Bewertungsportale Ärzte müssen Schmähkritik nicht dulden

Praxisführung Autor: Matthias Struwe

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Patienten nutzen Bewertungsportale für die Suche nach einem Arzt, aber auch, um Kritik loszuwerden. Wollten die Kritiker ihre Identität nicht preisgeben, so konnten sich Portalbetreiber bisher hinter dem Datenschutz verschanzen. Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs legt Bewertungsportalen weitreichende Prüfpflichten auf.

Ärzte und andere Dienstleister sehen sich im Internet häufig massiver Kritik an ihrer Person, ihrer Arbeit und ihren Leistungen ausgesetzt. Teilweise ist sie berechtigt, zum Teil entbehrt sie jedoch jeglicher Grundlage und zielt schlicht auf eine Diffamierung des Betroffenen ab. Die Gerichte hatten in der Vergangenheit schon häufig über Klagen wegen solcher Veröffentlichungen über Bewertungsportale im Internet entschieden und dabei den Ärzten bzw. anderen Betroffenen Recht gegeben. An der Praxis der Portale hat dies wenig geändert.

Anonyme Kritiker prüfen

Allerdings dürfen die Portalbetreiber ihre Prüfpflichten nicht ignorieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um schwerwiegende Kritik seitens anonymer Nutzer geht. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem jüngst veröffentlichten Urteil entschieden (Az: VI ZR 34/15). Die Karlsruher Richter leisten damit einen wichtigen Beitrag dazu, dass die Veröffentlichung unberechtigter Kritik über Bewertungsportale künftig zurückgehen sollte.

Im konkreten Fall richtete sich die Klage gegen das Ärztebewertungsportal Jameda. Die Richter sahen es insbesondere wegen der Möglichkeit, Kritik anonym abzugeben, als verpflichtet an, dem Bewertenden die Beanstandung des betroffenen Arztes zu übersenden und ihn anzuhalten, den angeblichen Behandlungskontakt mit dem Arzt möglichst genau zu beschreiben. Außerdem hätte Jameda den Bewertenden auffordern müssen, Unterlagen, die den Behandlungskontakt belegen, vorzulegen, soweit dies datenschutzrechtlich zulässig ist. Diese erhobenen Informationen und Unterlagen hätten sodann an den betroffenen Arzt weitergeleitet werden müssen. Jameda hat nun die Gelegenheit, hierzu noch ergänzend in dem Rechtsstreit vorzutragen.

Ärzte künftig besser geschützt?

"Es ist davon auszugehen, dass Ärzte und andere Dienstleister künftig besser vor falschen und beleidigenden Bewertungen im Internet geschützt sind. Die Prüfungspflichten, die der BGH Jameda im konkreten Fall auferlegt hat, sind sehr weitreichend. Alle Betreiber von Bewertungsportalen müssen spätestens ab jetzt sehr ernsthaft darüber nachdenken, wie sie mit der Verbreitung unberechtigter Kritik umgehen. Weitreichendere Schutzmaßnahmen als bisher sind unumgänglich", erklärt der Wettbewerbsrechtsexperte Dr. Stefan Eck von KLAKA Rechtsanwälte in München.

Eck hatte im vergangenen Jahr vor dem Landgericht München I eine Entscheidung erstritten, mit der es Jameda gerichtlich verboten wurde, Ärzte ganz oben auf die Bewertungsskala zu setzen, nur weil diese für das Ranking bezahlt hatten. Die gekauften Top-Platzierungen waren nicht klar als Anzeige gekennzeichnet worden und daher wettbewerbswidrig.

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (7) Seite 70
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.