Häufig Zufallsfunde

C. von Zastrow

© Jürgen Fälchle - AdobeStock

Zu den häufigen Zufallsbefunden bei einer routinemäßigen Urinuntersuchung zählt die Mikrohämaturie. Das weitere diagnostische Vorgehen hängt vom Befund der Mikroskopie ab sowie davon, ob weitere Symptome oder Risikofaktoren vorliegen. Eine Makrohämaturie ist dagegen immer abklärungsbedürftig.

Während die Mikrohämaturie mit bloßem Auge nicht sichtbar ist und erst mit der Untersuchung des Urins auffällt, ist die Makrohämaturie mit bloßem Auge sichtbar. Auch im Urin des Gesunden sind immer Erythrozyten nachweisbar. Ein Verlust von bis zu 100 Millionen Erythrozyten in einem Liter Urin entsprechend zehn Erythrozyten im Gesichtsfeld bei der mikroskopischen Untersuchung ist normal. Diese Normwertangaben schwanken zwischen drei und zehn Erythrozyten pro Gesichtsfeld in 20 nacheinander beurteilten Gesichtsfeldern.Die Prävalenz einer asymptomatischen Mikrohämaturie wird in der Literatur mit bis zu 13 % [2] bzw. 16 % [5] der erwachsenen Bevölkerung angegeben. Da eine Mikrohämaturie somit sehr häufig ist, sind Screening-Untersuchungen nicht sinnvoll [3]. Es stellt sich daher die Frage, ab wann eine weitere Diagnostik erforderlich ist.

Teststreifen und Urin-Mikroskopie

Die Teststreifen, die wegen ihrer leichten Handhabbarkeit häufig die Methode der ersten Wahl sind, ergeben jedoch in ca. 20 % falsch positive Befunde durch eine Hämoglobinurie (z. B. durch eine intravasale Gerinnung) oder eine Myoglobinurie. Sie weisen lediglich das Hämoglobin im Urin nach.

Die mikroskopische Untersuchung erlaubt dagegen anhand morphologischer Kriterien eine Differenzierung nach glomerulärer und nicht glomerulärer Herkunft der Erythrozyten.

Im Normalfall sehen die Erythrozyten gleichmäßig (eumorph) aus. Bei einem glomerulären Ursprung finden sich dysmorphe sowie unterschiedlich geformte Erythrozyten sowie selten Erythrozytenzylinder. Bei einem Anteil von mindestens 50 % dysmorpher Erythrozyten ist eine renale Ursache nachgewiesen.

Fallstricke bei der Harngewinnung

Wichtig ist zunächst die korrekte Uringewinnung. So kann z. B. der Spontanurin einer Frau durch Menstrualblut kontaminiert sein.

Die mikroskopische Untersuchung sollte aus dem frisch gelassenen Urin erfolgen, da die Erythrozyten bei längerem Stehen hämolysieren und die Zylinder sich auflösen können. Es ist somit nicht sinnvoll, den Urin zur Diagnostik zu versenden.Empfohlen wird die Wiederholung der Urinuntersuchung, wobei jedoch Tumoren des Harntraktes nicht permanent bluten, so dass auch ein negativer Kon­trollbefund einen Tumor des Harntraktes nicht sicher ausschließt.

Isolierte Hämaturie oder weitere Symptome?

Für die weitere Vorgehensweise ist entscheidend, ob eine isolierte Hämaturie (vgl. Übersicht 1) oder weitere Symptome vorliegen. Eine isolierte und Mikrohämaturie kann verschiedenste Ursachen haben (vgl. Übersicht 2).

Eine Hämaturie nach schwerer körperlicher Anstrengung (Marschhämaturie) verschwindet nach 24 bis 72 Stunden, ist aber bei längerem Anhalten sowie bei Patienten über 45 Jahren weiter abzuklären. Unterschiedlichste Krankheiten können mit einer Hämaturie vergesellschaftet sein. So tritt bei jeder Entzündung des Harntraktes eine Mikrohämaturie, meist verbunden mit einer Leukozyturie, auf. Durch die entzündungsbedingte Alteration der Gefäßwand kommt es zu einem Übertritt von Erythrozyten in den Urin [4].

Bei jedem Träger eines transurethralen oder suprapubischen Verweilkatheters kommt es zu einer Mikrohämaturie infolge der mechanischen Reizung des Harntraktes, meist verbunden mit einem Infekt.

