
Mikroskopische Kolitis so häufig wie Crohn
Als Leitsymptom der mikroskopischen Kolitis gelten wässrige Durchfälle ohne Blutbeimengungen. Sie setzen in bis zu 40 % der Fälle akut ein und können den Patienten nachts aus dem Schlaf reißen, aber auch Bauchschmerzen, imperativen Stuhldrang und Inkontinenz auslösen.
Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 50 bis 60 Jahren, Frauen sind viermal häufiger betroffen als Männer, schreiben Professor Dr. Stephan Miehlke vom Magen-Darm-Zentrum Hamburg und seine Kollegen.
Kein erhöhtes Karzinomrisiko!
Die mikroskopische Kolitis verläuft meist chronisch rezidivierend, kann aber auch spontan ausheilen. Sie führt im Gegensatz zu Crohn und C. ulcerosa nicht zu strukturellen Veränderungen und erhöht nach bisheriger Kenntnis auch nicht das Karzinomrisiko. Betroffene leiden vermehrt unter Autoimmunerkrankungen (Gelenk- und Schilddrüsenleiden, Zöliakie, Diabetes).
Zur Pathogenese nimmt man an, dass intraluminale Agenzien wie Gallensäure und Darmbakterien eine Rolle spielen. Möglicherweise ist auch der Dünndarm involviert, schließlich weist etwa ein Drittel der Patienten dort pathologische Veränderungen auf. Außerdem bildet sich die mikroskopische Kolitis nach Ileostomie vollständig zurück.
Rauchen wichtiger Risikofaktor
Als wesentlicher Risikofaktor stellte sich das Rauchen heraus. In einer schwedischen Studie konsumierten 37 % der Kolitispatienten Nikotin, aber nur 17 % der Kontrollen, was einem dreifach erhöhten Risiko entspricht. Besonders groß war der Unterschied mit einer OR von 4,5 bei jüngeren Patienten.
Raucher erkrankten im Schnitte 14 Jahre früher als Nichtraucher. Deshalb wird man Betroffenen auf jeden Fall zum Tabakverzicht raten, auch wenn noch nicht feststeht, ob dies die Darmentzündung günstig beeinflusst.
Leicht mit Reizdarm verwechselbar
Aufgrund des erheblichen Leidensdrucks sollte die Diagnose möglichst früh gestellt werden, was jedoch nicht immer einfach ist. Schon die Abgrenzung vom diarrhö-dominanten Reizdarm fällt angesichts überlappender Symptome vielfach schwer – immerhin erfüllt fast die Hälfte der Kolitis-Patienten die ROM-II-Kriterien für einen Colon irritabile.
Diagnosesicherung durch SchleimhautbiopsienDie Diagnose stützt sich auf die Analyse von Schleimhautbiopsien, von denen jeweils mindestens eine im Colon ascendens, transversum und descendens entnommen werden sollte, um die charakteristischen Veränderungen nicht zu übersehen.
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Die Behandlung richtet sich nach Symptomen, Schweregrad und Leidensdruck. Eine Wirksamkeit wurde in randomisierten placebokontrollierten Studien bisher nur für orales Budesonid gezeigt. Am besten belegt ist der Effekt für die kollagene Kolitis, bei ihr ließen sich durch eine sechs- bis achtwöchige Kurztherapie (Tagesdosis 9 mg) Remissionsraten von 80 % erzielen – bei Nebenwirkungen auf Placeboniveau. Zwei kleinere Studien ergaben für die lymphozytäre Kolitis ähnliche Ergebnisse.
Allerdings zeigen 60 bis 80 % der Patienten einen rezidivierenden Verlauf. Wenn es nach der Kurztherapie mit Budesonid zum Rückfall kommt, kann eine etwas niedriger dosierte Halbjahresbehandlung (Tagesdosis 6 mg) die klinische Remission in 75 % der Fälle erhalten, die Relapse-Rate nach dem Absetzen wird jedoch nicht beeinflusst. Als Risikofaktoren für ein Rezidiv nach der Kurztherapie gelten eine hohe Stuhlfrequenz (> 5/Tag) und lange Anamnese (> 1 Jahr).
Budesonid kurzfristig und als Rezidivprophylaxe
Auch Prednisolon, Probiotika, ein Boswellia-serrata-Extrakt sowie Mesalazin (3 g) wurden bei der mikroskopischen Kolitis untersucht, erwiesen sich aber bisher nicht als effektiv. Leichte Beschwerden lassen sich eventuell allein mit Antidiarrhoika wie Loperamid in Schach halten, bei schwereren Symptomen können diese additiv hilfreich sein. Gegen den mit der mikroskopischen Kolitis häufig verbundenen Gallensäureverlust setzt man empirisch Colestyramin ein.
Immunsuppressiva wie Azathioprin und 6-Mercaptopurin sind aufgrund widersprüchlicher Daten bisher nicht zu empfehlen. Zum Einsatz von Biologika (Adalimumab, Infliximab) belegen Kasuistiken eindruckvolle Erfolge bei therapierefraktären Patienten. Als Ultima Ratio kommt eine Ileostomie infrage, falls sich ausgeprägte Diarrhöen anderweitig nicht stoppen lassen.
Quelle: Stephan Miehlke et al., Z Gastroenterol 2013; 51: 1389-1394
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