anfrage zudem ausdrücklich bestätigt worden.

Jeder kontaktierte Arzt darf voll abrechnen

Für fachgleiche GP liegt hier ein eindeutiger Nachteil vor. Bei fach­übergreifenden GP und MVZ ist die Sache differenzierter zu betrachten. Denn wenn der Patient tatsächlich von Vertretern verschiedener Gebiete persönlich gesehen wird, ist die Abrechnung der Versicherten- und der Grundpauschale für jedes Gebiet möglich. Auch dies hat uns die KBV bestätigt, worum die Redaktion gebeten hatte, da die Formulierungen im neuen EBM diesbezüglich schwer verständlich sind.

Kein Geld fürs Vorhalten von Fachgruppen

Derzeit erhält die fachübergreifende GP den oben erwähnten Zuschlag zum Ordinationskomplex, der nur einmal pro Quartal abgerechnet werden kann – auch wenn der Patient zu drei oder vier verschiedenen Fachärzten geht. Die künftig mögliche Einzelabrechnung der Versichertenpauschalen der Hausärzte und der Grund- und- Zusatzpauschalen der Fachärzte ermöglicht deutlich mehr Punkte als die derzeitigen Zuschläge. Aber wie erwähnt nur, wenn der Patient denn tatsächlich von mehreren Ärzten unterschiedlicher Gebiete untersucht oder behandelt wird.

Für MVZ oder größere Gemeinschaftspraxen verschlechtert sich also die Vergütung für das reine Vorhalten eines interdisziplinären Angebotes und verbessert sich, wenn es tatsächlich vom Patienten wahrgenommen wird. Auch könnte es für MVZ mit Haus- und Fachärzten lukrativ sein, Patienten vom Hausarzt voruntersuchen und auf die Fachgebiete verteilen zu lassen, um die vergleichsweise hohe Quartalspauschale der Hausärzte zu sichern.

Abrechnungsbeispiel: Ein Patient wird in einem MVZ von einem Hausarzt und einem fachärztlichen Internisten persönlich gesehen. Dann rechnet der Hausarzt seine Versichertenpauschale und der Facharzt-Internist seine Grundpauschale und je nach weiterer Leistung ggf. eine Zusatzpauschale ab. Dem scheint Blick zu widersprechen, dass die Versicherten- und Grundpauschalen laut 4.1 der Allgemeinen Bestimmungen pro Behandlungsfall abgerechnet werden und der Behandlungsfall in 3.1 dieser EBM-Bestimmungen als Behandlung desselben Versicherten durch dieselbe Arztpraxis in einem Kalendervierteljahr zulasten derselben kasse definiert ist.

KBV-Klarstellung

Die KBV erklärt aber nun Folgendes: „Versicherten- und Grundpauschalen aus verschiedenen arztgruppenspezifischen Kapiteln sind nebeneinander im Behandlungsfall berechnungsfähig. Die Abrechnungsbestimmung ‘einmal im Behandlungsfall’ zu jeder Gebührenordnungsposition einer Versicherten- oder Grundpauschale bezieht sich auf die jeweilige Position.“

Im Vertretungsfall für Hausärzte nicht abrechenbar:

Zuschlag für schwere Fälle

WIESBADEN – Ab 1. Januar wird die hausärztliche Abrechnung von Versichertenpauschalen dominiert. Sie werden differenziert nach drei Altersklassen mit zwischen 900 und 1020 Punkten bewertet sein. Einziger obligater Leistungsbestandteil der pro Quartal einmalig abrechenbaren Pauschale ist der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt. Alle übrigen Leistungen sind fakultativ. Sie müssen also für die Abrechnungsberechtigung nicht erbracht werden.

Ob der Hausarzt den Patienten einmalig kurz persönlich berät oder ihn öfter im Quartal sieht und zahlreiche der von der Pauschale fakultativ umfassten Leistungen erbringt – er erhält exakt die gleiche Vergütung.Aufwändige Fälle sollen aber nicht ohne finanziellen Ausgleich bleiben. Für schwere Fälle erhalten Allgemeinärzte/ Praktiker und Hausarzt-Internisten einen Morbiditäts- bzw. Chronikerzuschlag von 495 Punkten zur jeweiligen altersgestaffelten Versichertenpauschale. Und genau das kann dazu führen, dass der Hausarzt den Zuschlag nicht immer bekommt.

Denn die EBM-Nr. 03212 „Zuschlag zu den Versichertenpauschalen nach den Nrn. 03110 bis 03112 für die Behandlung eines Versicherten mit einer oder mehreren schwerwiegenden chronischen Erkrankung(en) ...“ ist ausdrücklich als Zuschlag zu den genannten EBM-Nrn. (das sind die drei Versichertenpauschalen) ausgewiesen. Bei Überweisung von einem Hausarzt zu einem Anderen und im Vertretungsfall dürfen diese EBM-Nrn. aber nicht abgerechnet werden. Und ohne Versichertenpauschale kein Zuschlag dazu; mithin ist die Zuschlags-Nr. 03212 mit ihren 495 Punkten bei Überweisungen und im Vertretungsfall für Hausärzte nicht zu erlangen. Fachärzte dürfen ihre Zusatzpauschalen hingegen auch in Fällen berechnen, in denen ihre Grundpauschale nicht anfällt. Dies hat die KBV der Redaktion bestätigt.

Der neue EBM bestimmt ausdrücklich: Bei Überweisungen zur Mit- oder Weiterbehandlung von anderen Hausärzten und im Vertretungsfall rechnet der Hausarzt reduzierte Versichertenpauschalen nach den EBM-Nrn. 03120 (500) Punkte, 03121 (450 Punkte) und 03122 (535 Punkte) ab.

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