Rotatorenmanschette gerissen: Auch 80-Jährige noch zur Op?

Dr. Carola Gessner, Foto: thinkstock

Die Schulterschmerz-Ursache steht fest, das MRT zeigt einen Defekt in der Rotatorenmanschette. Wann wird operiert? Hohes Alter spielt bei der Entscheidung keine Rolle.

Landet ein Patient, der über Schulterschmerzen klagt, irgendwann in der Kernspinröhre, findet sich v.a. bei älteren Personen nicht selten ein Defekt in der Rotatorenmanschette. Eiliger Therapie-Entscheidungen bedarf es in den meisten Fällen nicht.


Es sei denn, es handelt sich um einen jüngeren Patienten mit frischem Trauma: Je nachdem, welcher Teil der Rotatorenmanschette betroffen ist, sollte man die Op.-Indikation früh stellen, um keinen irreversiblen Funktionsverlust zu riskieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Muskel sich zurückzieht und es zur fettigen Degeneration kommt.

Großer Defekt und kraftloser Arm sind Op.-Argumente


Drop Arm Sign: Wenn der Arm nicht aktiv gehalten werden kann, spricht dies für eine größere Ruptur der Rotatorenmanschette.

Foto: MT-Archiv

„Beim M. subscapularis, der 50 % der Kraft der Rotatorenmanschette liefert, würde ich keine sechs Wochen warten, um die Läsion zu versorgen“, erklärte Dr. Jürgen Gröber vom Diakonie-Klinikum Stuttgart – Orthopädische Klinik Paulinenhilfe.


In anderen Fällen besteht die Indikation zum Eingriff, wenn die Beschwerden trotz aller konservativer Maßnahmen persistieren.


Gleiches gilt für funktionelle Defizite, die alltägliche Verrichtungen erheblich einschränken. Dann werden auch über 80-Jährige operiert. Was zählt, ist das biologische Alter, betonte der Sportorthopäde und Chirurg.

Passive Gelenkbeweglichkeit steigert Erfolgschancen

Wovon hängen die Erfolgschancen einer Operation noch ab? Neben dem Alter eines Patienten, seinem Funktionsanspruch und seiner Compliance spielt auch die passive Gelenkbeweglichkeit eine Rolle – je größer diese ist, umso besser stehen die Chancen für ein gutes Operationsergebnis.


Die bildgebende Diagnostik liefert weitere prognostische Informationen: Weist der Röntgen-Befund schon eine Omarthrose aus? Wie groß ist der Akromion-Humeruskopf-Abstand im MRT? Fällt Letzterer zu klein aus, heißt das, der Oberarmkopf ist nach oben gestiegen, das Gelenk dezentriert. Fehlt die intakte Muskelmanschette, erläuterte Dr. Gröber, rückt der Humeruskopf nach oben und je länger dieser oben steht, umso schwieriger lässt er sich rezentrieren.


Genaue Information benötigt der Operateur über Ausmaß und Lage einer Ruptur. Partialrupturen müssen näher klassifiziert werden. Der pure MRT-Befund „Partialruptur der Supraspinatussehne“ reicht nicht aus, so der Chirurg.

Lässt sich die Sehne wieder am Ursprungsort befestigen?

Darüber hinaus lässt sich am Retraktionsgrad einer Sehne ablesen, ob eine Operation überhaupt sinnvoll ist. Hat sich beispielsweise die Supraspinatussehne über die Mitte des Humeruskopfes hinaus zurückgezogen, stehen die Erfolgschancen wesentlich schlechter.


Manche Entscheidungen fallen erst intraoperativ. Der Chirurg spürt beim Ziehen mit der Fasszange, ob sich eine Sehne an den Ursprungsort zurückziehen lässt. Bei der Arthroskopie verschafft sich der Operateur einen Überblick und entscheidet dann, wie er vorgeht, denn Rotatorenmanschettenrisse zeigen unterschiedliche Muster.

Postoperativ früh bewegen, aber ohne Außenrotation!

Und so sieht der Zeitplan für die Nachbehandlung aus:

  • ab Op.-Tag: Schulterarmverband, abschwellende Maßnahmen, antiphlogistische Therapie

  • ab 2. postoperativem Tag: hub-arme Bewegungsübungen bis 60 ° bis zur Wundheilung, Übungen auf dem Bewegungsstuhl

  • 3.–4. postoperativer Tag: Entlassung mit Schulterkissen

  • ab 3. Woche: Flexion und Abduktion bis 90 ° (aktiv/assistiv), keine Außenrotation!

  • ab 4. Woche: langsame Steigerung bis 120 °, Verband nur noch nachts

  • ab 6. Woche: Termin in der Schultersprechstunde, Verband ab, intensivere Physiotherapie ohne Bewegungs-Limitation


Das Resümee des Experten: bei der Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion handelt es sich um einen komplikationsarmen Eingriff, der überwiegend arthroskopisch erfolgt. Frühe Versorgung führt in der Regel zu günstigeren Ergebnissen. Und der operative Eingriff stellt auch für ältere Patienten mit degenerativ bedingten Defekten eine Therapieoption dar.

Indikation zur 
operativen Therapie:

Frühzeitig bei jungen, aktiven Patienten

  • Schmerzfreiheit erzielen

  • Kraft und Funktion erhalten

  • Vermeidung von Retraktion und Atrophie bzw. fettiger Degeneration des verletzten Muskels

Nach individueller Indikation bei älteren Patienten

  • bei chronischen Schmerzen

  • bei funktionellen Defiziten

  • bei Einschränkung der Aktivitäten im täglichen Leben

  • bei Scheitern der konservativen Behandlung

  • bei traumatischer Subscapularis-Sehnenruptur


Quelle: 49. Ärztekongress der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg

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