Kardiale Achillesferse

Nils Bröckelmannn

Bei Verdacht auf Myokarditis sollte u.a. ein MRT, ein Herzultraschall und ein EKG gemacht werden. Bei Verdacht auf Myokarditis sollte u.a. ein MRT, ein Herzultraschall und ein EKG gemacht werden. © IHERPHOTO – stock.adobe.com

Wenn das Myokard entzündet ist, stecken meist Viren dahinter. Die Erkrankung kann folgenlos ausheilen, aber auch zum plötzlichen Herztod führen. Deshalb sollte man eine MRT und gegebenenfalls eine Biopsie nicht scheuen.

Bei der viralen Myokarditis ist ein akuter, ebenso aber ein milder Verlauf ohne schwere Schäden möglich, schreibt Prof. Dr. ­Bernd-Dieter ­Gonska aus Karlsruhe. Die Entzündung kann auch zu einer schweren dilatativen Kardiomyopathie führen. Schafft es der Körper nicht, den Erreger zu beseitigen, entwickelt sich mitunter eine persistierende Infektion. Auch ein schubförmiger Verlauf ist möglich.

Kardiale MRT weist typische Herzveränderungen nach

Zur Basisdiagnostik gehören neben einem EKG verschiedene Laboruntersuchungen (s. Kasten­). Obligatorisch ist darüber hinaus ein Herzultraschall, mit dem man Wandbewegungsstörungen oder einem Perikarderguss auf die Spur kommt. Laut Prof. Gonska­ hat mittlerweile die kardiale Magnetresonanztomografie (MRT) der Indium-Antimyosin-111-Szintigrafie den Rang abgelaufen. Denn mittels MRT lassen sich mit hoher Zuverlässigkeit (86 % Sensitivität, 95 % Spezifität) die typischen ödematös-entzündlichen Veränderungen nachweisen. Gadoliniumhaltiges Kontrastmittel hilft bei der Abschätzung, ob ein frühes Krankheitsstadium vorliegt oder ob bereits irreversible Zellschäden bestehen.

Sensitivität und Spezifität diagnostischer Verfahren (Auswahl)

EKG-Veränderungen (z.B. AV-Block, auffällige Q-Wellen oder ST-Streckenveränderungen)

Sensitivität: 47 %

Spezifität: unklar

Troponin T hochsensitiv > 0,014 ng/ml

Sensitivität: 34–53 %

Spezifität: 89–94 %

CK-MB

Sensitivität: 6 %

Spezifität: unklar

Nachweis von Virus- oder Myosinantikörpern

Sensitivität: 25–32 %

Spezifität: 40 %

Echokardiografie

Sensitivität: 69 %

Spezifität: unklar

Magnetresonanztomografie

Sensitivität: 86 %

Spezifität: 95 %

Myokardbiopsie (u.a. mit Nachweis von Virusgenom)

Sensitivität: 38–65 %

Spezifität: 78–100 %

Auch vor einer Myokardbiopsie solle man bei entsprechender Indikation nicht zurückschrecken. Diese ist Prof. Gonska­ zufolge gegeben bei kardiogenem Schock oder AV-Block 2. oder 3. Grades gegeben, ebenso bei symptomatischer Tachykardie oder bei einer länger als zwei Wochen anhaltenden Herz­insuffizienz. Die Biopsie ist unter anderem notwendig, um Konstellationen zu erkennen, in denen aufgrund der Herzmuskelentzündung akute Lebensgefahr besteht. Dies ist insbesondere bei einem fulminanten Verlauf der Fall sowie bei Riesenzell- und eosino­philer Myokarditis.

Therapeutisch relevant sind Auslöser und klinischer Verlauf der Erkrankung. Bei Riesenzellmyokarditis empfiehlt Prof. Gonska­ eine immunsuppressive Therapie. Sie umfasst initial Antithymoglobulin, Ciclosporin für ein Jahr und Prednisolon, das als Erhaltungstherapie mit einer Zieldosis von 5–10 mg/d weitergeführt wird. 

Die kardiale Sarkoidose wird mit Prednisolon behandelt. Auch in diesem Fall ist die Erhaltung mit 5–10 mg/d angebracht. Die Behandlung der chronischen, auto­immunen Myokarditis startet mit Azathioprin 50 mg/12 h für sechs Monate und Prednisolon. Je nach klinischem Verlauf kann das Glukokortikoid von anfänglich 1 mg/kgKG langsam auf 5–10 mg/d reduziert werden. Die Erhaltungstherapie ist ebenfalls auf sechs Monate ausgelegt. 

Die sogenannte unkomplizierte Myokarditis wird je nach Symptomatik mit Acetyl­salicylsäure behandelt. Die Angaben zur Dosierung reichen in der ­Literatur von 300–500 mg/d bis zu 3–5 g/d. Zusätzlich kann man einen Protonenpumpeninhibitor erwägen. Es gilt, stets an die Möglichkeit einer Perikarditis zu denken, betont Prof. Gonska. Eine Beteiligung des Herzbeutels bekommt man gut mit der Kombination aus Acetylsalicylsäure, Colchicin und Ibuprofen in den Griff. 

Als Folge der Myokarditis können Arrhythmien mit supraventrikulären oder ventrikulären Extrasystolen auftreten. Hält eine ventrikuläre Arrhythmie an, muss man nach dem individuellen Risikoprofil entscheiden, ob der Patient präventiv eine Kardioverterweste oder einen intrakardialen Kardioverter/Defibrillator benötigt. Der plötzliche Herztod nach Myokarditis als Folge einer Arrhythmie ist insgesamt selten. Bei Sportlern ist er mit bis zu 24 % der Fälle jedoch relativ häufig die Ursache für einen spontanen Tod.

Bei jedem Zweiten heilt die Myokarditis vollständig aus

In vielen Fällen zieht die Infektion keine Schäden nach sich. Dennoch ist es wichtig, die Patienten darüber aufzuklären, dass sie von nun an mit einer körperlichen Schwachstelle leben müssen, empfiehlt Prof. Gonska­.Da sich nach einer Myokarditis keine Immunität entwickelt, können kardiotrope Viren das Herz erneut befallen.

Zum vollständigen Ausheilen der Entzündung kommt es in 54 % der Fälle. Bei 27 % kommt es zu Schäden, die weitgehend abheilen. Ein dauerhaftes Risiko nach der Erkrankung besteht für gut 19 % der Betroffenen. Die Ergebnisse einer etwaigen Biopsie sind prognostisch wegweisend. Mit einer MRT-Kontrolluntersuchung nach etwa sechs Monaten kann man am sichersten beurteilen, ob die Infektion überstanden ist oder nicht.

Quelle: Gonska BD. internistische praxis 2023; 66: 415-419

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