Mastektomie wegen BRCA1-Mutation?

Dr. Carola Gessner, Foto: thinkstock

Wie berät man Frauen mit familiärem Brustkrebsrisiko am besten? Eine aktuelle Studie liefert nun neue Daten.

In bis zu 10 % der Fälle liegt der weiblichen Brustkrebserkrankung ein familiäres Malignomrisiko zugrunde, erkennbar an Mutationen der DNA-Reparaturgene BRCA1 und BRCA2. In diesem Jahr wurde die bisher größte prospektive Langzeitstudie zum Thema publiziert.


Sie liefert die aktuell zuverlässigsten Informationen zu Erkrankungsraten bei Frauen mit familiärem Brustkrebsrisiko. Auch die Bedeutung von Mutationen einzelner Nukleotide wurde analysiert, wie Professor Dr. Norbert Frickhofen von den Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden berichtete.

Mit BRCA1 erkranken 60 % der Frauen an Brustkrebs

Während das Erkrankungsrisiko bei BRCA1/2-Mutationen bislang vor allem in retrospektiven Untersuchungen oder kleinen Kohortenstudien ermittelt worden war, in­itiierten die britischen Autoren der EMBRACE*-Studie im Jahr 1998 eine große prospektive Arbeit, deren erste Daten nun vorliegen.1 Die Auswertungen beziehen sich auf knapp 2000 Frauen, 909 mit einer BRCA2-Mutation und 978 mit einer BRCA1-Mutation. Insgesamt 651 Frauen hatten bereits ein einseitiges Mammakarzinom.


Wie die Analysen ergaben, beträgt bei Frauen mit BRCA1-Mutation das mittlere kumulative Risiko für erstmaligen Brustkrebs im Alter von 70 Jahren 60 %, das entsprechende Risiko für ein Ovarialkarzinom liegt bei 59 %. Für Studienteilnehmerinnen, die bereits an einem Mammakarzinom erkrankt waren, errechneten die Forscher ein kumulatives Risiko für ein kontralaterales Zweitkarzinom von 83 %.

Mamma-Ca: Besonders gefährliche Mutationen identifiziert

Als etwas niedriger erwiesen sich die entsprechenden Raten bei BRCA2-Mutation: Im Alter von 70 Jahren liegt das mittlere kumulative Risiko betroffener Frauen bei 55 % für ein erstmaliges Mammakarzinom, bei 16,5 % für Eierstock-Krebs und bei 62 % für ein kontralaterales Mammakarzinom (nach Vorerkrankung) – ebenfalls alles berechnet für ein Alter von 70 Jahren.


Einen wichtigen Faktor für künftige Beratungen könnte zudem eine weitere Erkenntnis der britischen Wissenschaftler bilden: Bestimmte Mutationen (Single Nucleotide Polymorphisms, SNPs) signalisieren ein wesentlich höheres Krebsrisiko als andere. Die am stärksten wirksamen Mutationen trieben die Malignomgefahr in der EMBRACE-Studie dreimal stärker in die Höhe als die am schwächsten wirksamen.


Alles in allem liegen die Karzinomraten, die man in EMBRACE ermittelte, für BRCA1 und BRCA2 im oberen Bereich dessen, was bisher angenommen wurde, informierte Prof. Frickhofen. Er schätzt, dass die genannten Zahlen immer noch tendenziell etwas zu niedrig angesetzt sind. Denn einige Teilnehmerinnen dieser Studie unterzogen sich prophylaktisch einer Mastektomie und Ovarektomie und senkten dadurch auch das Risiko der Gesamtgruppe.


Eine wichtige Information gab Prof. Frickhofen noch zur Prognose des erblichen Mammakarzinoms: Mutationen im DNA-Reparaturgen erhöhen zwar das Lebenszeitrisiko für Brustkrebs. Doch wenn bei genetisch belasteten Frauen ein Malignom diagnostiziert wird, besteht keine schlechtere Prognose als bei sporadischem Mammakarzinom. In Deutschland haben sich 15 Zentren auf die Behandlung des erblichen Brustkrebses spezialisiert (Adressen: www.brca-netzwerk.de).



* Epidemiological Study of Familial Breast Cancer

1. Nasim Mavaddat et al., J Natl Cancer Inst 2013; 105:812-822


8. DGIM-Internisten-Update-Seminar, Wiesbaden, 2013

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