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Medikation richtet sich nach dem Mortalitätsrisiko im ersten Jahr

Pulmonale Hypertonie (PH) ist der Oberbegriff für eine Reihe von Erkrankungen, darunter die pulmonalarterielle Hypertonie (PAH).
Das klinische Erscheinungsbild einer pulmonalen Hypertonie ist unspezifisch: Belastungsdyspnoe und Leistungsabfall, Palpitationen, Thoraxschmerzen, Fatigue, Hämoptysen, ggf. Synkopen sowie Zeichen für eine Rechtsherzinsuffizienz. Hinzu kommen Auffälligkeiten im EKG, die auf eine Rechtsherzbelastung hinweisen.
Den aktualisierten Leitlinien der europäischen Fachgesellschaften für Kardiologie und Pneumologie von 2022 zufolge ist die PH definiert durch einen mittleren pulmonalarteriellen Druck von > 20 mmHg in Ruhe. Das sind 5 mmHg weniger als zuvor, schreiben PD Dr. Carmen Pizarro vom Universitätsklinikum Bonn und Kollegen. Weitere hämodynamische Parameter helfen dabei, zwischen prä- und postkapillären Formen von Lungenhochdruck zu unterscheiden. So gilt für die PAH beispielsweise ein pulmonalarterieller Verschlussdruck von ≤ 15 mmHg sowie ein pulmonalvaskulärer Widerstand von 2 Wood-Einheiten.
Drei-Stufen-Algorithmus für die Versorgung
Für die Diagnose und Klassifikation einer pulmonalen Hypertonie sind abgesehen von der Hämodynamik auch der klinische Kontext sowie Befunde aus nicht-invasiven Untersuchungen relevant. Ein in den Leitlinien empfohlener Drei-Stufen-Algorithmus regelt den zeitlichen Ablauf und die Zuständigkeiten:
- Stufe 1 – Hausarzt: Anamnese, körperliche Untersuchung, Laborwerte (v.a. BNP, NT-proBNP), Ruhe-EKG
- Stufe 2 – Kardio-/Pneumologe: weiterführende Diagnostik, v.a. Echokardiografie
- Stufe 3 – PH-Zentrum: Rechtsherzkatheteruntersuchung, finale Diagnosestellung
Ohne Umwege direkt ins PH-Zentrum
Besteht initial der Verdacht auf eine PAH oder eine chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie, empfehlen die Leitlinien eine zeitnahe Vorstellung des Patienten in einem PH-Zentrum – unter Umgehung der nicht invasiven Diagnostik in der Praxis („Fast-Track-Konzept“). Gleiches gilt, wenn klinische Warnzeichen auftreten. Hierzu zählen u.a. Anzeichen eines Rechtsherzversagens, rasche Symptomzunahme, Synkope, Hypotonie und Sinustachykardie.
Bei Erstdiagnose einer PAH ist – sofern keine kardiopulmonalen Komorbiditäten bestehen – eine Risikostratifizierung vorgesehen. Sie dient dazu, die Prognose einzuschätzen und über die Ausrichtung der Therapie zu entscheiden. Mithilfe eines Drei-Strata-Modells werden die Patienten einer Risikogruppe (niedrig, intermediär, hoch) zugewiesen. Die Einteilung erfolgt mit Blick auf die die Ein-Jahres-Mortalität, die zwischen < 5 % und > 20 % liegt. Die individuelle Einstufung basiert auf den Ergebnissen aus den oben genannten Untersuchungen sowie dem Sechs-Minuten-Gehtest und der Spiroergometrie.
Ziel der PAH-Therapie ist es, ein niedriges Risiko zu erreichen bzw. aufrechtzuerhalten – eine Heilung gelingt nach wie vor nicht.
Allgemeine Maßnahmen umfassen gemäß der Leitlinie Impfungen (Pneumokokken, Influenza, SARS-CoV-2), körperliches Training, psychosoziale Unterstützung und bei Bedarf Sauerstoffgabe. Patientinnen sollten eine Schwangerschaft nach Möglichkeit vermeiden.
Hinzu kommen supportive Maßnahmen, z.B eine diuretische Therapie (bei Zeichen eines Rechtsherzversagens und Flüssigkeitsretention), ggf. eine orale Antikoagulation oder eine Eisensubstitution bei Eisenmangelanämie. Eine Therapie mit hoch dosierten Kalziumantagonisten ist nur für Patienten mit positiver Vasoreagibilitätstestung vorgesehen. Eine Reihe weiterer kardiologischer Medikamente wird nicht empfohlen, außer bei entsprechender Komorbidität (z.B. arterielle Hypertonie, KHK, Linksherzinsuffizienz, Arrhythmien).
Die Auswahl der Medikamente für eine gezielte Therapie richtet sich danach, ob kardiopulmonale Begleiterkrankungen bestehen. Alle Patienten mit derartigen Komorbiditäten sollten zu Beginn eine Monotherapie mit einem Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA) oder einem Phosphodiesterase(PDE)-5-Hemmer erhalten. Im Rahmen von regelmäßigen Verlaufskontrollen ist die Therapie ggf. anzupassen.
Patienten ohne weitere Herz-Kreislaufkrankheiten werden wie oben beschrieben in Risikogruppen eingeteilt. Bei initial niedrigem oder intermediärem Risiko besteht die Therapie der Wahl in einer Kombination aus ERA und PDE-5-Hemmern, bevorzugt Ambrisentan/Tadalafil oder Macitentan/Tadalafil. Halten oder erreichen die Patienten im Therapieverlauf ein niedriges Risiko, kann die Behandlung unverändert fortgeführt werden. Tragen sie unter Therapie ein intermediär-niedriges Risiko, empfehlen die Fachgesellschaften, Selexipag zu ergänzen und/oder den PDE-5-Hemmer auf Riociguat zu wechseln.
Bei Patienten mit intermediär-hohem oder hohem Risiko unter Therapie wird die Hinzunahme von einem parenteralen Prostanoid oder die Evaluation für eine Lungentransplantation empfohlen. Patienten mit bereits initial hohem Risiko sollten eine Dreifachtherapie aus ERA, PDE-5-Hemmer und parenteralem Prostanoid erhalten.
Quelle: Pizarro C et al. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 1491-1497; DOI: 10.1055/a-2012-0430
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