Wo entartete Lymphozyten Chaos stiften

Dr. Dorothea Ranft

Chlormethin wirkt auf einem Träger-Gel besser als in Salbenform und eignet sich besonders zur lokalen Behandlung. Chlormethin wirkt auf einem Träger-Gel besser als in Salbenform und eignet sich besonders zur lokalen Behandlung. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

In die Therapie der Mycosis fungoides kommt Bewegung: Es gibt neue Erkenntnisse zur Wirkung von Chlormethin in der Gelformulierung und die systemische Behandlung mit dem Antikörper Mogamulizumab hat sich inzwischen auch im Alltag bewährt. 

Das zu den lokal wirksamen Alkylanzien zählende Chlormethin wird schon seit Jahrzehnten erfolgreich zur Kontrolle der Mycosis fungoides eingesetzt – eine Heilung gibt es nicht, nur die hämopoetische Stammzelltransplantation. Inzwischen konnte gezeigt werden, dass Chlormethin aus einem Träger-Gel signifikant besser freigesetzt wird als aus der Salbenformulierung. Deutlich mehr Wirkstoff gelangt in die Epidermis, wo sich bei der Mycosis fungoides die meisten malignen T-Zellen aufhalten, was das beobachtete bessere Ansprechen des Gels erklären könnte. Nur eine minimale Menge dringt bis in die Dermis vor. Eine systemische Absorption wurde bisher nicht beobachtet, schreiben Prof. Dr. Emmanuella Guenova von der Universität Lausanne und Kollegen – belegt u.a. durch in-vitro- und pharmakinetischen Untersuchungen sowie klinische Daten.

Chlormethin (CL) alkyliert die DNA der Lymphomzellen, was u.a. Konformationsänderungen und Doppelstrangbrüche induziert. Zudem werden DNA-Reperaturmechanismen herabreguliert und die Zellapoptose getriggert. Betroffen sind die malignen T-Zellen in der Haut, nicht die gesunden, schreiben die Wissenschaftler. Deshalb eignet sich das CL-Gel gut zur Lokalbehandlung bei Mycosis fungoides unabhängig vom Stadium der Erkrankung. Am besten wirkt es aber wahrscheinlich in der frühen Phase

In der zulassungsrelevanten Studie-201 und unter Alltagsbedingungen traten als häufigste Nebenwirkung lokale Hautirritationen auf. Hämatologische und andere Laborwertveränderungen als Zeichen für eine systemische Toxizität beobachtete man nicht. Abhängig vom Schweregrad lassen sich die lokalisierten kutanen Nebenwirkungen meist durch eine Reduktion von Dosis bzw. Anwendungsfrequenz oder vorübergehendes Absetzen in den Griff bekommen. 

In der MIDAS*-Studie wurde bei Patienten mit früher Mycosis fungoides geprüft, ob eine begleitende Behandlung mit topischem Triamcinolon (0,1%-Salbe) die Inzidenz einer Kontaktdermatitis – allergischer oder irritativer Genese – reduziert. Von den 28 Teilnehmern beendeten 25 das zwölfmonatige Follow-up. Verglichen wurden mindestens zwei ähnliche Läsionen, von denen eine mit der Mono- und die andere mit der dualen Therapie behandelt wurde. 

Die Teilnehmer schienen unter der Kombinationsbehandlung das Chlormethin-Gel besser zu vertragen, ohne dass die Wirkung negativ beeinflusst wurde. Gleichzeitig deckte die Analyse einen Posttherapieeffekt auf: Alle Patienten zeigten nach fünf Monaten eine Verbesserung im CAILS**-Score, obwohl die Therapie nur über vier Monate erfolgte. Somit ergibt sich eine neue Evidenz dafür, dass das Chlormethin-Gel neben dem symptomatischen auch einen krankheitsmodifizierenden Effekt haben könnte. Zudem belegte die MIDAS-Studie erstmals quantitativ die Reduktion maligner Zellklone im Frühstadium der Erkrankung. 

Zur systemischen Therapie der fortgeschrittenen Mycosis fungoides eignet sich Mogalizumab, ein monoklonaler Antikörper, der selektiv an den Chemokinrezeptor CCR4 bindet. Dieser wird von malignen T-Zellen in Haut und Blut von Patienten mit Mycosis fungoides und Sézary-Syndrom überexprimiert, schreiben Marie Baylot-Barry von der Universität Bordeaux und Koautoren. Wirksamkeit und Sicherheit des Antikörpers wurden bereits in einer vorangegangenen multinationalen Untersuchung (MAVORIC) gezeigt. Die aktuelle retrospektive OMEGA-Studie widmet sich dem Einsatz unter Alltagsbedingungen. 

Die Kohorte bestand aus 122 Patienten aus 24 französischen Zentren, von ihnen litten 69 an einem Sézary-Syndrom (SS) und 53 an einer Mycosis fungoides (MF). Die Teilnehmer hatten im Median bereits drei systemische Lymphomtherapien erhalten. 78 % wiesen eine fortgeschrittene Erkrankung auf (Stadium IIB-IVB), bei 68 % war auch das Blut beteiligt. In der Gruppe mit Sézary-Syndrom sprachen 70 % partiell oder komplett auf die Behandlung an (Overall Response Rate) bei den Patienten mit Mucosis fungoides waren es 46 %.

An schweren Nebenwirkungen traten Exantheme und infektionsbedingte Reaktionen am häufigsten auf (8,1 % bzw. 0,8 %). Ein Sézary-Patient starb an einem therapieassoziierten Tumorlysesyndrom. Insgesamt konnte allerdings die Wirksamkeit und eine meist gute Verträglichkeit der Antikörper-Therapie auch in der Routinepraxis bestätigt werden.

* CAILS: Composite Assessment of Index Les on Severity 
** MIDAS: Mechlorethamine-Induced Dermatitis Avoidance Study

Quelle: 1. Guenova E et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2023; 37: 1739-1748; DOI: 10.11/jdv.19237
2. Baylot-Barry M et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2023; 37: 1777-1784; DOI: 10.1111/jdv.19134

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Chlormethin wirkt auf einem Träger-Gel besser als in Salbenform und eignet sich besonders zur lokalen Behandlung. Chlormethin wirkt auf einem Träger-Gel besser als in Salbenform und eignet sich besonders zur lokalen Behandlung. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.