Cartoon Gesundheitspolitik

Wie sich GKV-Löcher und Beitragsexplosionen umgehen lassen

Michael Reischmann

Die drohenden Preisexplosionen der Versicherungsbeiträge sind Beitragszahlenden und Arbeitgebern nicht zuzumuten, meint DAK-Chef Andreas Storm. Die drohenden Preisexplosionen der Versicherungsbeiträge sind Beitragszahlenden und Arbeitgebern nicht zuzumuten, meint DAK-Chef Andreas Storm. © doidam10 - stock.adobe.com

Der Chef der DAK-Gesundheit appelliert an die Ärzteschaft, ein Primärarztsystem zu entwickeln. Das würde zu mehr Effizienz in der Versorgung beitragen. Auch die Entbudgetierung der hausärztlichen Honorare könnte so wettgemacht werden.

Das Jahr 2024 könnte der GKV ein Defizit von etwa 5,5 Mrd. Euro beschert haben. Insbesondere im zweiten Halbjahr legten die Ausgaben stark zu. Bekanntermaßen mussten viele Kassen zum Jahreswechsel ihren Zusatzbeitrag stärker erhöhen als vom Schätzerkreis für die GKV erwartet. Dazu kommt noch ein Defizit in der sozialen Pflegeversicherung von etwa 2 Mrd. Euro. In der Ampelära erreichten die Beitragssätze für die Sozialversicherung den historischen Höchststand von 42,3 %.

Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange, falls die Politik nichts dagegen unternimmt. Vom IGES Institut hat sich die DAK ausrechnen lassen, wo die Beitragssätze in den nächsten fünf oder zehn Jahren landen könnten. Das IGES hat drei Szenarien kalkuliert. Je nach Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen und der Leistungsausgaben könnte der GKV-Beitragssatz im Jahr 2035 auf bis zu 22,6 % klettern. In der Pflegeversicherung landet die Projektion bei bis zu 5,2 %

Da sich auch die Sätze für Renten- und Arbeitslosenversicherung in den kommenden Jahren nicht auf dem jetzigen Stand halten lassen, könnte der Gesamtsozialversicherungsbeitrag bis 2035 auf 45,8 bis 53 % steigen. Sollte die nächste Regierung das Rentenpaket II durchsetzen, das vorsieht, das Rentenniveau langfristig bei 48 % eines Durchschnittslohns zu stabilisieren, würden die gesamten Abzüge sogar auf 46,7 bis 53,9 % klettern. Das ist Beitragszahlern und Arbeitgebern nicht zuzumuten, meint DAK-Chef Andreas Storm.

Die „Erwartung“ des Bundesgesundheitsministers, dass für 2026 keine Beitragsanhebungen in der GKV nötig sein werden, teilt Storm nicht. Er fordert von der nächsten Bundesregierung ein Sofortprogramm zur Stabilisierung der GKV-Finanzen. Jährlich 2,5 Mrd. Euro ab 2026 würden den Kassen erspart bleiben, wenn die nächste Regierung die GKV-Mitglieder beim Transformationsfonds für den Umbau der Krankenhäuser vom Haken lassen würde. 

Falls das nicht im Koalitionsvertrag vereinbart wird, geht die Sache vor Gericht, so Storm. Denn das Vorhaben sei laut zweier Gutachten und der Auffassung des Bundesrechnungshofs verfassungswidrig. Doch es wird viele Jahre dauern, bis das Bundesverfassungsgericht urteilt.

Außerdem soll der GKV-Zuschuss aus dem Bundeshaushalt von jährlich 14,5 Mrd. auf 21,5 Mrd. Euro angehoben werden, um die Kassen von der Bezahlung versicherungsfremder Leistungen zu entlasten, verlangt der DAK-Vorstandschef.

Wichtig ist ihm auch die Rückkehr zur einnahmeorientierten Ausgabenpolitik. Das sei keine Kürzung und kein Einfrieren von Geldern. Wenn die beitragspflichtigen Einnahmen z.B. im Schnitt jährlich um 4 bis 5 % zulegten, dürften die Ausgaben im Gleichschritt folgen. Die Frage ist aber, mit welchen Instrumenten das erreicht werden soll. Die Antwort überlässt Storm der Politik.

Dennoch hält er zwei Maßnahmen für sinnvoll. Erstens spendet er dem Bundesärztekammer-Präsidenten Lob. Dr. Klaus Reinhardt hatte gesagt, es sollte zum Normalfall werden, dass Versicherte sich bei einer Hausarztpraxis einschreiben, die dann die Weiterbehandlung koordiniert. Storm wünscht sich, dass die Ärzteschaft gemeinsam dieses (Primärarzt-)Modell präzisiert und mit den Kassen abstimmt. Ob es dann einer vorgegebenen Verbindlichkeit oder besonderer Anreize wie etwa Wahltarife bedarf, sei zu klären. Die Entbudgetierung der hausärztlichen Vergütung stört Storm nicht. Das Effizienzpotenzial durch eine gute Patientensteuerung sei größer.

Zudem müsse endlich die Notfallversorgung reformiert werden. Diese sei dysfunktional und ineffizient organisiert. 

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Andreas Storm, Vorsitzender des Vorstands der DAK-Gesundheit Andreas Storm, Vorsitzender des Vorstands der DAK-Gesundheit © DAK-Gesundheit/Läufer
Die drohenden Preisexplosionen der Versicherungsbeiträge sind Beitragszahlenden und Arbeitgebern nicht zuzumuten, meint DAK-Chef Andreas Storm. Die drohenden Preisexplosionen der Versicherungsbeiträge sind Beitragszahlenden und Arbeitgebern nicht zuzumuten, meint DAK-Chef Andreas Storm. © doidam10 - stock.adobe.com