Neue Abrechnungspositionen für Corona-Schnelltests folgen den RKI-Kriterien

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung , Privatrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Der neuen Corona-Testverordnung liegt die Systematik der RKI-Kriterien zugrunde. Der neuen Corona-Testverordnung liegt die Systematik der RKI-Kriterien zugrunde. © Koray – stock.adobe.com

Die Corona-Testverordnung (TestV) wurde zum dritten Mal geändert. Dabei wurde als neues Element ein Screeningverfahren mit Antigentests aufgenommen. Die KBV hat jetzt die Abrechnungspositionen veröffentlicht.

Auf den ersten Blick sehen die neuen Leistungspositionen wie ein überzogener bürokratischer Wust aus. Bei näherer Betrachtung wird aber eine Systematik erkennbar, über die epidemiologische Besonderheiten auch auf dem Abrechnungsweg erkennbar gemacht werden könnten. Die neuen Abrechnungspositionen folgen nämlich der Vorgabe aus der TestV, der wiederum die Systematik der RKI-Kriterien zugrunde liegt.

Die RKI-Kriterien unterscheiden zwischen Testungen in asymptomatischen Fällen, bei denen es zu einem Kontakt mit einem Infizierten gekommen ist, und Fällen, die zur Verhütung einer Ausbreitung des Virus z.B. vor Aufnahme in ein Altenheim, eine Schule oder Kita vorgenommen werden. Im erstgenannten Fall kommen, differenziert nach den in der TestV aufgelisteten Fallkonstellationen, die Pseudonummern 88301 bis 88305 zum Ansatz, im Verhütungsfall dagegen die Pseudonummern 88306 bis 88310. Werden PCR-Testungen vorgenommen, erfolgt die Veranlassung auf dem Formular OEGD. Wegen der neuen Testverordnung soll das Formular bis zum 12. November 2020 angepasst werden. Übergangsweise kann das alte Formular OEGD verwendet werden.

Findet eine Analyse mit den neu aufgenommenen Schnelltests statt, wird den betreffenden Pseudonummern das Suffix „P“ angefügt (siehe Tabelle). Als eine Art Passepartout dient dabei die Pseudonummer 88300, wenn der Anlass der Testung ein Kontakt außerhalb der in der TestV genannten Lokalitäten gewesen ist. Die Abrechnungspositionen beinhalten ein Gespräch, die Abstrichentnahme und ggf. die Ausstellung eines Zeugnisses über das Testergebnis. Den regionalen KVen wird freigestellt, ob sie diese bundeseinheitlichen Ziffern übernehmen oder eigene Abrechnungspositionen weiterführen. Es muss lediglich gewährleistet sein, dass die in der TestV enthaltene Verpflichtung, monatlich detaillierte Angaben zu den abgerechneten Tests zu machen, erfüllt wird.

Positive Tests müssen mittels PCR-Test bestätigt werden

Nach der TestV haben Praxisinhaber und ihr Personal wie auch Mitarbeiter in anderen medizinischen Einrichtungen einmal pro Woche Anspruch auf eine rein präventive Testung mit solchen Antigenschnelltests. Anwendbar sind dabei vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassene Tests (aktuelle Liste).

Fallen solche Tests positiv aus, müssen sie mittels eines PCR-Tests bestätigt werden. Da diese Schnelltests in der Praxis durchgeführt werden, ist kein Auftrag an ein Labor nach Formular OEGD erforderlich. Die Dokumentation der durchgeführten Untersuchungen und ggf. die Meldung an das Gesundheitsamt müssen deshalb von der Arztpraxis vorgenommen werden. Angegeben werden sollten das Datum der Untersuchung, die Personalien, der Grund der Testung nach TestV, das Testergebnis sowie die Handelsbezeichnung des angewendeten Schnelltests.

