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Cartoon Medizin und Markt
Phytotherapie zur Behandlung von funktionellen gastrointestinalen Beschwerden bei Kindern

Daher riet er, sich bei der Erstdiagnose ausreichend Zeit zu nehmen – auch um Eltern das Gefühl zu geben, dass man die Beschwerden des Kindes ernst nimmt. Gleichzeitig betonte er: „In den meisten Fällen kann eine organische Ursache der Bauchschmerzen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen und die Diagnose einer funktionellen Störung gestellt werden.“
Chronische Bauchschmerzen bei Kindern abklären
Hintergrund chronischer Bauchschmerzen können eine Vielzahl abdomineller, aber auch extraabdomineller und systemischer Störungen wie z. B. chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Zöliakie oder metabolische Erkrankungen sein.1,2 „Mithilfe von
Anamneseerhebung, kompletter körperlicher Untersuchung sowie nach Durchführung einer sinnvollen, effizienten und fokussierten Basisdiagnostik können organische Erkrankungen ausgeschlossen und die Diagnose einer funktionellen Störung gestellt werden“, erklärte der Kinder- und Jugendgastroenterologe. Den Rom-IV-Kriterien zufolge werden bei funktionellen Abdominalbeschwerden mit Bauchschmerzen vier Hauptformen differenziert: funktionelle Dyspepsie, Reizdarmsyndrom, funktioneller Bauchschmerz (nicht anderes spezifiziert) und abdominelle Migräne.2-4 Däbritz betonte: „Bei unauffälliger Basisdiagnostik sollte eine weiterführende Spezialdiagnostik unterbleiben. Mit der positiven Diagnosestellung eines Reizdarm-syndroms oder einer anderen funktionellen Störung kann dies den Familien am besten vermittelt und ein Ärztehopping oder eine Überdiagnostik vermieden werden.“
Phytotherapeutika in der pädiatrischen Praxis
„Zur Therapie von funktionellen gastrointestinalen Beschwerden bei Kindern können Phytopharmaka eine gute Option sein. Bis auf wenige Ausnahmen können sie bis zum Alter von zwölf Jahren zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) verordnet werden“, erklärte Dr. Slim Saadi, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Kindergastroenterologie und Ernährungsmedizin sowie Neonatologie, München.
„Bei einer Vielzahl von Beschwerden wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Völlegefühl, Blähungen sowie krampfartigen Bauchschmerzen und Reizdarmsyndrom kommen eine Reihe an Pflanzenauszügen zum Einsatz – darunter Zubereitungen aus Fenchel-, Anis- oder Kümmelfrüchten, Kamillenblüten und Melissenblättern“, so Saadi und ergänzte: „Allerdings ist die Datenlage zum Einsatz der Phytotherapeutika meist unzureichend.“ Er präsentierte vor diesem Hintergrund ein 2022 erschienenes Review, das die Wirksamkeit von Phytopharmaka bei pädiatrischen funktionellen abdominellen Beschwerden untersuchte.5 Von den eingeschlossenen Zubereitungen Pfefferminzöl, Fenchel, Süßholzwurzel, STW 5 (Iberogast® Classic), Cannabis und Ingwer konnte nur für drei Optionen eine positive Aussage getroffen werden.
So konnte die Wirksamkeit von Pfefferminzöl bei funktionellen dyspeptischen Beschwerden in zwei placebokontrollierten Studien belegt werden. Als Nebenwirkung trat unter Pfefferminzöl häufiger gastroösophagealer Reflux auf.6,7 Für Fenchel konnte in vier randomisierten kontrollierten Studien eine Reduktion von Schrei-Episoden bei Säuglingskoliken gezeigt werden. Es gibt aber keine Studien zum Einsatz von Fenchel bei funktionellen Bauchschmerzen. In allen Studien war Fenchel gut verträglich.8-12
In einer großen prospektiven Beobachtungsstudie mit 980 Kindern und Jugendlichen (3-14 Jahre) wurde STW 5 bei funktionellen gastrointestinalen Störungen untersucht. Das Phytopharmakon enthält Auszüge aus Iberis amara, Süßholzwurzel, Kümmelfrüchten, Pfefferminz- und Melissenblättern, Kamillenblüten, Angelikawurzel, Schöllkraut sowie Mariendistelfrüchten und ist zugelassen zur Behandlung von Kindern ab drei Jahren.13 Die Vollpublikation der Ergebnisse erschien im August 2022. Nach einer Woche waren 36 Prozent der Kinder symptomfrei und beendeten die Therapie; 55 Prozent nahmen STW 5 über die Beobachtungsphase hinaus weiter ein. Für 88,6 Prozent der Kinder gaben die behandelnden Ärztinnen und Ärzte einen guten bis sehr guten Behandlungserfolg an. STW 5 war sicher und gut verträglich.14
„STW 5 und Pfefferminzöl gehören neben der Behandlung nach dem bio-psycho-sozialen (BPS) Modell, Beeinflussung des Mikrobioms u. a. zum Arsenal der Therapieansätze bei funktionellen gastrointestinalen Beschwerden im Kindesalter“, resümierte Saadi.
Quelle: Symposium „Von der Praxis in die Praxis: Diffuse Bauchschmerzen bewerten und behandeln“, im Rahmen des Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V., Hamburg, 23. September 2023; Veranstalter: Bayer Vital GmbH
1 Claßen M et al. Dtsch Arztebl Int 2022; 119(41): 697–708
2 Ortner GR & Claßen M. Monatsschr Kinderheilkd 2022; 170: 560–570
3 Hyams JS et al. Gastroenterology 2016; S0016-5085(16)00181-5
4 Knoppen I et al. Expert Rev Gastroenterol Hepatol 2017;11(3):193-201
5 Cherry RN et al. Children 2022; 9: 1266
6 Kline RM et al. J Pediatr 2001; 138: 125–128
7 Asgarshirazi M et al. Red Crescent Med J 2015; 17, e23844
8 Anheyer et al. Pediatrics 2017; 139, e20170062
9 Duygu A et al. J Clin Nurs 2008; 17: 1754–1761
10 Alexandrovich I et al. Ther Health Med 2003; 9: 58–61
11 Savino F et al. Phytother Res 2005; 19: 335–340
12 Weizman Z et al. J Pediatr 1993; 122, 650–652
13 Fachinformation Iberogast® Classic, Stand November 2021
14 Radke M et al. Complementary Ther Med 2022; 71: 102873
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