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Knieprothesen: Bremse für übereifrige Gelenkchirurgen

An mangelnder Routine kann es nicht liegen: Fast 174 000 Menschen wird hierzulande jedes Jahr eine Knie-Totalendoprothese (TEP) eingesetzt. Und trotzdem – bis zu 20 % der Patienten sind mit dem Ergebnis unzufrieden. Das passt nicht zusammen, meint nun auch die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie.
„Um eine bedarfsgerechte Versorgung gewährleisten zu können, sind einheitliche, evidenzbasierte und allgemein akzeptierte Indikationskriterien notwendig“, konstatieren die Autoren der aktuellen Leitlinie. Bisher gab es aber weder national noch international etablierte und flächendeckend verwendete Indikationskriterien mit ausreichender Evidenz.
2014 riefen daher die Deutschen Orthopäden, Unfallchirurgen und Endoprothetiker die Initiative „Evidenz- und konsensbasierte Indikation Knie-TEP“ (EKIT) ins Leben, die nun die Leitlinie vorstellte. Sie richtet sich nicht nur an Orthopäden, Unfallchirurgen und Rheumatologen, sondern auch an Patienten und deren Angehörige. Sie sollen direkt von der Anwendung der Empfehlungen profitieren.
Die entscheidende Frage im Vorfeld der Versorgung mit einer TEP lautet, ob sich dadurch das Behandlungsziel mit höherer Wahrscheinlichkeit erreichen lässt als mit anderen Therapiemaßnahmen. Zu den Mindestvoraussetzungen für die OP zählt nicht nur die Abwesenheit medizinischer Kontraindikationen, sondern auch das gleichzeitige Vorliegen von fünf klar definierten Hauptkriterien:
- Knieschmerzen seit mindestens drei bis sechs Monaten, die mehrfach wöchentlich intermittierend auftreten oder dauerhaft bestehen
- im Röntgenbild wird unter Belastung eindeutig eine Gelenkspaltverschmälerung als Nachweis eines Strukturschadens sichtbar
- erfolglos über drei bis sechs Monate durchgeführte konservative Maßnahmen (medikamentös und nicht-medikamentös)
- genauso lang durch die Gonarthrose bestehende Einschränkung der Lebensqualität
- subjektiver Leidensdruck aufgrund der Knieerkrankung
Als absolute Kontraindikationen nennen die Experten eine floride Infektion im Gelenk und Umstände, die auch andere elektive Eingriffe verhindern (z.B. akutes kardiovaskuläres Ereignis). Zudem sei auch in zwei anderen Situationen angeraten, die Operations-Pläne zu hinterfragen: Bei einer deutlich verkürzten Lebenserwartung des Betroffenen sowie einem sehr hohen Body-Mass-Index (≥ 40 kg/m2). Beide Faktoren gelten als relative Kontraindikationen.
Checkliste abhaken
Zudem sollten zahlreiche Faktoren nachdenklich stimmen: eine bereits abgelaufene Infektion im Kniegelenk, ein erhöhtes perioperatives oder Infektionsrisiko, psychische und körperliche Komorbiditäten, Suchtmittelabhängigkeit und neurologische Störungen. Eine Checkliste, die noch einmal die entscheidenden Punkte zum Abhaken enthält, bietet bei der Entscheidung für oder gegen die OP eine einfache Hilfestellung. mic/abr
Quelle: S2k-Leitlinie „Indikation Knieendoprothese“ AWMF-Register Nr. 033-052, www.awmf.org
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