Welche Rolle spielt die Darmmikrobiota bei hepatischen Erkrankungen?

Maria Weiß

Als therapeutisches Ziel gewinnt das Darmmikrobiom bei Leberkrankheiten an Bedeutung. Als therapeutisches Ziel gewinnt das Darmmikrobiom bei Leberkrankheiten an Bedeutung. © Christoph Burgstedt – stock.adobe.com

Darm und Leber sind über verschiedene Wege wie Pfortader und biliäres System eng miteinander verbunden. Dies legt nahe, dass die Darmmikrobiota auch Einfluss auf Lebererkrankungen nimmt. Das ließe sich therapeutisch nutzen.

Für verschiedene chronische Lebererkrankungen ist bereits eine Assoziation mit einer veränderten Darmmikrobiota gezeigt worden, schreiben PD Dr. Münevver Demir und Prof. Dr. Frank Tacke von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Dies gilt z.B. für die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD), bei der relativ konsistent bestimmte Bakterien zulasten anderer vermehrt sind. Eine spezifische Zusammensetzung lässt sich aber bisher nicht ableiten. Interessante Befunde gibt es bei NAFLD vom fäkalen Virom: Der histologische Schweregrad ist mit einer geringeren Diversität und weniger Bakteriophagen assoziiert, was sogar die Vorhersage von histologisch fortgeschrittenen Veränderungen und Fibrose erlaubt.

Chronischer Alkoholkonsum beeinflusst das Mikrobiom u.a. im Sinne einer Verschiebung in Richtung Pathobionten*. Außerdem wird die Diversität von Darmpilzen reduziert und es kommt zum übermäßigen Wachstum von Candida.

Manche Bakterien produzieren größere Mengen von Alkohol

Darüber hinaus stört chronischer Alkoholkonsum die Integrität der Darmbarriere. Dadurch können mikrobielle Komponenten aus dem Darmlumen, etwa Lipopolysaccharide (aus der äußeren Membran von gramnegativen Bakterien), über die Pfortader in die Leber gelangen, wo sie zu Inflammation und Fibrosierung beitragen. Ähnlich wirkende Noxen bei NAFLD könnten Fruktose oder ein hoher Fettgehalt der Nahrung sein.

Auch bestimmte Produkte der Darmmikrobiota wirken sich ungünstig auf die Leber aus. Klebsiella pneumoniae produziert z.B. größere Mengen von Alkohol, der nicht nur hepatotoxisch wirkt, sondern auch die Integrität des Darmepithels beeinträchtigt. Gesundheitsfördernde Produkte sind kurzkettige Fettsäuren (SCFA) aus der Fermentation von Polysacchariden. Ein erhöhter Gehalt von SCFA, wie man ihn z.B. bei einer ballaststoffreichen pflanzlichen Ernährung findet, könnte sich über eine verringerte hepatische Cholesterin- und Fettsäuresynthese günstig auf den Stoffwechsel auswirken. Eine vermehrte SCFA-Produktion erhöht aber auch die Energiezufuhr der Leber und reduziert den Energieverlust über den Stuhl, was zumindest potenziell zu Übergewicht beitragen könnte.

Als therapeutisches Ziel gewinnt das Darmmikrobiom bei Leberkrankheiten an Bedeutung. Ein Ansatz ist der fäkale Mikrobiotatransfer, der in ersten Pilotstudien bei rezidivierender hepatischer Enzephalopathie und alkoholischer Hepatitis vielversprechende Ergebnisse gezeigt hat. Etabliert ist die Beeinflussung der Darmbakterien durch das nicht-resorbierbare Antibiotikum Rifaximin, das bei Leberzirrhose zur Rezidivprophylaxe der hepatischen Enzephalopathie zugelassen ist. Weitere Ansätze wie der gezielte Einsatz von Bakteriophagen sind zurzeit noch Zukunftsmusik.

* Symbionten die unter speziellen Bedingungen pathogene Eigenschaften entwickeln.

Quelle: Demir M, Tacke F. Innere Medizin 2022; 63: 1028-1035; DOI: 10.1007/s00108-022-01398-6

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