Spritze statt Skalpell

Dr. Susanne Meinrenken

Larynxpapillom im histologischen Schnitt.  
Larynxpapillom im histologischen Schnitt. © JosLuis – stock.adobe.com

Bei etwa 90 % der rezidivierenden Larynxpapillomatosen lassen sich die humanen Papillomviren Typ 6 und Typ 11 nachweisen. Chirurgische Verfahren können Atemnot und Stimmprobleme beheben, allerdings müsste es gar nicht erst so weit kommen. 

Rezidivierende Larynxpapillomatosen treten meist ab dem Jugendalter auf. Den Betroffenen fehlen die notwendigen Antikörper, um das verursachende humane Papillomavirus (HPV) ausreichend bekämpfen zu können. Im Gegensatz zu Erwachsenen, die sich HPV wahrscheinlich über Sexualkontakte einfangen, liegt der juvenilen Form eine perinatale oder in der Kindheit erfolgte Infektion zugrunde. Die Erkrankung gilt als Präkanzerose des Larynxkarzinoms. Ist das Lungen­parenchym mitbeteiligt, besteht auch die Gefahr eines Bronchialkarzinoms.

Bei schweren Verläufen droht Erstickungsgefahr

Wie die rezidivierende Larynxpapillomatose (RLP) individuell verläuft, lässt sich schwer vorhersagen, schreiben PD Dr. Annekatrin­ Coordes von der Klinik für Hals-,
Nasen- und Ohrenheilkunde und ihre Kollegen von der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Je früher die RLP auftritt, desto wahrscheinlicher ist ein aggressiver Verlauf. Dieser erfordert eher notfallmäßige Operationen wegen Luftnot bis zur Erstickungsgefahr.

Im Kindesalter können Symp­tome wie bei einem Krupp-Husten oder Asthma auf die Erkrankung hindeuten. Auch ohne akute Erstickungsgefahr müssen Papillome bei vielen Kindern mehrfach mikrochirurgisch oder mit dem Laser abgetragen werden, um Atemschwierigkeiten zu lindern und die Stimme zu verbessern. Die daraus resultierende Vernarbung kann selbst zu dauerhaften Stimm- und Atemproblemen führen. Eine maligne Entartung lässt sich durch die Operationen nicht verhindern. Patienten mit juveniler RLP kommen zudem seltener in Remission. Ob Rezidive in Folge einer Neuinfektion entstehen oder dadurch, dass sich infizierte Zellen ausbreiten, bleibt unklar. 

Trotz der ungünstigeren Prognose entwickeln insgesamt nur wenige Kinder nach der Virenexposition eine RLP. Warum das so ist, lässt sich nur vermuten, schreiben die Autoren. Denkbar sei ein angeborener Immundefekt, der die selektive Anfälligkeit erhöht. Eine präventive Strategie ergab sich mit Einführung der HPV-Impfung. Bei Kindern, denen die Serumantikörper gegen die beteiligten HPV-Typen 6 und 11 fehlen, kann sie die Bildung von neutralisierenden Antikörpern sowie spezifischen T-Zellen anregen. Die nonavalente HPV-Vakzine deckt z.B. neben den Typen 6, 11, 16 und 18 zusätzlich 31, 33, 45, 52 und 58 ab. 

Eine generelle Impfempfehlung besteht in Deutschland im Alter zwischen 9 und 14 Jahren. In Australien ließ sich bereits ein Rückgang der Inzidenz der juvenilen RLP feststellen. Dort liegt die Impfquote allerdings bei 80 % (31,3 % in Deutschland). 

Die Vakzine eignet sich bedingt auch therapeutisch (off label). Untersuchungen ergaben, dass bei Impfung (zusätzlich zum Standardvorgehen) die Häufigkeit notwendiger Operationen deutlich sinkt. In einer Studie kam es trotz persistierender Infektion bei rund der Hälfte der Kohorte zur Serokonversion. Auch neue Impfstoffe z.B. gegen die Onkopro­teine E6 und E7 erwiesen sich in ersten Analysen als effektiv. Warum manche Patienten auf die Impfungen nicht ansprechen, bleibt zu klären.

VEGF-Hemmer Bevacizumab in Studien bereits erfolgreich 

Zeigen die bereits erwähnten chir­urgischen Maßnahmen keinen ausreichenden Erfolg, können auch medikamentöse Optionen hinzukommen. Das Virostatikum Cidofovir wird zwar – lokal angewendet – oft als wirkungsvoll beschrieben, ist aber u.a. aufgrund schwerer Nebenwirkungen nicht zugelassen. Einen adjuvanten Ansatz für Betroffene mit trachealer oder pulmonaler Beteiligung bietet Bevacizumab, derzeit auch off label. 

Das Wirkprinzip des Biologikums basiert auf der erhöhten VEGF-Expression im Papillomgewebe und den darunter liegenden Endothelzellen. Der Antikörper hemmt den VEGF-Signalweg und erzielte in Studien bereits gute Ergebnisse, internationale Konsensempfehlungen für ihn liegen vor. Ebenfalls in Studien getestet werden derzeit PD-L1*-Antikörper.

*    Programmed cell death ligand-1

Quelle: Coordes A et al. HNO 2023; 71: 77-82; DOI: 10.1007/s00106-022-01250-1

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Larynxpapillom im histologischen Schnitt.  
Larynxpapillom im histologischen Schnitt. © JosLuis – stock.adobe.com