Kunststoffteilchen reichern sich vor allem über die Lunge im Körper an

ERS 2024 Stefanie Menzel

Mikroplastik ist per Definition kleiner als 5 mm. Die Partikel finden sich sogar in der menschlichen Plazenta. Mikroplastik ist per Definition kleiner als 5 mm. Die Partikel finden sich sogar in der menschlichen Plazenta. © Microgen–adobe.stock.com

Plastik löst sich nicht einfach in Luft auf, sondern gelangt über selbige in Form von winzigen Teilchen bis in die tiefsten Gewebeschichten des Körpers. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nur eine mögliche Folge der Inkorporation.

Die Erkenntnis, dass über Trinkwasser und Meersalz aufgenommene kleinste Kunststoffteilchen gesundheitsschädlich sind, ist nicht neu. Ein mindestens genauso großes Problem für den menschlichen Körper stellt jedoch die Belastung der Luft dar, sagte Prof. Dr. Christopher Carlsten von der University of British Columbia in Vancouver. Das Thema Mikro- und Nanoplastik (MNP) werde in den nächsten Jahren explodieren, denn die winzigen Teilchen sind mittlerweile ubiquitär.

Als Quelle kommen neben Reifenabrieb, der direkt in die Luft übergeht, z. B. Plastikfolien aus der Landwirtschaft infrage. Oft dauert es Jahre bis Jahrzehnte, bis der Kunststoff zu Partikeln von 15 – 200 µm Durchmesser verrottet. Jedes dieser Mikroplastikteilchen kann zu Milliarden von Nanoteilchen (< 1 µm) zerfallen. Und je kleiner sie sind, desto tiefer gelangen sie in die Lunge. Während Mikroplastik in Nase, Pharynx und Larynx hängen bleibt, schafft es Nanoplastik bis in die Alveolen und schließlich bis ins Gewebe.

Dass MNP sich im Körper ablagert, belegen die Daten aus mehreren aktuellen Studien. Die größte Last trägt dabei die Lunge. So fand man dort 77 – 94 % der MNP-Gesamtmasse, 2 – 16 % im Blut und jeweils 2 – 3 % in Dick- und Dünndarm. „Das war eine große Überraschung“, sagte Prof. Carlsten. Eine Studie zur Endarteriektomie offenbarte bei der Hälfte der Patientinnen und Patienten große Mengen von Plastikteilchen in den entfernten Plaques. Darüber hinaus hat man Plazentagewebe untersucht, Partikel von 5 – 10 µm fanden sich auch in diesem Organ.

Bei den Kunststoffen handelt es sich in erster Linie um Polyethylen (PE), aber auch um Polyvinylchlorid (PVC), Polyamid (Nylon) und Polyacrylat. Erste Hinweise darauf, dass inhaliertes Mikroplastik zu Lungenerkrankungen führen kann, lieferten bereits in den 1990er-Jahren gehäufte Fälle in einem Beflockungsbetrieb in Rhode Island, erinnerte Prof. Carlsten. Feingeschnittene Kunststofffasern wurden dort auf ein mit Klebstoff bestrichenes Material aufgebracht. Die so entstandenen velours- oder samtähnlichen Oberflächen finden sich z. B. in Dekoartikeln oder Brillenetuis. Die Beschäftigten entwickelten v. a. Bronchiolitiden und Hypersensitivitätspneumonien. Eine weitere Studie beschrieb bereits damals Zusammenhänge zwischen PVC, Polyamid und Polyacrylat mit Fibrose und Krebs.

Partikel fördern Entzündungen und allergisches Asthma

Im Follow-up der oben erwähnten Studie zur Endarteriektomie zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der MNP-Belastung von Plaques und kardiovaskulären Ereignissen. Zudem fanden sich bei den Betroffenen erhöhte Werte für proinflammatorische Zytokine wie TNF-a und Interleukin-18. Im Mausmodell bestätigte sich, dass winzige Teilchen von Polyacrylat, Polyamid, Polypropylen und PVC entzündliche Prozesse auslösen, die zu Fibrose und Granulomen führen. Weichmacher wie Dibutylphthalat haben negativen Einfluss auf die Lungenfunktion, verschiedene MNP scheinen ein allergisches Asthma zu verstärken.

Kann man MNP aus dem Weg gehen? „Verzichten Sie auf Kosmetika, kaufen Sie nur Kleidung aus natürlichen Materialien, schalten sie im Auto auf Umluft und statten Sie Innenräume mit HEPA-Filtern aus“, riet Prof. Carlsten. 

Woran kaum jemand denkt: Elektroautos produzieren mehr Reifenabrieb als Verbrenner, da sie aufgrund ihrer Batterie schwerer sind. Und MNP entströmen nicht zuletzt handelsüblichen Mund-Nasen-Masken. Die Herstellung von Materialien, die Mikroplastik enthalten oder früher oder später dazu werden, muss reguliert werden, forderte der Referent abschließend. Dass die USA und Kanada Mikroperlen in Kosmetika verboten haben, sei zumindest ein Anfang. 

*European Respiratory Society

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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Mikroplastik ist per Definition kleiner als 5 mm. Die Partikel finden sich sogar in der menschlichen Plazenta. Mikroplastik ist per Definition kleiner als 5 mm. Die Partikel finden sich sogar in der menschlichen Plazenta. © Microgen–adobe.stock.com