
Wie man Panarteriitis nodosa und Kawasaki-Syndrom bändigt

Die Panarteriitis nodosa (PAN) und das Kawasaki-Syndrom zählen zu den primären Vaskulitiden, bei denen vorwiegend mittelgroße und kleine Gefäße betroffen sind. Gemeinsames Merkmal beider Erkrankungen ist neben der Aussparung mikroskopischer Gefäße (Arteriolen, Venolen, Kapillaren einschließlich der Glomeruli) das Fehlen antineutrophiler zytoplasmatischer Antikörper (ANCA), schreiben Dr. Ulrike Sixdorf von den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden und Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann von der DKD Helios Klinik Wiesbaden. Während das Kawasaki-Syndrom fast nur bei Kleinkindern auftritt, kann sich die PAN auch bei Erwachsenen, vor allem zwischen 40 und 60 Jahren, ausbilden. Bei beiden Erkrankungen gibt es eine Reihe von Differenzialdiagnosen zu beachten (siehe Kasten), wodurch die Diagnose zusätzlich erschwert wird.
Erscheinungsbild der PAN variiert sehr stark
Die klassische PAN ist eine nekrotisierende Vaskulitis mit variablem klinischen Erscheinungsbild. So gibt es schwerwiegende systemische Formen ebenso wie lokalisierte Manifestationen wie die kutan limitierte PAN. An den Gefäßen drohen Mikro- und Makroaneurysmen mit nachfolgenden Infarkten und Blutungen. Konstitutionelle Symptome wie reduzierter Allgemeinzustand, rapider Gewichtsverlust, Nachtschweiß und erhöhte Temperaturen treten fast immer auf. Weitere mögliche Manifestationen sind
- Arthralgien und Myalgien,
- Polyneuropathien,
- Hautmanifestationen (Knoten, Purpura, Livedo reticularis),
- Hypertonie, Nierenversagen,
- gastrointestinale Blutungen, Appendizitis, Pankreatitis,
- Orchitis,
- retinale Vaskulitis, Uveitis, Skleritis, Keratitis und
- ZNS-Manifestationen.
Neben der Klinik und dem Fehlen von ANCA ist der angiografische Nachweis von Aneurysmen in der Diagnostik wegweisend. Laborchemisch fallen unspezifische Entzündungszeichen, eine Entzündungsanämie und unter Umständen eine Verschlechterung der Nierenfunktion ohne aktives Urinsediment auf. Oft ist darüber hinaus der Nachweis einer nekrotisierenden Vaskulitis mittelgroßer Arterien nötig, um die Diagnose zu sichern. Dieser kann anhand einer Haut- oder Muskelbiopsie oder mittels einer Kombination von Positronen-Emissions-Tomografie (PET) und Computertomografie (PET-CT) erfolgen.
Sieht ganz ähnlich aus, ist aber was anderes
Erschwerend bei der Diagnose von PAN oder Kawasaki-Syndrom sind die zahlreichen möglichen Differenzialdiagnosen. Dabei handelt es sich vor allem um folgende Krankheitsbilder:
- nekrotisierende PAN-artige Vaskulitiden durch infektiöse Trigger,
- Immundefizienz- bzw. autoinflammatorische Erkrankungen (z. B. Adenosindesaminase-2-Defizienz; DADA2),
- Vaskulitiden in Assoziation mit dem familiären Mittelmeerfieber oder hämatologischen Erkrankungen (Haarzellleukämie, myelodysplastisches und myeloproliferative Syndrome),
- sekundäre Vaskulitiden bei anderen systemischen rheumatischen Erkrankungen,
- Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS); diese in der Pandemie neu beobachtete hyperinflammatorische Immunreaktion betrifft vor allem ältere Kinder und wird durch eine Infektion mit SARS-CoV-2 ausgelöst. Es tritt etwa zwei bis sechs Wochen nach Infektion auf und ähnelt dem Kawasaki-Syndrom, stellt aber keine Unterform dieser Erkrankung dar.
Die Wahl der Therapie bei PAN orientiert sich am Schweregrad sowie an der Manifestation. Bei aktiver oder organbedrohender Erkrankung wird zunächst hoch dosiert Methylprednisolon i. v. zusammen mit Cyclophosphamid gegeben. Nach Remission steht der Wechsel auf weniger toxische Immunsuppressiva wie Methotrexat (MTX), Azathioprin (AZA) oder Mycophenolat-Mofetil (MMF) an. Ist die Erkrankung nicht aktiv, sind orale Glukokortikoide plus MTX, AZA oder MMF angezeigt, bei einer mehr als 18 Monate dauernden Emission kann das Absetzen der Immunsuppressiva erwogen werden, schreiben die Experten.
Wurde eine Adenosindesaminase-2-Defizienz (DADA2) diagnostiziert, kommen TNF-Blocker zum Einsatz. Die kutan limitierte PAN kann zunächst nicht-immunsuppressiv mit Hydroxychloroquin, Colchizin oder Dapson behandelt werden. Im Falle einer peripheren Nervenbeteiligung wird darüber hinaus eine physikalische Therapie empfohlen. Patienten mit vaskulären Veränderungen bzw. Aneurysmen sollten mittels Bildgebung nachverfolgt werden.
Beim Kawasaki-Syndrom handelt es sich um eine selbstlimitierende Vaskulitis, die meist in drei Phasen verläuft. Etwa 85 % der Patienten sind unter acht Jahre alt und nur 1 % älter als zehn Jahre. Die erste Phase ist von Fieber gekennzeichnet, das nicht auf Antibiotika anspricht. Hinzu kommen oft Bauchbeschwerden, Augenbrennen, ein rumpfbetontes Exanthem und mukosale Symptome wie Zungenbrennen und Lippenentzündungen. In der zweiten Phase geht das Fieber zurück und es kann zu Hautschuppung an Händen und Füßen kommen. Mit Eintritt in die dritte Phase beginnt die Rekonvaleszenz, die Monate dauern kann. Noch Wochen, nachdem die akuten Symptome abgeklungen sind, kann zudem eine kardiale Beteiligung mit Endokarditis, Myokarditis oder Perikarditis auftreten. Darüber hinaus ist eine Beteiligung der Koronararterien mitsamt Spätfolgen im Erwachsenenalter möglich.
Laborchemisch imponiert das Kawasaki-Syndrom durch erhöhte Entzündungswerte sowie Zeichen von Anämie, Thrombozytose, Leukozytose und Linksverschiebung. Eine kardiale Beteiligung lässt sich anhand der Bestimmung von Troponin T, Kreatinkinase vom Myokardtyp (CK-MB) und NT-proBNP feststellen. Zur Überprüfung von deren Ausmaß und Schwere dienen EKG, Echokardiografie, Kardio-CT, Kardio-MRT und/oder eine Koronarangiografie.
Später Therapiebeginn bedroht Herzkranzgefäße
Oberste Behandlungsziele sind beim Kawasaki-Syndrom die rasche Beherrschung der Entzündung und das Verhindern von Thrombozytenaggregationen. Eingesetzt werden dazu intravenöse Immunglobuline und Acetylsalicylsäure (ASS), bei Koronarbeteiligung auch Glukokortikoide. Die Therapie sollte innerhalb von fünf Tagen nach Auftreten der Symptome eingeleitet werden. Ein späterer Behandlungsbeginn kann fatale Folgen haben: Er führt in etwa 30 % der Fälle zu schwerwiegenden Schäden an den Herzkranzgefäßen.
Quelle: Sixdorf U, Märker-Hermann E. Innere Medizin 2024; 65: 122-128; DOI: 10.1007/s00108-023-01637-4
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).