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Vorsicht mit frisch gepressten Fruchtsäften am Straßenrand! In der Obstpresse können Raubwanzen lauern

Der Erreger der Chagas-Krankheit (Trypanosoma cruzi) wird durch Raubwanzen übertragen, wie man sie in Südamerika vor allem in einfachen Behausungen in Waldnähe findet. In einigen Ländern Mittel- und Südamerikas kommt die Erkrankung endemisch vor, wobei sich die Wanzen in Bolivien besonders wohl fühlen. Dort sind bis zu 25 % der Bevölkerung infiziert, sagte Dr. Thomas Zoller von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité in Berlin.
Die typische „Armuts-Infektion“ wird i. d. R. im Kindes- und Jugendalter erworben und besteht bei verpasster frühzeitiger Behandlung lebenslang. Man schätzt, dass weltweit etwa acht Millionen Menschen infiziert sind und mehr als 10.000 pro Jahr an der Erkrankung sterben.
Raubwanzen verbinden ihre Blutmahlzeit mit einer Defäkation. Kratzt das Opfer an der Stelle des Bisses, gelangt dieser infektiöse Kot ins Blut – oder gerne auch über die Hände ins Auge. Nicht selten macht sich die akute Infektion daher mit einer Konjunktivitis und begleitendem Lidödem bemerkbar (Romaña-Zeichen).
Myokarditis im akuten Stadium endet oft tödlich
Die Erkrankung verläuft initial meist grippeähnlich. Zum Teil kommt es in dieser Phase aber auch zu einer Myokarditis, die mit einer Letalität von 5–15 % einhergeht. Danach schließt sich eine symptomlose Latenzzeit von 10 bis 20 Jahren an. Bei zwei Dritteln der Infizierten bleibt es dabei, ein Drittel entwickelt aber kardiologische Manifestationen wie chronische Myokarditis, Myokardfibrose, dilatative Kardiomyopathie oder gastroenterologische Komplikationen.
Nicht nur Raubwanzen übertragen die Chagas-Krankheit. Auch infizierte Menschen fungieren als Erregerreservoir. Ein Ansteckungsrisiko besteht z. B. durch Bluttransfusionen oder bei der Geburt. Bisher sind nur Personen mit bekannter Infektion von der Blutspende ausgeschlossen – eine systematische Testung von Blutproben oder Organspenden findet in Deutschland nicht statt.
Bei etwa 1–2 % der Migranten aus lateinamerikanischen Ländern in Europa muss mit den Erregern gerechnet werden, so Dr. Zoller. Bei Bolivianern liegt die Rate mit 18% deutlich höher. Schätzungen zufolge leben etwa 60 000 bis 120 000 Infizierte in Europa. Bei solch einem familiären Hintergrund sollte man bei unklaren kardialen Erkrankungen immer an die Chagas-Krankheit denken, betonte der Referent. Dies gelte auch für die hier geborene zweite Generation, da der Parasit von der Mutter übertragen worden sein kann.
„Rucksackreisende“, die anamnestisch einen Urlaub unter einfachen Lebensbedingungen in diese Regionen angeben, gehören ebenfalls zur Risikogruppe. Auch der Genuss von am Straßenrand angebotenen frisch gepressten Fruchtsäften kann eine Infektionsquelle darstellen – wenn infizierte Raubwanzen mit in die Presse kommen.
Als wirksamste Prävention nannte Dr. Zoller ein ordentlich angebrachtes Moskitonetz ohne Kontakt zum Körper. Die Diagnose ist heute mittels Nachweisverfahren wie ELISA oder PCR relativ einfach. Die Therapie erfolgt bei frischen Infektionen, Kindern, asymptomatischen Frauen im reproduktionsfähigen Alter oder auch bei unter 50-Jährigen mit allenfalls milder kardialer Beteiligung mit Benznidazol (60 Tage) oder Nifurtimox (50 Tage). Bei chronischer Chagas-Kardiomyopathie kommt die antiparasitäre Therapie zu spät und es kann nur noch symptomatisch behandelt werden. Das beinhaltet letztlich auch die Organtransplantation.
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