Keine Überlegenheit vom Bypass im Vergleich zur konservativen Behandlung

Maria Weiß

Ein in den vergangenen zwölf Monaten erlittener Schlaganfall (hier in der rechten Arteria cerebri media) oder transitorische ischämische Attacke war Voraussetzung für den Einschluss in die Studie. Ein in den vergangenen zwölf Monaten erlittener Schlaganfall (hier in der rechten Arteria cerebri media) oder transitorische ischämische Attacke war Voraussetzung für den Einschluss in die Studie. © Science Photo Library/Zephyr

Bei Gefäßverschlüssen ist der Bypass eine mögliche Alternative zur endoskopischen Wiederherstellung der Durchblutung. Was in der Peripherie und bei den Herzkranzgefäßen gut funktioniert, scheint aber im Gehirn nicht von Erfolg gekrönt zu sein.

Extrakranial-intrakraniale Bypässe bei symptomatischem Verschluss der Arteria carotis interna (ACI) oder der Arteria cerebri media (ACM) sind technisch machbar. Zumindest theoretisch sollte ein solcher EC-IC-Bypass die Durchblutung in den betroffenen Hirnarealen verbessern und (ggf. weiteren) Schlaganfällen vorbeugen. Eine erste randomisierte Studie aus dem Jahr 1985, die internationale EC-IC Bypass Study, konnte aber keine Vorteile des Verfahrens im Vergleich zur konservativen Therapie zeigen – die Schlaganfallhäufigkeit war in beiden Gruppen gleich. Auch in der 2011 publizierten COSS*-Studie brachte der chirurgische Bypass den Patienten keinen Benefit.

Seither haben sich die technischen Möglichkeiten in der Neurochirurgie deutlich verbessert, und auch bei der Selektion geeigneter Patienten per Bildgebung gab es Fortschritte. Ein Team um Dr. ­Yan ­Ma von der Klinik für Neurochirurgie und interventionelle Neuroradiologie am Xuanwu Hospital in Peking hat daher einen erneuten Versuch gestartet.

Für die CMOSS**-Studie rekrutierten die Forscher 324 Patienten mit einem medianen Alter von 52,7 Jahren (79 % Männer). Bei allen bestanden ein ACI- oder ACM-Verschluss und entsprechende Symptome innerhalb der letzten zwölf Monate, die nachweislich auf hämodynamische Auswirkungen der Stenose zurückzuführen waren.

Jeder Zweite wurde auch gefäßchirurgisch behandelt

Zusätzlich zur medikamentösen Versorgung erhielt die eine Hälfte der Patienten eine Bypass-Operation. Primärer Endpunkt war eine Kombination aus Schlaganfall oder Tod innerhalb von 30 Tagen nach der Randomisierung und ipsilateralem Schlaganfall nach 30 Tagen bis zwei Jahren.
Den kombinierten Endpunkt erreichten 8,6 % der operierten und 12,3 % der medikamentös behandelten Patienten (Hazard Ratio 0,71), der Unterschied war jedoch weder klinisch noch statistisch signifikant. Die Subgruppen­analyse ergab allerdings ein differenzierteres Bild: Während in der Bypass-Gruppe mehr Schlaganfälle innerhalb der ersten 30 Tage auftraten (6,2 % vs. 1,8 %), wurden im Langzeitverlauf in der Kontrollgruppe mehr derartige Ereignisse beobachtet (2,0 % vs. 10,3 %). Es kris­tallisierte sich keine Subgruppe heraus, die klar von dem chirurgischen Eingriff profitierte. An der Anastomose schien es jedenfalls nicht zu liegen, denn diese war nach zwei Jahren noch bei 93,6 % der Operierten durchgängig.

Die Studie zeigt einmal mehr, dass die Versorgung mit einem EC-IC-Bypass keine klaren Vorteile bringt, so die Einschätzung von Prof. Dr. ­Seemant ­Chaturvedi und­ Prof. Dr. J. Marc ­Simard von der University of Maryland School of Medicine in Baltimore. Was die medikamentöse Therapie angeht, könne man im Vergleich zu früheren negativ verlaufenen Untersuchungen immerhin auf Erfolge aus den vergangenen Jahren zurückblicken, etwa bei der Thrombolyse oder in Bezug auf Risikofaktoren wie Dyslipidämie, Hypertonie und Diabetes. Solange die hämodynamischen Eigenschaften des Gehirns nicht besser verstanden sind, werden sich Neuro­chirurgen deshalb schwer damit tun, ihren Patienten das Verfahren anzubieten, so die Experten.

*    Carotid Occlusion Surgery Study
**    Carotid and Middle Cerebral Artery Occlusion Surgery Study

Quellen:
1.    Ma Y et al. JAMA 2023; 330: 704-714; DOI: 10.1001/jama.2023.13390
2.    Charturvedi S, Simard JM. JAMA 2023; 330: 697-698; DOI: 10.1001/jama.2023.11166

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Ein in den vergangenen zwölf Monaten erlittener Schlaganfall (hier in der rechten Arteria cerebri media) oder transitorische ischämische Attacke war Voraussetzung für den Einschluss in die Studie. Ein in den vergangenen zwölf Monaten erlittener Schlaganfall (hier in der rechten Arteria cerebri media) oder transitorische ischämische Attacke war Voraussetzung für den Einschluss in die Studie. © Science Photo Library/Zephyr