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Mittelohrentzündung: Antibiotika oder nicht?
Überwiegend handelt es sich bei Patienten mit Mittelohrentzündung um Kinder. Nach einer aktuellen Erhebung aus Ost- und Westdeutschland beträgt die kumulative Prävalenz der Otitis media in den ersten sechs Lebensjahren 61,4 % mit Raten von je über 30 % im zweiten und dritten Lebensjahr.
Brenzlige Fälle, bei denen Komplikationen wie zum Beispiel eine Mastoiditis eine Klinikeinweisung erfordern, treten insgesamt selten auf und betreffen meist Kleinkinder zwischen dem 13. und 18. Lebensmonat. In der Regel haben Kinder mit Mittelohrentzündung
Mittelohrentzündung: Zwei Drittel unter sechs Jahren
Chronische Otitis: Tubae-Probleme? |
Während Kinder mit akuter Mittelohrentzündung meist eine gute Tubenfunktion aufweisen, besteht das Problem bei chronischer Otitis media in einer mangelhaften Belüftung. Anhaltende frühkindliche Tubenven-tilationsstörungen, z.B. durch große Rachenmandeln, behindern die Mastoidpneumatisation. Klinisch besteht ein nicht heilender Trommelfelldefekt mit eitrigem Ausfluss über mehr als drei Monate. Als Sonderform gilt das Cholesteatom. Ebenfalls infolge einer mechanischen Einengung der Mündung der Tuba Eustachii im Rachen kann es zum Seromukotympanon kommen – mit Ansammlung seröser und/oder muköser Flüssigkeit. Als klinisches Korrelat nennen die DEGAM-Autoren ein Druckgefühl mit Hörminderung (oft beidseitig). |
Als häufigste bakterielle Erreger einer Mittelohrentzündung nennt die Leitlinie Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae und Moxarella catarrhalis. Studien zufolge treiben aber auch oft Viren – RS-, Influenza-, Parainfluenza- und Enteroviren – ihr Unwesen in den schmerzenden Kinderohren. Bei beidseitiger Otitis kann man eher von einer bakteriellen Genese ausgehen, informieren die DEGAM-Autoren. In diesem Fall ist mit höheren Erfolgsaussichten einer antibiotischen Therapie zu rechnen.
Zur DEGAM-Therapiestrategie: Die unkomplizierte akute Otitis media bei Patienten ohne Risikofaktoren soll zunächst nur symptomatisch mit Analgetika behandelt werden: Man gibt Paracetamol (maximal 60 mg/kg KG täglich) oder Ibuprofen (20–30 mg/kg KG täglich) – jeweils verteilt auf 3–4 Dosen. Selbst Kinder mit Fieber oder Erbrechen dürfen in den ersten 24 bis 48 Stunden ohne Antibiotika bleiben und nur sorgsam beobachtet werden.
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Therapie: Schonend mit Paracetamol
Das bedeutet allerdings: Die Eltern sind eindringlich über Zeichen einer möglichen Verschlechterung aufzuklären und man muss sich auf sie verlassen können, dass sie im gegebenen Fall ihr Kind kurzfristig wieder vorstellen.
Wenn es nicht möglich ist, das Kind innerhalb von 48 Stunden erneut zu begutachten (Wochenende) empfehlen die Experten, vorsorglich ein Antibiotikum-Rezept auszustellen und den Eltern mitzugeben – ausführliche Aufklärung und gute Mitarbeit der Eltern vorausgesetzt.
Klagt ein an Otitis media erkranktes Kind trotz Ihrer Analgetika-Therapie nach 48 Stunden noch über Schmerzen, sollte es ein Antibiotikum erhalten:
- Amoxicillin 50 mg/kg KG/Tag in 2–3 Einzeldosen über sieben Tage (1.Wahl) oder
- Cephalosporin der Gruppe 2, etwa Cefuroximaxetil 20–30 mg/kg KG/Tag oral (2.Wahl) oder
- ein Makrolid z.B. Erythromycin bei Penicillin- bzw. Cephalosporin-Allergie.
Antibiotikum sofort! |
Bei folgenden Patienten mit erhöhtem Risiko gibt man gleich ein Antibiotikum:
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Die Dosis von Amoxicillin darf auf 80–90 mg/kg KG/Tag erhöht werden, wenn Kinder im vergangenen Monat bereits Ampicillin erhalten oder sich in einem Land mit hohen Penicillin-Resistenz-Raten aufgehalten haben
Antibiotika bei fehlender Besserung
. Wenn nach abgeschlossener antibakterieller Therapie immer noch Beschwerden bestehen, sollte der Allgemeinarzt einen HNO-Fachkollegen hinzuziehen, raten die DEGAM-Autoren. Gleiches gilt für den Fall, dass sich der Zustand des Kindes unter der Antibiotikatherapie verschlechtert. In bestimmten Fällen – bei Patienten mit erhöhtem Risiko – muss allerdings von vornherein eine antibiotische Therapie erfolgen (s. Kasten). Bei „Grenzfällen“ (Säuglinge von 6–24 Monaten, die nicht schwer krank sind) kann eventuell bei engmaschiger Befundkontrolle (24 Stunden!) zunächst auf Antibiotika verzichtet werden.
Quelle: Leitlinie AWMF-Registernummer 053/009w
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