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Nur ein komorbider Reflux?

Eosinophilie ist in der Pneumologie kein neues Thema, spielt sie doch bei Allergien, Asthma und COPD eine Rolle. Die eosinophile Ösophagitis (EoE) haben die Fachkollegen dagegen eher nicht auf dem Radar, konstatierte der in Burbach niedergelassene Gastroenterologe Prof. Dr. Joachim Labenz. Die EoE ist eine chronische immunvermittelte Erkrankung, bei der es zur Infiltration der Schleimhaut mit eosinophilen Granulozyten kommt. Die Betroffenen klagen vor allem über Schluckstörungen und retrosternales Brennen. Wird die Krankheit nicht erkannt und behandelt, drohen relativ rasch Strikturen. Nach fünf Jahren diagnostischer Latenz weisen bereits 39 % der Patienten diese Veränderungen auf. Vor allem bei Kindern kann es zu Ernährungsproblemen und ggf. Gedeihstörungen kommen.
Experten gehen von hoher Dunkelziffer aus
Nach Aussage von Prof. Labenz wird die EoE offenbar häufig übersehen. Die deutsche Leitlinie von 2023 geht von ca. 28.500 Betroffenen aus. Folgt man den Daten einer populationsbasierten Studie aus Schweden, in der 1.000 Erwachsene endoskopiert und im Bereich des distalen Ösophagus ausreichend biopsiert wurden, muss man jedoch in 1,1 % der Fälle mit einer EoE rechnen. Dies würde in Deutschand ca. 660.000 erwachsenen Patienten entsprechen.
Wird eine EoE tatsächlich erkannt, liegen zwischen den ersten Symptomen und der Diagnose oft viele Jahre. Registerdaten aus der Schweiz besagen, dass im Durchschnitt vier Jahre ins Land gehen, bei jedem dritten Patienten dauert es sogar mehr als zehn Jahre, bis die Diagnose EoE steht – und daran hat sich in den letzten 30 Jahren nichts geändert. „In Deutschland ist dies sicherlich nicht ganz anders“, kommentierte Prof. Labenz.
Ein Grund für die Unterdiagnostik könnte sein, dass Patienten wegen ihrer Dysphagie gar nicht zum Arzt gehen, weil sie Kompensationsmechanismen – z.B. die Nahrung gut kauen – entwickelt haben. Retrosternales Brennen deuten Kollegen meist als Refluxkrankheit und verordnen rasch einen Protonenpumpeninhibitor. Der aber kann sowohl das endoskopische als auch das histologische Bild einer EoE „maskieren“, warnte der Kollege. In der Notfallsituation Bolusobstruktion werden vom Endoskopeur zumeist keine Biopsien entnommen. Ein weiterer Grund: Viele kennen die Krankheit eosinophile Ösophagitis gar nicht, so Prof. Labenz. „Und man diagnostiziert nur das, was man kennt.“
Wichtige Differenzialdiagnosen
- gastroösophageale Refluxkrankheit
- eosinophile Gastroenteritis
- medikamentös induzierte Ösophagitis
- parasitär bedingte Krankheiten
- Infektionen durch z.B. Herpesviren oder Candida
- Kollagenosen
- Morbus Crohn
- Hypereosinophiles Syndrom
Wecken die Symptome des Patienten den Verdacht, dass eine EoE vorliegen könnte, sollte eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie erfolgen und der EREFS** erhoben werden. Dieser erfasst Exsudate, Ringe, Ödeme, Furchen und Strikturen. Außerdem sind mindestens sechs Biopsien aus der Speiseröhre zu entnehmen. Von einer EoE ist auszugehen, wenn im histologischen Präparat mehr als 15 Eosinophile pro Hauptgesichtsfeld ( > 60/mm2) zu erkennen sind. Nur höchst selten stecken andere Ursachen (s. Kasten) hinter der Eosinophilie, so die Erfahrung des Gastoenterologen.
Labor liefert lediglich unspezifische Befunde
Das Labor hat in der EoE-Diagnostik nur einen geringen Stellenwert. In ca. 50 % der Fälle findet man eine leichte Eosinophilie, zu etwa 70 % ist das IgE erhöht. „Das sind aber unspezifische Befunde.“ Hauttests spielen überhaupt keine Rolle.
Behandelt wird die aktive EoE nach dem 3-D-Prinzip: Diät, Drugs, Dilatation. Mit der Diät versucht man relevante Nahrungsmittelallergene, falls sie denn identifiziert werden konnten, zu meiden. Allein mit der Elimination eines Nahrungsmittels – z.B. Milch oder Weizen – kann man in 50 % der Fälle eine Besserung erzielen. Allerdings ist dafür eine hohe Adhärenz erforderlich.
Risikofaktoren der EoE
- männliches Geschlecht
- PPI-Gebrauch, GERD, Refluxsymptome
- Asthma
- allergische Erkrankungen
- Verwandte ersten Grades mit EoE
Ein besonders hohes Risiko besteht bei der Konstellation jüngeres Lebensalter + männlich + Nahrungsmittelallergie + hohe Eosinophilenzahl
PPI haben einen Effekt auf die Integrität der Ösophagusschleimhaut. Ihr Nutzen bei der EoE ist aber nicht in randomisierten kontrollierten Studien nachgewiesen. Es fehlen valide Langzeitdaten und daher fehlt auch eine Zulassung in dieser Indikation.
Steroidtherapie zeigt gute Wirksamkeit
Topische Steroide sind bei der EoE am besten wirksam. Die Induktionstherapie kann mit Budesonid 2 x 1 mg/d erfolgen. Der Effekt wird nach 8–12 Wochen klinisch, endoskopisch und histologisch überprüft. Ist alles unter Kontrolle, erfolgt die Dosisreduktion auf 2 x 0,5 mg/d. Weitere Kontrollen erfolgen alle 1–2 Jahre. Bei Therapieversagern bzw. weiter schwelender histologischer Aktivität, kommt der IL-4/13-Antikörper Dupilumab zum Einsatz. Ein Absetzen der EoE-Therapie führt prompt zum Rezidiv, die Strikturrate steigt. Klinisch relevante Strikturen werden mittels Ballon dilatiert oder bougiert. Der Effekt hält etwa ein Jahr an.
* Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft für die Therapie von Lungenkrankheiten
** endoscopic reference score
Quelle: 8. Kongress der WATL* – Webinar
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