Cartoon Medizin und Markt

Mikrobiomtransfer und Früherkennung durch Biomarker

Dr. Claudia Schöllmann

Ein Grund, sich auf die Früherkennung der GvHD zu fokussieren, sei es, präemptiv behandeln zu können, so Prof. Holler. Ein Grund, sich auf die Früherkennung der GvHD zu fokussieren, sei es, präemptiv behandeln zu können, so Prof. Holler. © Stanislau – stock.adobe.com

Prof. Dr. Ernst Holler, Universitätsklinikum Regensburg, widmete sein Berufsleben der Vorbeugung und Behandlung von Abstoßungsreaktionen nach alloHSCT. Anlässlich der Jahrestagung der EMBT sprach er mit Medical Tribune über Fortschritte in Prävention und Therapie der GvHD, bestehende Problemfelder und Therapieansätze.

Wo sehen Sie Fortschritte in der Prävention und Behandlung der Graft-versus-Host-Disease? 

Prof. Dr. Ernst Holler: Im Hinblick auf die Prophylaxe der GvHD hat die Verabreichung von Cyclophosphamid nach der Transplantation erhebliche Fortschritte gebracht – nicht nur, weil dies die haploidente Transplantation ermöglicht, sondern auch, weil bei HLA-identer Transplantation die GvHD-Inzidenz rückläufig ist. Jüngst sind neue Medikamente hinzugekommen: Die α4β7-Integrin-Hemmung mit Vedo­lizumab und die Kostimulationsblockade mit Abatacept werden die Inzidenz der akuten und hoffentlich auch chronischen GvHD zukünftig weiter senken helfen. Diesen Trend sehen wir auch in unserem MAGIC-Konsortium, das sich der Validierung von GvHD-Biomarkern widmet. Prospektive Biomarker-Messungen bei 4.000 Erkrankten zeigen eine Inzidenz der behandlungsbedürftigen GvHD von 29 % an. Im Jahr 2015 hatte der Wert noch bei 40 % gelegen. In puncto Therapie der ­aGvHD und ­cGvHD war zweifelsfrei die Zulassung von Ruxolitinib zur Zweitlinientherapie ein Meilenstein. Zukünftig versprechen auch ROCK-Inhibitoren wie Belumosudil Erfolge. 

Warum ist die GvHD trotzdem noch ein relevantes Problem? 

Prof. Holler: Ein Grund ist die klassische Behandlungsfolge, die stets mit Kortikosteroiden beginnt. Nach einer gewissen Zeit ist die Hälfte der Behandelten refraktär – eine Situation, die mit hoher Mortalität und Morbidität einhergeht. Das liegt zum einen daran, dass bei eintretender Refraktärität bereits ein erheblicher Gewebeschaden vorliegt, der schwer zu regenerieren ist. Zum anderen bedeutet Steroidrefraktärität ja nicht, dass Steroide abgesetzt werden, sondern dass Betroffene wahrscheinlich langfristig Steroiden ausgesetzt sein werden – mit allen bekannten Nebenwirkungsfolgen. 

In welchem Ausmaß beeinflusst die GvHD die Lebensqualität?

Prof. Holler: Erkrankte mit schwerer ausgeprägter aGvHD sind häufig hospitalisiert – was bereits nahelegt, dass die Lebensqualität stark beeinträchtigt ist. Bei der cGvHD liegt die größte Problematik in der Langzeitmorbidität, die die Möglichkeit zur körperlichen Aktivität einschränkt und die Gefahr der sozialen Iso­lation und Berufsunfähigkeit birgt. Für ex­trem wichtig halte ich, dass Betroffene Zugang zu speziali­sierten Zentren erhalten. Leider werden immer noch zu viele Erkrankte zunächst extern behandelt; wenn sie schließlich doch im Zentrum vor­gestellt werden, ist die GvHD meist weit fortgeschritten. 

Patient:innen können zudem selbst etwas tun, um ihre Lebensqualität zu verbessern. Das betrifft körperliche Aktivität, gesunde Ernährung und das Vermeiden sozialer Isolation. Wichtig sind auch Selbsthilfegruppen. Leider gibt es bisher erst wenige Angebote, die die speziellen Bedürfnisse nach allogener Transplantation berücksichtigen. Wir errichten derzeit in Ostbayern ein eigenes Sportzentrum für Langzeitpatient:innen in der Onko­logie und nach Transplan­tation. Solche Angebote gibt es aber bisher nicht flächendeckend.

Welche Therapieansätze sehen Sie für die Zukunft? 

Prof. Holler: Spannend ist der fäkale Mikrobiomtransfer. Bei der EBMT-Tagung vorgestellte Studiendaten belegen, dass damit bei der ruxo­litinibrefraktären GvHD bis zu 40 % Ansprechen erreichbar sind, in der Primärtherapie der Darm-GvHD sogar bis zu 80 %. Eigene Forschung zeigt allerdings, dass wir weit davon entfernt sind, das Wirkprinzip zu verstehen. Sind es multiple protektive Metaboliten, die die Bakterien produzieren? Unsere aktuellen, mit dem Basic Science Award ausgezeichneten Daten, legen nahe, dass die Bakterien stark von Phagen – also speziellen Viren – abhängen, die z.T. metabolische Aktivität in die Bakterien übertragen. Da ist noch eine ganze Welt, die es zu erforschen gilt.

Ein weiterer Ansatz liegt in der Früherkennung der GvHD durch Biomarker. Wenn wir früh wissen, ob eine GvHD auftreten und ob sie einen schweren Verlauf nehmen wird, kann die Therapie darauf abgestimmt werden. Deshalb sucht das MAGIC-Konsortium nach Bio­markern für die aGvHD und zunehmend auch für die cGvHD, die eine solche Differenzierung erlauben. Denn bei behandlungsbedürftigen Patient:innen sollten wir nicht primär Steroide geben und bis zur Refraktärität warten, sondern früh, evtl. sogar präemptiv, neuere Medikamente allein oder kombiniert mit Steroiden verabreichen. In diese Richtung sollte die Forschung gehen.

Quelle: Interview – Novartis  Pharma GmbH

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Ein Grund, sich auf die Früherkennung der GvHD zu fokussieren, sei es, präemptiv behandeln zu können, so Prof. Holler. Ein Grund, sich auf die Früherkennung der GvHD zu fokussieren, sei es, präemptiv behandeln zu können, so Prof. Holler. © Stanislau – stock.adobe.com