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Welche Kosten können bei medizinischem Cannabis blühen?

Nur weil eine Krankenkasse die Verordnung einer Therapie mit Cannabis bewilligt, heißt das noch nicht, dass sie die Kosten tatsächlich trägt. Es kommt auf die Wirtschaftlichkeit der Behandlung an. Und genau die ist bei den entsprechenden Produkten schwer zu überblicken, schreiben Privatdozent Dr. Michael A. Überall vom privaten Institut für Neurowissenschaften, Algesiologie und Pädiatrie (IFNAP) in Nürnberg und Kollegen. Grund dafür sind die verschiedenen Formen, in denen die Wirkstoffe zur Verfügung stehen. Denn je nachdem, ob man Fertigarzneien, Rezepturen oder gar Reinstoffe verordnet, fallen unterschiedliche Zuschläge an – und damit variieren auch die Kosten für die Kassen. Zudem stellt sich die Frage, welche Basis man für die Berechnung zugrunde legt: den Preis pro Wirkstoffmenge oder den für die übliche Tagesdosis? Die Monatstherapiekosten oder vielleicht doch die Preisspanne zwischen niedrigster und höchster Dosis?
Nur zwei Fertigpräparate sind zugelassen
Die Autoren haben daher die Preise für verschiedene cannabishaltige Arzneimittel zusammengetragen und verglichen. Dabei sind aktuell in Deutschland mit Nabilon und Nabiximols nur zwei Fertigpräparate zugelassen. Will man diese jedoch außerhalb ihrer Bestimmung, also off label verordnen, ist trotzdem ein Antrag bei der Kasse zur Kostenübernahme nötig. Rezepturarzneimittel wie Dronabinol, Vollextrakte mit D9-Tetrahydrocannabinol (THC) und/oder Cannabidiol (CBD) sowie Cannabisblüten kann man ohnehin nur no label verordnen, da sie keine Zulassung haben. Sie müssen gegenüber Fertigarzneimitteln aber nicht zwingend teurer sein.
So liegen die Monatstherapiekosten bei Verwendung der typischen Tagesdosis für ein Vollextrakt mit einem THC-Gehalt von 25 mg/ml mit 263,48 Euro nur etwas mehr als 10 Euro über dem günstigsten Präparat Nabiximols, das 253,32 Euro monatlich kostet. Auch Dronabinol befindet sich mit 417,64 Euro in Tropfenform beziehungsweise 483,95 Euro als Kapseln noch unterhalb der Schwelle von 540 Euro, die die Bundesregierung Anfang 2017 veranschlagt hatte.
Ein Vollextrakt mit je 10 mg/ml THC und CBD liegt mit 552,72 Euro schon über dieser Grenze, gemahlene Blüten sowie das Fertigpräparat Nabilon schlagen mit knapp 1753 beziehungsweise 1899 Euro monatlich zu Buche. Sogar in der niedrigsten Dosierung sind Blüten – egal ob unverarbeitet oder gemahlen – und Nabilon demnach teurer als die gesetzlich festgesetzte Höchstgrenze. Lediglich Nabiximols kommt mit den monatlichen Therapiekosten an diesen Betrag auch in der höchsten empfohlenen Dosierung nicht heran.
Was die (Schmerz-)Therapie mit Cannabis kostet | ||||
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Arzneimittel | Kosten pro Einheit (€) | Kosten pro typischer Tagesdosis (€) | Preisspanne zwischen niedrigster und höchster empfohlener Tagesdosis (€) | Monatstherapiekosten bei typischer Tagesdosis (€) |
Nabilon | 1 Kapsel = 15,83 | 63,30 | 31,65–94,95 | 1899,01 |
Nabiximols | 1 Sprühstoß = 1,21 | 8,44 | 3,62–14,48 | 253,32 |
Dronabinol (Tropfen 25 mg/ml) | 0,1 ml =0,93 | 13,92 | 4,64–46,40 | 417,64 |
Dronabinol (Kapseln à 2,5 mg) | 1 Kapsel = 2,69 | 16,13 | 5,38–53,77 | 483,95 |
THC 25 Vollextrakt | 0,1 ml =1,48 | 8,78 | 2,93–29,28 | 263,48 |
THC 10: CBD 10 Vollextrakt | 0,1 ml =1,23 | 18,42 | 6,14–61,41 | 552,72 |
unverarbeitete Blüten | 1 g = 20,18 | 20,18–60,55 | 20,18–201,85 | 1816,63 |
gemahlene Blüten | 1 g = 19,48 | 19,48–58,43 | 19,48–194,78 | 1752,98 |
Bedürfnisse und Fähigkeiten des Patienten berücksichtigen
Neben den Kosten sind die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Patienten zu berücksichtigen. Nicht jeder kann sich seine Blüten selbst zubereiten oder möchte inhalieren. Andere mögen den Pfefferminzgeschmack eines Mundsprays nicht. Aus der Vielzahl der Möglichkeiten sollte sich aber für jeden Patienten die bestwirksame und verträgliche Alternative finden lassen, meinen die Autoren. Ohne entsprechendes Engagement des begleitenden Schmerzmediziners gehe das jedoch nicht.Quelle: Überall MA et al. Schmerzmedizin 2019; 35: 24-35; DOI: 10.1007/s00940-019-1198-y
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