Abrechnungstipps Alltäglich, aber tückisch: Die Honorarpauschalen

Praxisführung Autor: Peter Schlüter

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Der bereits vor 30 Jahren eingeführte Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) wurde mittlerweile mehrfach umgestaltet und verändert, womit sich auch die verschiedenen Begriffe geändert haben. Wichtig ist jedoch, die gültigen Begriffe sprachlich korrekt zu lesen und anzuwenden, da sich dahinter unterschiedliche Leistungen und Leistungsaspekte verbergen können. Abrechnungstechnisch sind diese feinen Unterschiede in der Begrifflichkeit von großer Relevanz und sie begegnen uns täglich.

Der Praxisfall

Ein 46-jähriger Patient stellt sich mit Schmerzen in der linken Hand vor. Als Vorerkrankungen sind eine Hypertonie und ein Diabetes mellitus Typ 2 bekannt. Die Untersuchung ergibt das Vorliegen eines Karpaltunnelsyndroms. Der Patient wird über die Diagnose aufgeklärt und zum Chirurgen überwiesen. Dieser bestätigt die Diagnose und vereinbart mit dem Patienten einen Termin zur ambulanten Operation. Zuvor muss vom Hausarzt eine Narkosefähigkeitsuntersuchung durchgeführt werden. Dazu überweist der Chirurg den Patienten zurück zum Hausarzt per Überweisung mit Zielauftrag "Präoperative Diagnostik". Sie führen diese durch und senden den Befundbericht dem Chirurgen. Nach etwa 10 Tagen erscheint der Patient wieder zur Durchführung der postoperativen Behandlung. Dazu hat dieser wiederum eine Überweisung mit entsprechendem Zielauftrag.

Der Knackpunkt

Sie müssen in diesem Fall im Grunde drei "Scheine" anlegen. Ihren hausärztlichen Originalschein sowie zwei Überweisungsscheine mit entsprechendem Zielauftrag. Auf dem Originalschein werden die Versichertenpauschale sowie weitere Leistungen der hausärztlichen Versorgung abgerechnet, auf den Überweisungsscheinen jeweils die Konsultationspauschale zuzüglich entsprechender Leistungen des Zielauftrages. In diesem Fall die präoperative Untersuchung bzw. der postoperative Behandlungskomplex. Achten Sie unbedingt darauf, dass auf den Überweisungsscheinen "Zielauftrag" markiert ist. Ist dies nicht der Fall, wird Ihnen die Konsultationspauschale nach GOP 01436 nicht vergütet.

Der Bundesmanteltarif Ärzte (BMÄ) und die Ersatzkassengebührenordnung (EGO) sind die Gebührenordnungen, nach denen die ärztlichen Leistungen für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abzurechnen sind. Beide Gebührenordnungen sind zusammengefasst zum Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM). Der EBM ist mittlerweile im allgemeinen Sprachgebrauch zur Gebührenordnung für GKV-Patienten geworden, doch er ist keine Gebührenordnung. Dies sind vielmehr der eingangs erwähnte BMÄ und die EGO. Wie wichtig die Begrifflichkeit bei der korrekten Abrechnung ist, soll im Folgenden dargelegt werden.

Noch heute wird der Begriff der Ordinationsgebühr in einigen Praxen verwendet, welche es im EBM aber schon lange nicht mehr gibt. An die Stelle dieses Begriffes ist die Versichertenpauschale (für den hausärztlichen Versorgungsbereich) bzw. die Grundpauschale (für den fachärztlichen Versorgungsbereich) getreten. Hierbei handelt es sich um Honorarpauschalen mit ganz bestimmten Leistungsinhalten und klar definierten Rahmenbedingungen.

So ist z. B. in der Versicherten- wie auch in der Grundpauschale der Befundbericht nach GO-Nr. 01600 bzw. der Arztbrief nach GO-Nr. 01601 enthalten. Damit kann in dem Arztfall, in dem die Versicherten- bzw. die Grundpauschale berechnet wurde, weder der Befundbericht noch der Arztbrief abgerechnet werden. Wenn Sie nun von einer anderen Praxis einen Patienten per Überweisung mit Zielauftrag zugewiesen bekommen und der Patient in dem Behandlungsfall (Quartal) schon bei Ihnen war, ist die Versichertenpauschale bzw. die Grundpauschale schon abgerechnet. Für den Zielauftrag steht Ihnen dann aber, neben der Berechnung der reinen Auftragsleistung, auch noch die Berechnung der Konsultationspauschale nach GOP 01436 zu.

Achten Sie auf die Begriffe! Die Konsultationspauschale – nicht zu verwechseln mit der Konsiliarpauschale – ist eben nicht die Versicherten- bzw. Grundpauschale. Nun müssen Sie sich die Rahmenbedingungen der Konsultationspauschale genauer ansehen. Dort heißt es in der ersten Anmerkung: "Die GOP 01436 kann nicht neben Versicherten-, Grund- und/oder Konsiliarpauschalen berechnet werden." Sie haben nun schon früher in einer anderen Sitzung die Versicherten- bzw. Grundpauschale abgerechnet. Damit können Sie nun bei dem Patienten, der Ihnen per Zielauftrag zugewiesen wurde – auch wenn es Ihr eigener Patient ist –, die Konsultationspauschale zusätzlich zu der Gebühr für die Auftragsleistung abrechnen.

Was bedeutet das abrechnungstechnisch?

Nach den oben gezeigten Leistungsinhalten für die Grund- bzw. Versichertenpauschale gehört der Befundbericht und der Arztbrief zu den Leistungsinhalten und ist in diesem Arztfall nicht gesondert berechnungsfähig. Da nun aber Arztbrief bzw. Befundbericht nicht zum Leistungsinhalt der Konsultationspauschale gehören, dürfen Sie in diesem Fall auch die Gebühren nach den GOP 01600 oder GOP 01601 zusätzlich berechnen.

Im Detail

Für den ersten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt im Quartal wird die Versichertenpauschale (GOP 03003) abgerechnet (altersgestaffelte Bewertung; vgl. Fallbeispiel). Verschiedene Pauschalen wie die Vorhaltepauschale nach GOP 03040, die Pauschale für die Nichtärztliche Praxisassistentin (NäPa) nach GOP 03060 und der Zuschlag nach GOP 03061 werden automatisch von der KV zugesetzt, sofern die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind (keine Leistungen gemäß §6 [Abgrenzungen der fachärztlichen Versorgung], Anlage 5 des Bundesmantelvertrags Ärzte [BMV-Ä]). Der Patient ist im Sinne des EBM ein Chroniker (Hypertonie, Diabetes mellitus), weshalb auch die Chronikerpauschale (GOP 03220) zu berechnen ist. Zu dieser GOP wird seitens der KV wiederum die GOP 03222 für die Erstellung eines Medikamentenplanes zugesetzt. Für die zweite Konsultation rechnen Sie die Konsultationspauschale nach GOP 01436 und die GOP 31012 für die präoperative Untersuchung als Zielauftrag ab.

Für die postoperative Wundversorgung, dafür haben Sie ebenfalls eine Überweisung mit Zielauftrag erhalten, rechnen Sie erneut die Konsultationspauschale nach GOP 01436 sowie den postoperativen Behandlungskomplex nach GOP 31600 (hausärztlicher Versorgungsbereich) ab.


Autor:
Arzt für Allgemeinmedizin
76684 Tiefenbach
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Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (6) Seite 77-79
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

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