Sport zu selten in die Krebstherapie integriert

Dr. Daniela Erhard

Die Sportschuhe an und los geht's. So einfach könnte man etwas für das Wohlbefinden Krebskranker tun. Die Sportschuhe an und los geht's. So einfach könnte man etwas für das Wohlbefinden Krebskranker tun. © iStock/jongjet303

Bewegung ist gesund – besonders für Krebspatienten. Wie groß der Nutzen eines gezielten Trainings sein kann, zeigt sich unter anderem bei einer chemotherapieinduzierten peripheren Polyneuropathie (CIPN) und bei jungen Erkrankten.

Gangunsicherheiten, Kribbeln, Taubheitsgefühle, manchmal auch Schmerzen – unter den Sym­ptomen einer chemotherapieinduzierten peripheren Polyneuropathie (CIPN) leiden etwa 60 % bis 90 % der Krebskranken. Ein großes Pro­blem nicht nur für die Lebensqualität: „Wird eine CIPN festgestellt, kommt es unter anderem zur Dosisreduktion, der Therapieplan kann so nicht eingehalten werden oder wird sogar abgebrochen“, sagte Dr. Fiona­ Streckmann­, Abteilung Bewegungs- und Trainingswissenschaften von der Universität Basel.1

Die Behandlung der CIPN wäre klinisch also hochrelevant. Doch außer für die inflammatorische Neuropathie gibt es keine kausale Therapie. Eine Ausnahme bilde lediglich die Schmerzreduktion durch Duloxetin, so Dr. Streckmann­. Aktuelle Studien ihrer eigenen Arbeitsgruppe – darunter u.a. eine eingereichte Metaanalyse – deuten darauf hin, dass ein symptomorientiertes sensomotorisches Training nicht nur Gleichgewichtskontrolle, Lebensqualität und neuropathische Symptome signifikant verbessert. Sondern auch einen präventiven Effekt innehat.

Die Referentin empfahl das sensomotorische Training, wobei wichtig sei, dass der Patient immer an seinem Gleichgewichtslimit arbeite, und man so früh wie möglich beginne. „Es ist immer besser, Funktionen zu erhalten, als anschließend zu versuchen, diese wieder herzustellen.“ Schon gar nicht innerhalb kurzer Zeit. Allerdings sehe man selbst bei Patienten mit langjähriger CIPN Fortschritte.

Neun Stunden senken das kardiovaskuläre Risiko

Insgesamt mehr Aktivität – das wäre auch für Krebspatienten unter 40 Jahren sinnvoll, wie die Diplom-Sportwissenschaftlerin Jannike­ Salchow­ vom Universitären Cancer Center Hamburg näher erläuterte.2 „Etwa zwei Drittel leiden an therapiebedingten Folgeerkrankungen.“

Unter anderem sei das Risiko für Zweitmalignome und kardiovaskuläre Erkrankungen erhöht. Letztere treten im Vergleich zur gesunden Bevölkerung um das 5- bis 15-Fache häufiger auf. Gleichzeitig bewegten sich die jungen Betroffenen zu wenig.

Hier zeige die Childhood Cancer Survivor Study, dass Bewegung von neun oder mehr MET(metabolisches Äquivalent)-Stunden pro Woche das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in dieser Gruppe signifikant reduziere. Auch die Gesamtmortalität sank um 40 %, wenn die Patienten ihre intensive Aktivität über acht Jahre erhöhten. Andere Studien belegten positive Effekte auf die Lebensqualität.

Trotzdem erhielten 40 % der jungen Patienten keine Empfehlung zur körperlichen Aktivität, wie eine Studie aus 2020 ergab. „Dabei wären die Voraussetzungen sehr gut“, betonte die Forscherin. Mehr als drei Viertel wünschten sich Unterstützung und 70 % wollten ihre Aktivität gerne erhöhen. Der Großteil interessiere sich für ein individuell angeleitetes Training.

Allerdings fehlen hierfür evidenzbasierte Programme, weshalb sich die Empfehlungen für junge Patienten bislang an den allgemeinen Empfehlungen für Krebsüberlebende orientieren. Im CARE-for-CAYA-Programm wird daher aktuell an 14 Kliniken der Effekt einer bedarfsadaptierten Versorgung speziell für diese Gruppe untersucht.

Quellen:
1. Streckmann F. Neurotoxizität. AGSMO Jahreskongress 2021 (virtuell)
2. Salchow J. Bewegungsinterventionen bei jungen Erwachsenen mit Krebs. A. a. O.

Kongressbericht: AGSMO Jahreskongress 2021 (virtuell)

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