Mammographie-Screening: ja oder nein?

Birgit-Kristin Pohlmann, Foto: thinkstock

Der Nutzen des Mammographie-Screenings für Frauen ab 50 wird kontrovers diskutiert. Die retrospektive Datenauswertung stärkt die Befürworter des Screenings.

Was den absoluten Nutzen des Mammographie-Screenings angeht, so kamen vier große renommierte Untersuchungen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Die Angaben dazu, wie viele Frauen gescreent werden müssen, um einen brustkrebsbedingten Todesfall zu verhindern, schwanken zwischen 111 und 2000 Frauen und differieren damit um etwa 20 %.

Widersprüchliche Studien zum Nutzen der Krebssuche

Vor diesem Hintergrund reanalysierte eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Professor Dr. Stephen Duffy, Queen Mary Universität London, diese vier Untersuchungen und fokussierte auf die Unterschiede. Die Arbeiten sind der UK Independent Breast Cancer Screening Review1, der Nordic Cochrane Review2, der US Preventive Services Task Force (USPSTF) Review3 und der EUROSCREEN Review4.


„Wir wollten verstehen, wie und warum diese Unterschiede zustande kommen“, erläuterte Professor Dr. Robert Smith, American Cancer Society, Atlanta, Georgia, der die Ergebnisse für die Arbeitsgruppe präsentierte. Tatsächlich zeigte sich, dass den Studien unterschiedliche Ausgangssituationen zugrunde lagen.


Die Untersuchungen variierten z.B. hinsichtlich des Alters der Frauen, der Nachuntersuchungszeit und der Datenbasis, die den Ergebnissen zugrunde lag. Letztere bezog sich nicht immer auf die tatsächlich gescreenten Frauen, sondern zum Teil auf die Gesamtzahl der zum Screening eingeladenen Frauen – unabhängig davon, wie viele Frauen tatsächlich gescreent wurden.


Der Arbeitsgruppe gelang es, durch Standardisierung der differierenden Variablen die Datenbasis für die Auswertung zu vereinheitlichen. Beispielsweise wurde der Screeningzeitraum auf 20 Jahre extrapoliert und auf Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren eingegrenzt. Die Mortalitätsrate wurde an Frauen im Alter von 55 bis 79 Jahren ermittelt.

Nach Reanalyse deutlicher Profit in puncto Mortalität

Die Auswertung führte dazu, dass die ursprüngliche Differenz zwischen den Studien von 20 % bezogen auf die notwendige Anzahl der zu screenenden Frauen, um einen brustkrebsspezifischen Todesfall zu verhindern, auf 4 % sank. In allen vier Studien zeigte sich ein deutlicher Rückgang der brustkrebsspezifischen Mortalität durch das Screening.


„Wir hoffen“, resümierte Prof. Smith, „dass unsere Ergebnisse dazu beitragen, die Diskussion über Nutzen und Risiken des Mammographie-Screenings zu glätten.“ Seiner Ansicht nach steht der Nutzen des Brustkrebs-Screenings außer Frage.


Kritische Äußerungen zum Thema kamen von Professor Dr. Gilbert Welch, Dartmouth Institute for Health Policy and Clinical Research, New Hampshire, USA. Er bestätigte, dass aufgrund vieler randomisierter Studien von einem Rückgang der brustkrebsbedingten Todesfälle durch das Screening um etwa 20 % auszugehen ist.

Psychologischer Stress bei Verdacht auf Mamma-CA

Aber, gab Prof. Welch zu bedenken, diese Studien sind mittlerweile 20 bis 30 Jahre alt. In der Zwischenzeit sei die Behandlung des Mammakarzinoms deutlich besser geworden, sodass sich die Überlebensraten der Patientinnen durch die effektivere Therapie erhöht haben. „In dem Maße, wie sich die Wirksamkeit der Therapie verbessert, verringern sich die Vorteile einer frühen Diagnose, die Nachteile der Behandlung bleiben jedoch.“


Hinzu komme, dass der psychologische Stress eines falsch positiven Mammographie-Befundes bzw. Verdachts auf ein Mammakarzinom nicht unterschätzt werden dürfe. Und, so Prof. Welch, ein Teil der Mammakarzinome, die durch das Mammographie-Screening entdeckt und anschließend behandelt werden, hätten unbehandelt niemals ein Gesundheitsrisiko für die Frau dargestellt. Die Teilnahme am Mammographie-Screening, resümierte er, sollte daher als Angebot verstanden werden und nicht als zwingende Notwendigkeit.


Quelle:
36th Annual San Antonio Breast Cancer Symposium
1 Marmit MG et al., BJC 2012
2 Cochrane Syst Rev 2013, 6: CD001877
3 Nelson HD et al., Ann Intern Med 2009; 151: 727-37
4 J Med Screen 2012; 19: 14-25

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