Bei einer isolierten Mikrohämaturie mit einem erhöhten Risiko (vgl. Übersicht 3) ist eine weitere Abklärung erforderlich. Hier ist eine Überweisung zum Nephrologen oder Urologen indiziert.

Abklärung bei positivem Streifentest

Das Flussdiagramm auf S. 16 fasst zusammen, wie bei einem positiven Teststreifenergebnis vorgegangen werden kann und wann eine weitergehende fachärztliche Abklärung erforderlich ist.

Im Unterschied zur Mikrohämaturie ist eine Makrohämaturie immer abklärungsbedürftig. Eine Makrohämaturie unter der Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten wie z. B. Marcumar® ist ebenfalls weiter abklärungsbedürftig, da z. B. Tumoren des Harntraktes bei Einnahme derartiger Medikamente leichter bluten. Die Einnahme entsprechender Medikamente stellt somit keine ausreichende Erklärung einer Hämaturie dar und sollte nicht von einer Abklärung abhalten.

Eine Makrohämaturie mit Blutkoageln muss immer urologisch abgeklärt werden, da Koagel bei nephrologischen Erkrankungen nicht auftreten [3]. Eine Hämaturie nach einer Operation im Harntrakt ist nur in den ersten postoperativen Wochen als Folge der Operation zu interpretieren, nicht jedoch nach Abschluss der Wundheilung.

Eine schmerzlose Makrohämaturie kann das erste Symptom eines Tumors des Harntraktes sein. Die Wahrscheinlichkeit eines Tumorleidens ist altersabhängig. Während bei Patienten unter 40 Jahren und ohne Risikofaktoren ein Tumor eher selten auftritt, steigt dieses Risiko mit zunehmendem Alter. Allerdings verursachen einige Blasentumoren, vor allem bei einer Lokalisation in der Nähe des Blasenausgangs, auch Miktionsbeschwerden, so dass eine Hämaturie verbunden mit einer Dysurie ein Tumorleiden keinesfalls ausschließt. Auch ein Harnwegsinfekt schließt ein zeitgleich bestehendes Tumorleiden nicht aus, so dass auch bei therapieresistenten Harnwegsinfekten mit persistierender oder rezidivierender Mikrohämaturie eine weitergehende Abklärung zum Ausschluss eines urologischen Tumors erforderlich werden kann.

Ein Trauma als Ursache einer Hämaturie lässt sich fast immer durch die Anamnese klären.

Die Ursache einer Mikrohämaturie bleibt in ca. 10 bis 15 % trotz gründlicher Diagnostik ungeklärt. Wenn auch nach einem Zeitraum von zwei Jahren bei weiteren Kontrollen keine Ursache der Mikrohämaturie gefunden wird, sind weitere regelmäßige Kontrollen nicht mehr erforderlich [5].

Die urologische Diagnostik mittels Endoskopie und bildgebender Untersuchung dient vor allem dem Ausschluss oder Nachweis eines Tumors.

Literatur
1. Wirnsberger G, Schröttner B, Worm H.: Die renale Hämaturie. Journal für Urologie und Urogynäkologie 2003, Sonderheft 6: 36-38
2. Pechere-Bertschi A, Stadler H.: Mikrohämaturie. PrimaryCare 2004; 43 (4): 843-847.
3. Feldmann A. S, Hsu C Kurz, M Cho K. C. Adam S.: Etiology and evaluation of hematuria in adults. UpToDate 2011. www.uptodate.com (abgerufen 29.07.2011)
4. Beetz R.: Hämaturie - ein Symptom, viele Ursachen. ÄP Pädiatrie 2008 2 (43): 22-23
5. Grossfeld, G. D., Wolf, J. S., Litwin, M., Hricak, H., Shuler, C., Agerter, D., Carroll, P.: Asymptomatic Microscopic Hematuria in Adults: Summary of the AUA Best Practice Policy Recommendations. American Family physician 2001 6 (63): 1145-1154.
6. Roth S, Ubrig B, Semjonow A, Rathert P Klinische Urologie: Vom Befund zur Therapie. 2., erweiterte Aufl. 2001, Springer, Berlin – Heidelberg – New York
Interessenkonflikte:
keine deklariert
Kontakt:
Dr. med. Christoph von Zastrow
Facharzt für Urologie
Sozialmanagement, Qualitätsmanagement
30519 Hannover

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2011; 33 (18) Seite 14_17
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

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