Leberwerte im Labor: Wie viel Diagnostik brauchen Sie wirklich?

Dr. Carola Gessner; Foto: thinkstock

Leberwerte gehören zum Routinelabor. Doch wie gehen Sie mit auffälligen Werten um? Welche Ursachen kommen in Betracht? Ein Gastroenterologe gibt Auskunft.

Es wird häufig zu viel Diagnostik betrieben, die unnötige Kosten verursacht, kritisierte Dr. Emil Höring von der Internistischen Schwerpunktpraxis – Onkologie, Hämatologie, Palliativmedizin und Gastroenterologie – in Stuttgart.

  1. Szenario Nr. 1, isolierte Gamma-GT-Erhöhung. Der Kollege forscht in der Regel nicht ausgiebig nach. Er fragt nach Alkoholkonsum und erhebt noch einmal eine genaue Anamnese – auch im Hinblick auf eingenommene Medikamente. Er achtet bei der klinischen Untersuchung insbesondere auf Leberhautzeichen und schaut sich das Organ im Ultraschall an. Wenn er bei diesem Vorgehen nichts findet – abgesehen vielleicht von einer Fettleber im Sonogramm, belässt er es zunächst einmal bei Beratung und Kontrolle.

    Sonographie reicht oft zur Abklärung aus

  2. Szenario Nr. 2, Nekrosemuster mit erhöhten Transaminasen. Hier heißt es, den Ursachen des offensichtlichen Leberzellschadens auf den Grund zu gehen. Infrage kommt die Virus-Hepatitis – in diesem Fall geben HBS-Ag, Anti-HBC-Ak („das genügt für die Hepatitis B“), Anti-HAV-IgM-Ak, Anti-HEV-Ak, EBV- und CMV-Diagnostik weiteren Aufschluss. Die Ebenfalls mögliche Autoimmunhepatitis wird per Antikörpersuche (ANA, SMA, LKM, SLA/LP) verfolgt.

    Stoffwechselerkrankungen kommen nicht besonders häufig vor, müssen aber differenzialdiagnostisch bedacht werden. Hinweise ergeben sich aus der Anamnese sowie der Transferrin-, Ferritin-, Coeruloplasmin- und Alpha-1-Antitrypsin-Messung. Um Fettleber-Erkrankungen wie NAFLD (Non-alcoholic fatty liver disease) oder DILI (drug induced liver injury) auszuschließen werden Cholesterin, Triglyceride, HbA1c, Harnsäure, Ferritin, MCV und IgA bestimmt sowie eine eingehende Medikamentenanamnese erhoben.

    Hepatitis häufiger als erwartet

    Dass man bei der Abklärung eines Leberzellschadens noch einmal gezielt anamnestisch nachhaken sollte – nebst klinischer Untersuchung und Sonographie –, versteht sich von selbst. So ist z.B. die Hepatitis-A-Serologie nur von Interesse, wenn klinisch akute Infektionszeichen bestehen, da auch großteils Gesunde diese Antikörper aufweisen. Die Hepatitis C muss man dagegen immer ausschließen oder beweisen, betonte der Referent.

    „Die Hepatitis E kommt übrigens in Deutschland häufiger vor als gedacht“, ergänzte Dr. Höring. An diese Differenzialdiagnose zu denken, empfahl er bei akuter Hepatitis mit evtl. unklaren extrahepatischen Manifestationen sowie bei immunkompromittierten Patienten mit Hinweisen auf kryptogene chronische Hepatitis. Ebenfalls beileibe keine Rarität sei die Autoimmunhepatitis. 

    "Gelb und Fieber: sofort in die Notaufnahme“

  3. Bietet Ihr Patient das Szenario 3, Cholestase-Muster, gestaltet sich die Abklärung eventuell schwieriger. Das klinische Bild dabei reicht vom gesund aussehenden Patienten (Zufallsbefund beim Check-up) bis hin zum Schwerkranken mit Ikterus, Bauchschmerzen und/oder Fieber. „Hat sich das Ganze akut entwickelt?“, lautet dann Ihre nächste Frage. „Gelb und Fieber heißt im Prinzip: sofort in die Notaufnahme“, so Dr. Höring.

    In weniger brenzligen Situationen versucht er zunächst, den Stau als intra- oder extrahepatisch zu klassifizieren. Mittels Sonographie lässt sich beurteilen, ob die Gallengänge erweitert sind – wenn ja, so können ein Stein, eine entzündliche/narbige Stenose oder auch ein Tumor dahinterstecken. Patienten mit Fieber und Ikterus führt Dr. Höring dann sofort einer ERCP zu. Ansonsten bevorzugt er die MRCP vor der ERCP, da die Kernspin-Methode weniger invasiv ist. „Wenn es aber in Richtung Therapie geht, setzt man primär die ERCP ein“, so der Kollege.

    Cholestase: ERCP zur Diagnose und Therapie

    Zeigen sich die Gallengänge sonographisch nicht erweitert, spricht dies für eine intrahepatische Cho­lestase, z.B. im Rahmen einer primär biliären Zirrhose, PBC (AMA, Anti-M2, IgM), primär sklerosierenden Cholangitis, PSC (p-ANCA), Autoimmunpankreatitis (Subtyp IgG4) oder medikamentös induzierten cholestatischen Hepatitis.

    Zudem könne auch die schwere ikterische Verlaufsform einer Autoimmunhepatitis oder ein dystropher Schub einer Leberzirrhose hinter dem Cholestasebild stecken. Die Therapie der extrahepatischen Cholestase besteht je nach Ursache eventuell in einer Steinextraktion oder Tumorresektion. Bei intrahepatischer Cholestase richtet sich die Therapie nach der Grunderkrankung.

Quelle: 50. Ärztekongress der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, Stuttgart, Januar 2015

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