Jeder Bissen ein Risiko

Dr. Dorothea Ranft

Die anaphylaktische Reaktion auf Erdnüsse manifestiert sich üblicherweise innerhalb von fünf bis zehn Minuten nach dem Verzehr. Die anaphylaktische Reaktion auf Erdnüsse manifestiert sich üblicherweise innerhalb von fünf bis zehn Minuten nach dem Verzehr. © andersphoto – stock.adobe.com

Die Allergie auf Erdnussproteine ist eine der häufigsten Ursachen für eine anaphylaktische Reaktion mit tödlichem Ausgang. Eine frühe Diagnose kann Leben retten, und inzwischen steht auch eine Therapie zur Verfügung.

Als besonders anaphylaxiegefährdet gelten Kleinkinder mit schwerem atopischem Ekzem, die gegen Erdnussprotein sensibilisiert sind, sowie Erwachsene mit unzureichend kontrolliertem Asthma. Die primäre Allergie ist von einer sekundären zu differenzieren. Letztere wird durch eine Kreuzreaktion mit Pollenallergenen ausgelöst und tritt eher bei Erwachsenen auf.

Die anaphylaktische Reaktion auf Erdnüsse manifestiert sich üblicherweise innerhalb von fünf bis zehn Minuten nach dem Verzehr der Hülsenfrüchte. Die Symptome können durch Kofaktoren wie körperliche Belastung und den Konsum größerer Mengen auf nüchternen Magen verstärkt werden. Bei Asthmapatienten dominiert eventuell der Broncho­spasmus das Beschwerdebild, schreiben Prof. Dr. Axel Trautmann­ vom Uniklinikum Würzburg und der im vergangenen Jahr verstorbene Prof. Dr. Jörg Kleine-Tebbe.

Ein positiver Pricktest etwa auf eine Suspension aus Erdnussmehl ermöglicht noch keine Differenzierung der beiden Allergieformen, auch wenn eine große Quaddel (> 10 mm) eher für die primäre Form steht. Erst die serologische Dia­gnostik mit Einzelallergenen kann die Sensibilisierungsmuster unterscheiden. Ein spezifisches IgE gegen die Erdnuss­allergene Ara h 2 und/oder Ara h 6 spricht für die primäre Allergie, eine Reaktion gegen Ara h 8 für den sekundären Typ.

Ein Adrenalin-Pen gibt Arzt und Patienten Sicherheit

Die Empfehlung, Erdnüsse zu meiden, kann oft nicht umgesetzt werden. Studiendaten zufolge entwickelt die Hälfte der Kinder innerhalb von zwei Jahren nach der Diagnose durch unbeabsichtigten Kontakt erneut eine Reaktion. Deshalb sollte  ein Adrenalin-Auto­injektor verordnet werden.

Ein Patient mit primärer Erdnuss­allergie kann nur dann anaphylaktisch reagieren, wenn die verzehrte Menge ein bestimmte Dosis überschreitet. Diese Schwelle kann jedoch unterschiedlich hoch liegen. Im Fall einer besonders starken Sensibilisierung liegt die Grenze bei etwa 100 µg bis 1 mg Erdnussprotein­. Die große Mehrheit der Betroffenen toleriert aber zwischen 100 mg Eiweiß und einen halben bis ganzen Kern.

Fast alle Patienten mit primärer Erdnussallergie und Sensibilisierung gegen die Speicherproteine Ara h 2 und Ara h 6 entwickeln nach dem Verzehr anderer Hülsenfrüchte wie Bohnen und Soja keine Symptome. Eine rein serologische Kreuzreaktion auf Lupinenmehl ist allerdings relativ häufig.

Personen mit pollenassoziierter Sensibilisierung gegen Ara h 8 oder Ara h 6 sollten lediglich auf größere Mengen an Erdnüssen verzichten. Der Hinweis, ein Produkt könne Spuren dieser Hülsenfrüchte enthalten, braucht sie nicht vom Verzehr abzuhalten. Die Empfehlung, bei primärer Allergie generell auf Nüsse zu verzichten, ist umstritten. Wenn ein Patient in Lebensmitteln verarbeitete Nüsse bisher nicht verzehrt hat, empfehlen die Verfasser sicherheitshalber, die Verträglichkeit mit einem IgE-Test und einer kontrollierten Provokation zu prüfen.

Orale Allergenimmuntherapie mit Erdnusspulver

Phase 1 – Aufdosierung: an einem Tag, fünf Einzelgaben bis 6 mg mit einem Abstand von 20 bis 30 min, 60 min Überwachung nach der letzten Dosis

Phase 2 – Dosissteigerung: möglichst schon am nächsten Tag beginnen (max. nach 4 Tagen); in elf Stufen bis 300 mg, jede Stufe im Abstand von zwei Wochen (erste Dosis jeder Stufe unter ärztlicher Aufsicht, Überwachungszeit mind. 60 min); Gesamtdauer: ca. sechs Monate

Phase 3 – Erhaltung: 300 mg/d Erdnussprotein über mind. zwei Jahre

Etwa 20 % der primär allergischen Kinder entwickeln doch noch eine Immuntoleranz, die mit jährlichen Untersuchungen verifiziert werden kann. Wird die Provokation vertragen, sollte der Patient (bzw. die Eltern) darüber informiert werden, dass er künftig regelmäßig Erdnüsse verzehren, sein Notfallset aber noch etwa ein Jahr bei sich tragen sollte. Für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 4 und 17 Jahren steht eine orale Allergen­immuntherapie mit entfettetem Erdnusspulver in Kapseln und Beuteln zur Verfügung (s. Kasten­).

Quelle: Trautmann A, Kleine-Tebbe J. Akt Dermatol 2023; 49: 500-505; DOI: 10.1055/a-2126-5916

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Die anaphylaktische Reaktion auf Erdnüsse manifestiert sich üblicherweise innerhalb von fünf bis zehn Minuten nach dem Verzehr. Die anaphylaktische Reaktion auf Erdnüsse manifestiert sich üblicherweise innerhalb von fünf bis zehn Minuten nach dem Verzehr. © andersphoto – stock.adobe.com