Im Notdienst gibt’s mehr als nur Pauschalen

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Zuschläge sollen abhängig von der Diagnose den Behandlungsaufwand abbilden. Zuschläge sollen abhängig von der Diagnose den Behandlungsaufwand abbilden. © fotolia/Superingo

Hausärzte, die Notfallleistungen abrechnen, sollten wissen, dass sich zum 1. April 2017 nicht nur ihre Pauschalen verändert haben, sondern jetzt auch bestimmte Leistungen zusätzlich berechnet werden können.

Seit dem 1. April 2017 hängt die Höhe des Notfallhonorars nicht nur vom Zeitpunkt der Inanspruchnahme durch den Patienten, sondern auch vom Grund der Notfallbehandlung ab: Bei Patienten mit bestimmten schweren Erkrankungen oder bei Verständigungsschwierigkeiten gibt es einen Zuschlag. Auf diesem Weg sollen, wie vom Gesetz vorgegeben, die ärztlichen Notfallleistungen nach dem Schweregrad differenziert werden.

Zusätzlich zu den Notfallpauschalen nach den EBM-Nrn. 01210 und 01212 können also zunächst die Nrn. 01223, 01224 und 01226 berechnet werden, und zwar bei Patienten mit erhöhtem Behandlungsaufwand. Die Schweregradzuschläge nach Nrn. 01223 und 01224 sind an fest definierte schwerwiegende Behandlungsdiagnosen geknüpft, zum Beispiel eine Pneumonie oder eine Angina pectoris. Wird der erhöhte Behandlungsaufwand begründet, können die Zuschläge in Ausnahmefällen auch für andere schwere Erkrankungen berechnet werden.

Der zweite Schweregradzuschlag, die Nr. 01226, berücksichtigt dagegen den erhöhten Aufwand, der aufgrund einer schwierigen Kommunikation infolge bestimmter Grunderkrankungen (wie beispielsweise bei einer Demenz), bei Säuglingen und Kleinkindern oder bei mangelhaften Deutschkenntnissen des Patienten entsteht.

Abrechnen, was in der Praxis zur Pauschale gehört

Außerdem können im Bereitschaftsdienst zusätzlich weitere Leistungen berechnet werden, die bei schweren Fällen oft zusätzlich erforderlich sind. In der Praxis sind diese Leistungen zwar oft gleichermaßen erforderlich, können dort aber nicht berechnet werden, weil sie Bestandteil von Pauschalen sind. Dies gilt zum Beispiel für die Leistungen nach den EBM-Nrn. 02100 (Infusion, z.B. intravenös, Dauer mindestens zehn Minuten), 02340 und 0231 (Punktionen) oder 02350 (fixierender Verband mit Einschluss mindestens eines großen Gelenkes unter Verwendung unelastischer, individuell anmodellierbarer, nicht weiter verwendbarer Materialien).

EBM-Nummern für Notfall-/Bereitschaftsdienste seit 1. April
EBM-Nr
Leistungsbeschreibung
Euro
01210Notfallpauschale für Leistungen an Werktagen zwischen 7–19 Uhr12,64
01223*Zuschlag zu Nr. 01210 für Patienten mit bestimmten Diagnosen13,48
01212Notfallpauschale in der Nacht zwischen 19–7 Uhr sowie ganztägig an Wochenenden, Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember20,53
01224*Zuschlag zu Nr. 01212 für Patienten mit bestimmten Diagnosen20,53
01226Zuschlag zu Nr. 01212 für Patienten mit eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit, mit geriatrischem Versorgungsbedarf und bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern in der Nacht zwischen 19–7 Uhr und ganztägig an Wochenenden, Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember; einmal im Behandlungsfall9,48
02100Infusion, z.B. intravenös6,00
02340Punktion, z.B. Schleimbeutel4,84
02341Punktion, z.B. Kniegelenk12,32
02350Fixierender Verband11,16
* Die EBM-Nrn. 01223 und 01224 sind nur bei Patienten berechnungsfähig, die aufgrund der Art, Schwere und Komplexität der Erkrankung einer besonders aufwändigen Versorgung bedürfen. Dazu muss eine der folgenden Behandlungsdiagnosen gesichert vorliegen: Frakturen im Bereich der Extremitäten proximal des Metacarpus und Metatarsus, Schädel-Hirn-Trauma mit Bewusstlosigkeit von weniger als 30 Minuten (S06.0 und S06.70), Akute tiefe Beinvenenthrombose, Hypertensive Krise, Angina pectoris (ausgenommen: I20.9), Pneumonie, Akute Divertikulitis. Bei anderen Erkrankungen, die ebenfalls eine besonders aufwändige Versorgung benötigen, können die Nr. 01223 und 01224 im Einzelfall und mit auführlicher schriftlicher Begründung berechnet werden.

Denkbar wären solche Leistungsansätze bei einem Patienten aus dem Katalog der Nrn. 01223 und 01224 mit Pneumonie oder Angina pectoris (Infusion) bzw. Frakturen (fixierender Verband). Bei Traumata mit Gelenkergüssen käme die Nr. 02341, ggf. zusammen mit dem fixierenden Verband nach Nr. 02350, in Betracht.

In Einzelfällen und mit Begründung geht noch mehr

Hinzu kommt, dass nach den Allgemeinen Bestimmungen im Abschnitt II.1.2 (Gebührenordnungspositionen für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Notfalldienst) weitere Gebührenordnungspositionen berechnungsfähig sind, und zwar solche, "die in unmittelbarem diagnostischem oder therapeutischem Zusammenhang mit der Notfallversorgung stehen". Das betrifft theoretisch alle Ziffern des EBM.

Denkbar wäre auf jeden Fall z.B. der Ansatz der Nr. 03230 EBM (Problemorientiertes ärztliches Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist) bei Patienten mit einem entsprechenden Gesprächsbedarf oder die Nr. 35100 bzw. 35110 EBM (Psychosomatische Diagnostik bzw. Behandlung). Dies dürfte allerdings Einzelfällen vorbehalten und gegenüber der KV nur mit entsprechender Begründung durchzusetzen sein.

Quelle:Medical-Tribune-Bericht