Junger Sammler mit Knollenblätterpilzvergiftung konnte gerettet werden

Dr. Andrea Wülker

Dieser grüne Hut signalisiert Lebensgefahr. Dieser grüne Hut signalisiert Lebensgefahr. © sofya_bsa_paws – stock.adobe.com

Mehr als 90 % aller Menschen, die sich eine Vergiftung mit Amatoxinen zuziehen, überleben diese nicht. Ein junger Mann, der stolze 200 g Knollenblätterpilz verzehrt hatte, ist dem Tod noch mal von der Schippe gesprungen.

Mit der Pilz-App auf dem Handy fühlte sich der 32-Jährige beim Pilzesammeln im Wald sicher. Zu Hause briet er seine Ausbeute und genoss ein leckeres Essen. Doch etwa 17 Stunden später kam er mit Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen in die Notaufnahme. Klinisch und laborchemisch wies alles auf eine Pilzvergiftung hin. Deshalb landete der Mann 24 Stunden nach seiner Mahlzeit auf der Intensivstation. Zu diesem Zeitpunkt zeigte er bereits Konzentrationsstörungen und eine zunehmende Müdigkeit, die mit einer hepatischen Enzephalopathie Grad 1 vereinbar waren. 

Sonografisch stellte sich die Leber unauffällig dar, doch die Laborergebnisse zeigten sehr hohe Transaminasen (AST 2.365 U/l, ALT 2.692 U/l) und erhöhte Werte für LDH und INR. Die übrigen Laborbefunde einschließlich Blutbild und Nierenfunktionsparameter waren unauffällig. Im Urin ließen sich ca. 30 Stunden nach der Mahlzeit keine Amatoxine nachweisen.

Die Klinikärzte wandten sich an die zuständige Giftnotrufzentrale, die Therapieempfehlungen gab und den Kontakt zu einem Pilzsachverständigen vermittelte. Behandelt wurde der Patient mit Aktivkohle, N-Acetylcystein und Silibinin, zusätzlich erfolgten eine bilanzierte Flüssigkeitszufuhr und ein hämodynamisches Monitoring. Diese Maßnahmen führten rasch zu einer klinischen und laborchemischen Besserung, sodass die Therapie nach drei Tagen beendet werden konnte. Der junge Mann verbrachte noch ein paar Tage auf der gastroenterologischen Normalstation und konnte dann gesund nach Hause entlassen werden. 

Amanitin-Intoxikation verläuft in drei Phasen

Währenddessen hatte der Sachverständige Pilze, die der Patient in die Klinik mitgebracht hatte, unter die Lupe genommen. Außerdem suchte er die Fundstelle und die Wohnung des Patienten auf. An beiden Orten fand er Pilzreste bzw. -abfälle. Damit ließ sich der Übeltäter zweifelsfrei identifizieren und die Verdachtsdiagnose sichern.

Der Grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) enthält Amanitine, Pilzgifte aus der Klasse der Amatoxine. Eine Amanitin-Intoxikation verläuft in drei Phasen, schreiben Mohamad Murad vom Universitätsklinikum RWTH Aachen und Kollegen. Etwa sechs bis 24 Stunden nach der Ingestion kommt es zu Bauchkrämpfen, Erbrechen und Durchfall, dann tritt eine vermeintliche Besserung ein. An den Tagen zwei bis vier entwickelt sich schließlich eine akute Hepatopathie. In schweren Fällen kommt es zum akuten Leberversagen, manchmal begleitet von einem Versagen weiterer Organe, etwa der Niere. Wenn die medikamentöse Therapie nicht greift, hilft nur noch eine Lebertransplantation.

Zur Behandlung der Intoxikation soll wiederholt Silibinin und Aktivkohle gegeben werden, um den enterohepatischen Kreislauf der Amatoxine zu unterbrechen. Auch die Gabe von N-Acetylcystein als Antioxidans ist wirksam. Aus Studien weiß man, dass eine Therapie mit Silibinin oder Penicillin G jeweils als Monotherapie oder in Kombination mit N-Acetlycystein die Sterblichkeit nach einer Amanitinvergiftung senken kann.

Der junge Sammler hatte Glück: Bei ihm führte die Therapie zu einer Restitutio ad integrum – obwohl er etwa 200 g von dem giftigen Pilz gegessen hatte. Nach Literaturangaben können bereits 50 g Knollenblätterpilz letal sein. Die Autoren raten, beim Verdacht auf die Intoxikation zeitnah Kontakt zu einer Giftnotrufzentrale aufzunehmen und heben auch die Bedeutung eines Experten hervor. Sie loben ausdrücklich das Engagement des in diesem Fall hinzugezogenen Sachverständigen, der damit wesentlich zur Sicherung der Diagnose beigetragen habe.

Quelle: Murad M et al. Z Gastroenterol 2024; 62: 204-207; DOI: 10.1055/a-2028-7630

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