Manche Hustenreizstopper sind wohl eher Placebos

Helfen Hustenblocker wirklich? Helfen Hustenblocker wirklich? © Thinkstock

Hus­tentherapeutika halten in manchen Fällen nicht das, was sie versprechen – vieles ist wohl reiner Placeboeffekt. Zwei Hustenexperten überprüften die Evidenz zur Wirksamkeit der Hustenblocker.

Trockener oder nur gering produktiver Husten ist das Leitsymptom von banalen Atemwegsinfekten und akuten Bronchitiden. Beide Erkrankungen sind überwiegend viral bedingt, weshalb Antibiotika therapeutisch keinen Sinn machen, erinnern Professor Dr. Alyn Morice vom Castle Hill Hospital in Cottingham/UK und Dr. Peter Kardos, niedergelassener Internist in Frankfurt.

Viele Patienten behelfen sich mit freiverkäuflichen, symptomatisch wirkenden Antitussiva. Allerdings sind zumindest einige der Substanzen bei akutem Reizhusten kaum untersucht oder die Wirksamkeitsnachweise stammen aus veralteten Studien mit einer Methodik, die heute keine Zulassungshürde mehr nehmen würde, erklären die Hustenexperten.

Subjektiver Effekt reicht in Studien nicht mehr aus

Der kurze und meist selbstlimitierende Verlauf der viralen Atemwegs­infekte stellt allein aufgrund des großen Placeboeffekts eine Herausforderung für das Studiendesign dar. Die Erfassung ausschließlich subjektiver Befindlichkeiten als primäres Studienziel gilt für den Wirksamkeitsnachweis der Antitussiva daher heute als nicht mehr ausreichend.

Erst zusätzliche objektive Zielvariablen wie Effekte auf einen künstlich ausgelösten Hustenreiz oder das Zählen der Hustenstöße per Akustikkontrolle bilden die antitussive Wirkpotenz einer Substanz einigermaßen adäquat ab, stellen Prof. Morice und Dr. Kardos in Übereinstimung mit der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA fest.

Darüber hinaus sollten pharmakologische Tests auch mit Kapseln gemacht werden, da viele galenische Grundlagen wie z.B. der schleimartige Sirup bereits über eigene hustenreizlindernde Effekte verfügen und den Wirkeintritt der Substanzen verändern können.

Legt man diese hohe Studienmesslatte an, steht Dextromethorphan ganz oben auf der Liste. In drei Studien mit insgesamt 451 Teilnehmern reduzierte das zentral wirksame Antitussivum z.B. objektiv die Zahl der Hustenstöße. Auch in weiteren pharmakodynamischen und klinischen Studien z.B. mit einer Zitronensäure-Provokation erwies sich Dextromethorphan als wirksam und über 24 Stunden hus­tenreizdämpfend. Der Therapieeffekt einer 30-mg-Dosis liegt im Durchschnitt rund 17 % über der von Placebo.

Wirksamkeitsnachweise von ­Ambroxol, dem in Deutschland führenden OTC-Antitussivum, stammen überwiegend aus den 1970er- und 1980er-Jahren und wurden meist mit Patienten mit einer chronischen Bronchitis durchgeführt. Ein signifikanter therapeutischer Effekt bei Erwachsenen in der Indikation Husten bei akuten Erkältungskrankheiten ließ sich in nur einer placebokontrollierten randomisierten Studie verifizieren, Untersuchungen mit Kindern waren methodisch z.T. offen designt.

Risiko von Codein übersteigt den Nutzen deutlich

Hustendämpfende Eigenschaften von N-Acetylcystein (NAS), in Deutschland auf Platz zwei im OTC-Markt, sind bisher vor allem für Kinder nachgewiesen: In einer zusammenfassenden Analyse von drei pädiatrischen Studien erwies sich das peripher wirksame Antitussivum einem Placebo als signifikant überlegen – allerdings zweifelten die Autoren an der klinischen Relevanz des Effekts, zitieren Dr. Kardos und Kollege das Fazit der Cochrane-Metaanalyse.

Mangelhaft ist die wissenschaftliche Evidenz für das immer noch gerne verordnete Codein: In zwei placebokontrollierten Studien war kein therapeutischer Effekt des Morphin-Prodrugs erkennbar, experimentelle Studien mit einer Hus­tenreizprovokation durch Zitronensäure kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Darüber hinaus besteht bei den sogenannten "schnellen Metabolisierern" aufgrund der raschen Codein-Morphin-Umwandlung im Cytochrom P-System die Gefahr einer Morphin-Überdosierung. Das Risiko übersteigt den Nutzen deutlich, meinen die Autoren.

Die übrigen in Deutschland erhältlichen Antitussiva seien nur am Rande erwähnt: Für Pentoxyverin, Butamirat und Levodropropizin liegen keine methodisch adäquaten Nachweise für eine klinische Wirksamkeit vor.


Quelle: Morice A, Kardos P. BMJ Open Resp Res 2016; online first

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