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Kompressionstherapie wird neu aufgerollt

In der Kompressionstherapie herrschte lange Zeit ein regelrechter Entwicklungsstillstand. Dabei bildet sie als Basismaßnahme einen wichtigen Bestandteil der phlebologischen und lymphologischen Therapie. In den letzten Jahren brachten nicht nur Neuerungen im Bereich der Anwendungen und Materialien Bewegung ins Wickeln. Auch (Kontra-)Indikationen wurden zunehmend hinterfragt und neu definiert.
Das venöse Ödem und das Ulcus cruris venosum sprechen gut auf eine Kompressionstherapie an. Lediglich über die Art (Strumpf oder Bandage) und den notwendigen Anpressdruck herrscht bis dato eine uneinheitliche Meinung. Studienergebnisse belegen, dass medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS) mit einem Ruheanpressdruck von schon 10–15 mmHg venöse Beschwerden und Ödeme verringern.
Neue Materialien
- Fertigbindensysteme wie Kurzzug-, Mittelzug-, Langzug- und Polsterbinden (ggf. mit kohäsiven Eigenschaften)
- (Re)adaptive Kompressionsbandagen mit Klettverschlüssen bei Ulcus cruris: signifikant bessere Ergebnisse als mit Mehrkomponentensystem und festem Schema, nach kurzer Schulung passt der Patient ihn individuell an, wirtschaftliche Vorteile (keine Personalkosten, lange Tragedauer)
Progressiver Druckverlauf bei mobilen Patienten besser
Wer beruflich viel steht, profitiert hinsichtlich seiner Schmerzen und Ödeme von MKS mit einem Anpressdruck von 11–21 mmHg. In anderen Untersuchungen wiederum wirkte sich die Kompressionsbandagierung mit Werten von 20–30 mmHg positiv auf die venöse Funktion aus.Für die Abheilung und Rezidivprophylaxe venöser Ulzerationen eignen sich ebenso geringere Anpressdrücke mittels fester Materialien, die während Bewegungen hohe Arbeitsdruckwerte erzeugen. Zwar profitieren in der Rezidivprophylaxe die Patienten von hohen Anpressdrücken, aber auch ein reduzierter Ruhedruck (Kompressionsklasse, KKL I, 18–21 mmHg) bringt mehr als gar keine Kompressionstherapie.
Neuere Daten zeigen bei mobilen Patienten mit Chronisch venöser Insuffizienz (CVI) einen signifikanten Vorteil in der venösen Abpumpleistung für einen progressiven gegenüber dem von den Leitlinien propagierten degressiven Druckgradienten. Auch in puncto Anziehen und Tragekomfort haben die progressiven Kompressionsstrümpfe die Nase deutlich vorn. Um die überwiegend älteren Patienten bei Wickellaune zu halten, sollte man sie stets ausführlich anleiten und ihnen zusätzlich An- und Ausziehhilfen verordnen.
Mittels Wadenumfang den Ruheanpressdruck berechnen
Nach der Entstauung auf Klasse-I-Strümpfe wechseln
Eine Reihe von neuen Materialien (s. Kasten) kommen für die Kompressionsbehandlung bei Patienten mit einer CVI oder pAVK infrage – engmaschige Kontrolle vorausgesetzt. Laut aktuellen Untersuchungen verschlechtert sich bei einem reduzierten Anpressdruck von 20–40 mmHg mit kurzzügigen Materialien und Unterpolsterung die arterielle Durchblutung keineswegs, wenn der systolische Knöchelarteriendruck über 60 mmHg oder der Druck der Großzehenarterie über 30 mmHg und der ABI > 0,6 liegen. Nach der Entstauung wechselt man auf MKS Klasse I mit hoher Materialfestigkeit und geringer Elastizität (ggf. Flachstrick).Als absolute Kontraindikationen für die Kompressionstherapie gelten nach wie vor sowohl eine kritische Ischämie mit Nekrose und/oder Gangrän als auch eine pAVK mit einem ABI < 0,5 (absoluter systolischer Knöcheldruck < 60 mmHg).
Quelle: Reich-Schupke S et al. Deutsch Med Wochenschr 2017; 142: 679-686
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