Die Sachkosten für diese Antigen-Schnelltests beim Einsatz in der eigenen Praxis werden nach der Pseudonummer 88312 in Höhe der Beschaffungskosten bis maximal 7 Euro je Test erstattet. Bei Eigentestungen in der Arztpraxis dürfen dabei nur die Kosten für die Testsubstanzen nach Nr. 88312 berechnet werden. In allen anderen Fällen kommen die in der Tabelle dargestellten übrigen Pseudoziffern zum Ansatz. Eine Sonderstellung nimmt dabei die Pseudonummer 88311 ein, die – auch über die zuständige KV – berechnet werden kann, wenn eine nicht ärztlich geführte Einrichtung (z.B. Physiotherapie, Altenheim) in der Anwendung solcher Schnelltests durch einen Arzt/eine Ärztin geschult wird.

Was ändert sich bei der Abrechnung kurativer Fälle?

Bleibt die Frage, was mit den gerade erst beschlossenen EBM-Nrn. 02402 und 02403 geschieht. Sie bleiben erhalten, kommen aber nur noch in rein kurativen Fällen, also dort, wo nach den RKI-Kriterien ein Verdacht auf eine Infektion oder eine Infektion vorhanden ist (symptomatische Patienten), zum Tragen. Die ebenfalls neu geschaffene Nr. 02402A entfällt teilweise, da Tes­tungen nach einer Warnung durch die Corona-Warn-App jetzt nach Nr. 88301 oder 88301P berechnet werden können. Abrechnungsfähig bleibt diese Leistung hingegen, wenn die Regelung im Legendentext zum Tragen kommt, dass nach Beratung des Patienten kein Test durchgeführt wurde.

Auch bleibt es dabei, dass die EBM-Nr. 02403 als Zusatz zur Nr. 02402 oder 02402A EBM berechnet werden kann, wenn im gleichen Quartal keine Versichertenpauschale zum Ansatz kommt. Fälle dieser Art dürften zwar selten sein, sind aber möglich – z.B. wenn ein Patient in der Praxis anruft, weil er Erkältungsbeschwerden hat und die erneut geltende Regelung nutzen möchte, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu bekommen, ohne die Praxis aufsuchen zu müssen.

Kommt dieser Patient nämlich später doch zur Testung in die Praxis und es findet kein Arzt-Patienten-Kontakt statt, ist eine Berechnung der Nr. 02402 möglich, da die Beratungsleistung hier nur noch fakultativ ist. In diesen Fällen käme die EBM-Abrechnungsfolge 01435-02402-02403 zustande, die auch bliebe, wenn keine weiteren Kontakte mit der Praxis im Quartal stattfinden. Für Patienten, die in der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) eingeschrieben sind, gibt es keine Versichertenpauschale, sodass die Ziffernfolge 02402-02403 EBM formal möglich ist, auch wenn es zu einem APK kommt.

Corona-Antikörper-Schnelltests abrechnen
EBMLegendeEuroTestFormular
Gespräch, Abstrichentnahme und Zeugnisausstellung
88300Pbei Kontaktpersonen15,00Antigenx
beim Auftreten von Infektionen
88301PNach Warnung durch Corona-Warn-App15,00Antigenx
88302Pin medizinischen Einrichtungen
88303Pin Gemeinschaftseinrichtungen
88304Pin Pflege- und anderen Wohneinrichtungen
88305P       in sonstigen Einrichtungen
EBMLegendeEuroTestFormular
Gespräch, Abstrichentnahme und Zeugnisausstellung
zur Verhütung der Ausbreitung
88306Pin medizinischen Einrichtungen 15,00Antigenx
88307Pin Pflege- /Wohneinrichtungen
88308Pin sonstigen Einrichtungen
88309Pbei Rückkehrern aus ausländischen Risikogebieten
88310P       bei Rückkehrern aus inländischen Risikogebieten
EBMLegende
Euro
88311Ärztliche Schulung zur Anwendung und Auswertung von PoC-Antigen-Tests in nicht-ärztlich geführten Einrichtungen für patientennahen PoC-Antigen-Test70,00
88312Vergütung von Sachkosten von PoC-Antigen-Tests in Höhe der entstandenen Beschaffungskosten, jedoch maximal 7 Eurobis 7,00

Diese Leistungen sollen bundesweit zur Abrechnung von Corona-Antikörperschnelltests zum Ansatz kommen. Werden die Analysen als PCR-Test durchgeführt, entfällt das Suffix „P“ und das Formular OEGD muss zur Veranlassung im Labor verwendet werden.

