Schon der Verdacht auf ischämische Kolitis verlangt umgehendes Handeln

Dr. Andrea Wülker

Ischämische Kolitis im Bereich des Zökums bei einer 80-jährigen Raucherin. In der Darmwand sind zahlreiche Luftbläschen zu finden. Ischämische Kolitis im Bereich des Zökums bei einer 80-jährigen Raucherin. In der Darmwand sind zahlreiche Luftbläschen zu finden. © doccheck/Dr. Karl-
Heinz Günther

Akute Beschwerden, die im Verlauf zunehmen: Das kennzeichnet die ischämische Kolitis. Sie trifft oft ältere Menschen mit verschiedenen Begleiterkrankungen. Die Mortalität ist hoch, daher muss schon beim Verdacht umgehend die stationäre Einweisung erfolgen.

Eine ischämische Kolitis tritt auf, wenn es zu einer akuten vorübergehenden Einschränkung der Durchblutung kommt, sodass die Nährstoffversorgung des Kolons nicht mehr ausreicht. Die Folge: Schleimhautulzerationen, Inflammation und Blutung, schreiben J. M. Trotter vom Department of Surgery am Scarborough General Hospital und Kollegen.

Verwechslungsgefahr mit einem Mesenterialinfarkt

Der Erkrankung können ganz verschiedene Ursachen zugrunde liegen (s. Kasten) und (ältere) Patienten mit mehreren Begleiterkrankungen sind für die Durchblutungsstörung besonders anfällig, sodass man gemäß der demographischen Entwicklung mit einer zunehmenden Inzidenz rechnen muss. Nicht selten wird die Entzündung mit einem Mesenterialinfarkt verwechselt, einige Parameter können bei der Differenzierung helfen (s. Tabelle).

Häufige Ursachen der ischämischen Kolitis

  • Systemisch: Herzinsuffizienz, SIRS (systemisches inflammatorisches Response-Syndrom), Atherosklerose
  • Embolisch: Vorhofflimmern
  • Thrombotisch: bei malignen und hämatologischen Erkrankungen
  • Chirurgisch: z.B. nach Operation eines Bauchaortenaneurysmas
  • Endoskopisch: Koloskopie oder durch Präparate zur Vorbereitung auf eine Darmspiegelung des Darms auf eine Koloskopie
  • Pharmakologisch: z.B. Chemotherapie, Statine, Diuretika, NSAR, Immunsuppressiva u.a.
Als charakteristisch für die ischämische Kolitis gilt der innerhalb weniger Stunden einsetzende Beginn von kolikartigen Bauchschmerzen, Durchfall und rektaler Blutung. Die Akuität der Beschwerden stellt ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen dieser Form und inflammatorischer oder infektiöser Kolitis dar; bei letzteren setzen die Schmerzen eher schleichend ein. Die ischämische Variante kann zum SIRS (systemisches inflam­matorisches Response-Syndrom) führen, das mit Tachykardie, Hypotonie, Tachypnoe und gelegentlich mit erhöhten Temperaturen ohne infektiösen Herd einhergeht. Manche Patienten entwickeln einen Schock, unbehandelt droht dann das Multiorganversagen.  Mesenterialinfarkt oder ischämische Kolitis?
MerkmalMesenterialinfarktIschämische Kolitis
SymptombeginnPlötzlichInnerhalb von Stunden
UrsacheEmbolieMultifaktoriell
Verlust der BlutversorgungKomplett im betroffenen SegmentTransient
ManifestationHeftige Bauchschmerzen, die nicht im Verhältnis zu den klinischen Befunden stehenModerate Bauchschmerzen, Druckschmerz über dem betroffenen Segment, blutige Durchfälle
TherapieNotfallmäßige OperationMeist konservativ; in einigen Fällen ist ein operatives Vorgehen angezeigt
Beim Verdacht auf diese Kolitis muss eine rasche diagnostische Abklärung erfolgen, wobei die Computertomographie als Methode der Wahl gilt. Das American College of Gastroenterolgy empfiehlt ein CT innerhalb weniger Stunden nach stationärer Aufnahme. Zudem sollte innerhalb von 48 Stunden eine Koloskopie stattfinden, um die Darmschleimhaut genau beurteilen zu können und die Diagnose zu bestätigen. Die Spiegeleung dient auch dazu, diejenigen Patienten zu identifizieren, die möglicherweise eine notfallmäßige Segmentresektion benötigen.

Konservative Behandlung reicht meist aus

Typischerweise finden sich bei der Endoskopie folgende nicht gangränöse transiente Veränderungen: 
  •     petechiale Blutungen
  •     eine ödematöse, leicht verletzliche Mukosa
  •     verstreute Erosionen
  •     ein segmentales Erythem
  •     longitudinale Ulzerationen
  •     deutliche Abgrenzung des betroffenen Segments

Zyanose und Pseudopolypen weisen auf eine transmurale Ischämie hin. Eine spezifische Therapie der ischämischen Kolitis gibt es nicht, die Autoren empfehlen supportive Maßnahmen wie intravenöse Flüssigkeitssubstitution (v.a. bei SIRS von großer prognostischer Bedeutung),  Blasenkatheterisierung und Überwachung des Flüssigkeitshaushalts, Blutgasanalyse zur Beurteilung des Säure-Basen-Haushalts sowie Blutzuckerkontrolle und –monitoring bei Diabetikern. Oft reichen die genannten konservativen Maßnahmen aus, um die Inflammation einzudämmen. Ein chirurgischer Eingriff sollte erwogen werden, wenn radiologische Zeichen einer Perforation, eine generalisierte Peritonitis oder kontinuierliche Blutungen bestehen, die den Kreislauf beeinträchtigen oder wiederholte Transfusionen erfordern. Ohne diese Merkmale entscheidet man individuell über eine Op.-Indikation, falls die konservative Behandlung nicht greift. Entsprechend einer aktuellen Übersichtsarbeit liegt die Mortalität bei Patienten, die aufgrund ihrer ischä­mischen Kolitis operiert werden müssen, mit 37 bis 48 % erheblich höher als bei konservativ behandelten (6,2 %).

Trotter JM et al. BMJ 2016; online first

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Ischämische Kolitis im Bereich des Zökums bei einer 80-jährigen Raucherin. In der Darmwand sind zahlreiche Luftbläschen zu finden. Ischämische Kolitis im Bereich des Zökums bei einer 80-jährigen Raucherin. In der Darmwand sind zahlreiche Luftbläschen zu finden. © doccheck/Dr. Karl-
Heinz Günther