Wirksamkeit der Augmentationstherapie ist möglicherweise dosisabhängig

Dr. Angelika Bischoff

Bei etwa 2 % der Patientinnen und Patienten mit schwerer COPD lässt sich ein schwerer Alpha-1-Antitrypsin-Mangel nachweisen. Bei etwa 2 % der Patientinnen und Patienten mit schwerer COPD lässt sich ein schwerer Alpha-1-Antitrypsin-Mangel nachweisen. © mi_viri - stock.adobe.com

Alpha-1-Antitrypsinmangel ist eine unterschätzte potenzielle Ursache der schweren COPD, bleibt aber oft jahrelang unerkannt. Die moderne genetische Diagnostik verbessert die Früherkennung. Studien zeigen zudem: Eine hochdosierte Augmentationstherapie könnte den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.

Neue Möglichkeiten der Gensequenzierung erlauben die frühe Diagnose eines Alpha-1-Antitrypsin-Mangels. Doch wer kommt dafür infrage? Und wer profitiert von einer Augmentationstherapie? Das Autorenteam einer aktualisierten klinischen Praxisleitlinie aus Kanada bezieht Stellung.

Bei etwa 2 % der Patientinnen und Patienten mit schwerer COPD lässt sich ein schwerer Alpha-1-Antitrypsin-Mangel nachweisen. Diesem liegen Mutationen im SERPINA1-Gen zugrunde (s. Kasten). Betroffene sind in hohem Maße gefährdet, ein Emphysem oder eine Lebererkrankung zu entwickeln. Die Art der Mutation sollte möglichst schnell geklärt werden, um die klinischen Implikationen des AAT-Mangels beurteilen zu können, schreibt das Autorenteam einer Leitlinie der Canadian Thoracic Society. Bislang wird die Diagnose eines AAT-Mangels allerdings oft erst spät gestellt. In einer Studie vergingen im Schnitt mehr als fünf Jahre von den ersten Symptomen bis zur Diagnose. Die FEV1 war zu diesem Zeitpunkt schon auf etwa 50 % des Solls gesunken.

Ein Alpha-1-Antitrypsinmangel beruht auf verschiedenen Mutationen im SERPINA1-Gen. Sie haben unterschiedliche Auswirkungen auf die Struktur und Funktion des Proteaseinhibitors Alpha-1-Antitrypsin (AAT), dessen wichtigste Aufgabe die Hemmung der neutrophilen Elastase ist. Die meisten Mutationen führen dazu, dass in der Leber ein verändertes, aber noch teilweise funktionsfähiges Protein gebildet wird. Manche bewirken allerdings, dass die Synthese gar nicht stattfindet oder ein dysfunktionales Protein entsteht. Fällt die AAT-Sekretion in den Hepatozyten stark ab, sinkt die AAT-Konzentration in Serum und Lunge. 

Meist ist es schwierig, das klinische Bild eines AAT-Mangels von einer herkömmlichen COPD zu unterscheiden. Deshalb empfiehlt das Autorenteam, bei der Abklärung systematisch vorzugehen. Hochverdächtig für einen AAT-Mangel sind:

  • ein Auftreten der COPD vor dem 40. Lebensjahr,
  • eine COPD trotz nur mäßig ausgeprägter Raucherkarriere (< 10 Packungsjahre),
  • ein basales panlobuläres Emphysem,
  • eine positive Familienanamnese für COPD oder AAT-Mangel und
  • eine perinatale Gelbsucht.

Dann sollte die genetische Analyse an erster Stelle stehen, da die AAT-Serumspiegel zu stark variieren. Als Goldstandard gilt die Sequenzierung der kodierenden Regionen des SERPINA1-Gens. Denn durch Genotypisierung mittels PCR lässt sich nur ein Teil der bekannten Mutationen erkennen.

Als klinisch moderat verdächtig gelten eine COPD im Allgemeinen, unerklärliche Bronchiektasen, das Auftreten eines Asthmas im Erwachsenenalter mit persistierender Obstruktion, eine Leberzirrhose und eine GPA-Vaskulitis. Dann sollte zunächst der AAT-Serumspiegel gemessen werden. Liegt dieser unter 1,2 g/l, empfiehlt es sich, eine genetische Testung anzuschließen. Sofern eine Mutation im AAT-Gen bestätigt wird, sollte auch Verwandten ersten Grades eine Testung angeboten werden. 

Für die Progression der Erkrankung ist die Lungendichte im CT ein zuverlässigerer Marker als der FEV1-Verlauf, so das Autorenteam. Es habe sich u. a. im Rahmen der RAPID-Studie gezeigt, dass eine AAT-Augmentationstherapie die Abnahme der Lungendichte signifikant verlangsamen kann. Dieser Effekt ist offenbar dosisabhängig – möglicherweise über die bisher festgelegte Standarddosis von 60 mg/kg/Woche hinaus. Um dies zu bestätigen, wird derzeit in der SPARTA-Studie eine Dosis von 60 mg mit einer Dosis von 120 mg/kg/Woche gegenüber Placebo verglichen. Beobachtungsstudien zufolge führt die Therapie auch bei Betroffenen mit schwerer Obstruktion zu einem längeren Überleben. 

Die Augmentation kommt nur zusätzlich zu einer optimalen pharmakologischen und nicht-pharmakologischen Therapie bei Patientinnen oder Patienten mit COPD infrage. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen seit mindestens sechs Monaten nicht rauchen, ihre FEV1 unterhalb 80 % des Solls liegt, ein Emphysem besteht, ein Gendefekt dokumentiert wurde und der Serum-AAT-Spiegel stark vermindert ist (< 0,57 g/l).

Quelle: Hernandez P et al. Chest 2024; doi: 10.1016/j.chest.2024.08.037 

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Bei etwa 2 % der Patientinnen und Patienten mit schwerer COPD lässt sich ein schwerer Alpha-1-Antitrypsin-Mangel nachweisen. Bei etwa 2 % der Patientinnen und Patienten mit schwerer COPD lässt sich ein schwerer Alpha-1-Antitrypsin-Mangel nachweisen. © mi_viri - stock.adobe.com