Quelle: KBV 23.10.2020


In welchen Fällen ist die Leistung nicht gratis?

Anspruch auf die Durchführung eines Corona-Antikörper-Schnelltests haben nach der neuen TestV alle, die Kontakt mit einem Infizierten hatten, die von der Corona-Warn-App informiert wurden, die in einer definierten Einrichtung arbeiten bzw. dorthin aufgenommen werden sollen oder die aus einem nach der Definition des RKI eingestuften Risikogebiet im Inland oder Ausland kommen. Es sind also nur wenige Fallkonstellationen, bei denen kein Anspruch auf eine kostenlose Testung besteht. Ein Beispiel könnte sein, wenn der Arbeitgeber von einem Mitarbeiter einen negativen Test verlangt, obgleich dieser von einem Urlaub aus einer Region zurückkehrt, die zum Zeitpunkt des Aufenthaltes nicht als Risikogebiet eingestuft war.

Wie sind solche Antigenschnelltests, die in der Praxis durchgeführt werden können, dann nach GOÄ berechnungsfähig? In Betracht kommt der Ansatz der Nr. 4648 GOÄ (Ligandenassay [...] zum Nachweis von viralen Antigenen im Nativmaterial, je Untersuchung). Die Leistungsbeschreibung entspricht zwar nicht exakt den Verfahren der zugelassenen Schnelltests. Da die Leistung mit 14,57 Euro (Einfachsatz) bewertet und der Aufwand vergleichbar ist, kommt aber eine analoge Berechnung nach §5 Absatz 2 GOÄ in Betracht.

Das Problem ist dabei allerdings, dass die Nr. 4648 GOÄ sich im Abschnitt M IV der GOÄ befindet und dessen Leistungen üblicherweise nur von Laborärzten oder Ärzten mit vergleichbarer Qualifikation erbracht werden dürfen. In einer Stellungnahme der Bundesärztekammer zur „Abrechnung von BNP beziehungsweise NT-proBNP“ (GOÄ-Ratgeber im DÄB vom 13.5.2016) wird jedoch die Auffassung vertreten, dass für Schnelltests dieser Art keine besondere Fachkunde erforderlich ist. „Die Messsysteme (auch die der zugelassenen Corona-Schnelltests) sind nach Auffassung der BÄK so konzipiert, dass für ihre Handhabung keine eingehende medizinisch-technische Qualifikation und Erfahrung auf dem Gebiet der Laboratoriumsmedizin benötigt wird.“ Solche Tests können somit auch durch Nicht-Laborfachärzte oder Ärzte ohne Zusatzweiterbildung in fachgebundener Labordiagnostik in Rechnung gestellt werden.

Corona-Antikörper-Schnelltests als IGeL berechnen
GOÄLegendeEuro/1x
1Beratung4,66
298Abstrichentnahme Nasen-/Rachenraum2,33
A4648Corona-Antikörperschnelltest (Art des Testes angeben)14,57
A245Hygiene„pauschale“6,41

Quellen: GOÄ, GOÄ-Ratgeber DÄB 13.5.2016

Der KBV zufolge sollen den Softwarehäusern die neuen Leistungen zeitnah für Updates zur Verfügung gestellt werden. Da die regionalen KVen diese bundeseinheitlichen Pseudonummern allerdings nicht übernehmen müssen, sondern eigene Abrechnungsregelungen beibehalten können, empfiehlt es sich, zunächst auf die Rundschreiben zu warten und die neuen Leistungen nicht händisch in das Praxisverwaltungssystem aufzunehmen. Damit kein Honorar verloren geht, sollte man die bis zur Einführung der neuen Leistungen getätigten Testungen aber kennzeichnen, um den späteren Ansatz der Pseudonummer vornehmen zu können.

Medical-Tribune-Bericht

Der Beitrag wurde am 31.10.2020 überarbeitet.