Virus im Griff, Psyche nicht

Das große Ziel in Sachen HIV lautet 90-90-90: 90 % aller Infizierten sollen ihre Diagnose kennen, 90 % eine antiretrovirale Therapie erhalten und 90 % eine Viruslast unter der Nachweisgrenze haben. Einige Länder haben das schon fast geschafft, z.B. die Niederlande. Hier lagen die Raten 2016 bei 89, 92 und 95 %, berichtete Professor Dr. Kees Brinkman, Internist Onze Lieve Vrouwe Gasthuis in Amsterdam.

Über den medizinischen Erfolgen gerät die Lebensqualität der Betroffenen aber manchmal etwas in Vergessenheit, mahnte der Infektiologe. Sein Team hat sich daher kontrolliert nach dem Befinden erkundigt. Dafür setzte es verschiedene Scores ein, unter anderem die Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS). 600 Infizierte im Durchschnittsalter von 50 Jahren nahmen teil. Das Ergebnis: Jeder vierte erreichte in diesem Score pathologische Werte.

Die Kollegen haben nun eine App entwickelt, die Patienten eine größtmögliche Kontrolle über ihre Erkrankung geben soll. Sie erinnert z.B. an Medikamente und Arzttermine, informiert über Besonderheiten in Urlaubsländern, berücksichtigt aber auch die Lebensqualität. Die App stößt auf großes Interesse. Eine niederländische Krankenkasse hat bereits signalisiert, sich zu beteiligen.

Es gibt also mehr Herausforderungen als 90-90-90, schloss Prof. Brinkman. „Und wir dürfen uns nicht mit der Kontrolle über das Virus alleine zufriedengeben.“ 

Quelle: Symposium „Mastering the ART: Perspectives Evolved“ im Rahmen der 22nd International AIDS Conference; Veranstalter: Gilead