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Neurologisches Koma - Leben retten mit einer Spritze
Es gibt eine Faustregel, um ein neurologisch verursachtes Koma klinisch zu identifizieren: das Vorhandensein von
• lateralisierenden Zeichen und/oder
• Hirnstammzeichen und/oder
• eines Meningismus und/oder
• eines Anfallsmusters.
Im tiefen Koma kann allerdings der Meningismus fehlen, berichtete Dr. Olaf Eberhardt von der Klinik für Neurologie im Städtischen Klinikum München Bogenhausen beim Internistenkongress. Eine Bewusstseinsstörung ohne die genannten Zeichen kann aber bei nonkonvulsivem Status epilepticus bzw. im postiktalen Zustand bestehen, ferner bei Raumforderungen mit sehr langsamer Zunahme oder einer bilateralen Thalamusläsion.
Thrombose oder Hirnblutung: Jede Minute zählt
Umgekehrt ist es möglich, dass metabolische Entgleisungen, wie eine Hypoglykämie oder Hyponatriämie, fokale Zeichen auslösen und so ein neurologisch verursachtes Koma imitieren.
Bei Patienten mit neurologisch bedingter Bewusstlosigkeit kann – die rasche Reaktion des erstversorgenden Arztes vorausgesetzt – der Verlauf dramatisch beeinflusst werden: So beträgt zum Beispiel bei einer Basilaristhrombose die Letalität ohne Behandlung 40–80 %, durch eine Lyse-Therapie innerhalb von maximal 24 Stunden lässt sich die Rate tödlicher Verläufe auf unter 20 % senken, so der Neurologe.
Rate der tödlichen Verläufe mit Coiling, Lyse oder medikamentöser Therapie mindern
Gleiches gilt für Hirnblutungen, wie im Fall einer 41-jährigen Frau. Diese war aus voller Gesundheit plötzlich blass geworden, hatte über starke Kopfschmerzen geklagt und dann einen generalisierten tonisch-klonischen Krampfanfall entwickelt. Ursache war eine Blutung aus einem 1,8 x 1,5 cm messenden Media-Aneurysma gewesen, das mittels zweimaligem Coiling behandelt wurde.
Eine plötzlich auftretende Blutung, deren | Durch zweimaliges Coiling |
In einem weiteren Fall, den Dr. Eberhardt schilderte, war die intravenöse Gabe von Aciclovir auf Verdacht vermutlich lebensrettend: Am Vorabend noch gesund bot die Patientin Krampfanfälle und fiel ins Koma, aber im kranialen Computertomogramm konnten die Ärzte der Klinik zunächst keinerlei Auffälligkeiten entdecken. Dafür bemerkten sie, dass die Patientin Fieber hatte.
Bei Aphasie und Verwirrtheit plus Fieber Aciclovir auf Verdacht injizieren
Das unter Valproat angefertigte EEG zeigte ein Anfallsmuster und einen temporalen Herdbefund. Da die Kollegen eine Herpes-Enzephalitis als Ursache des Komas in Erwägung zogen, behandelten sie auf Verdacht mit intravenösem Aciclovir – eine richtige Entscheidung. Die HSV-1-PCR im Liquor ergab 1000 Kopien/l und das MRT zeigte eine passende rechts temporale Läsion.
Die Herpes-Enzephalitis wird wahrscheinlich unterschätzt, erklärte der Referent. Das Krankheitsbild hat eine sehr schlechte Prognose, vor allem bei verzögert einsetzender Therapie. In der Kernspintomographie treten entsprechende Veränderungen mit bis zu zwei Tagen Verspätung auf. Daher die Faustregel: Wenn bei einer unklaren Bewusstseinsstörung mit Aphasie und Verwirrtheit Fieber besteht, ist es ratsam, Aciclovir i.v. zu geben, bis man per Liquordiagnostik und Magnetresonanztomographie die Herpes-Enzephalitis ausgeschlossen hat. „Das Medikament ist unter Beachtung der Dosisanpassung an die Nierenwerte gut verträglich“, erklärte Dr. Eberhardt.
Fotos: Dr. Olaf Eberhardt, Klinik für Neurologie im Städtischen Klinikum München Bogenhausen
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