Ärzte-Versorgung Befreiungsmöglichkeit weiter eingeschränkt?

Praxisführung Autor: ETL Advision Steuerberatungsgesellschaft, Berlin

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Schon seit 31. Oktober 2012 müssen Ärzte bei jeder neuen versicherungspflichtigen Beschäftigung eine neue Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beantragen, wenn sie sich lieber in einem berufsständischen Versorgungswerk versichern wollen. Ein Urteil des Bundessozialgerichts, das die Befreiungsmöglichkeit von der Rentenversicherungspflicht für Unternehmensjuristen de facto aufhebt, könnte auch manchen angestellten Ärzten diese Möglichkeit in Zukunft verbauen.

Auch angestellte Ärzte können sich in den berufsständischen Versorgungseinrichtungen rentenversichern. Sie sind zwar als unselbständig Beschäftigte grundsätzlich auch in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Doch eine Doppelversicherung ist vermeidbar, indem eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt wird. Nachdem das Bundessozialgericht (BSG) Ende 2012 entschieden hatte, dass sich jeder Befreiungsantrag nur auf den jeweiligen Arbeitgeber und auf die konkret beantragte Tätigkeit bezieht, hat die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) ihre Verwaltungspraxis geändert. Für jede nach dem 31. Oktober 2012 neu aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung oder versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit ist seither ein eigenständiges Befreiungsverfahren durchzuführen. Als neu aufgenommen in diesem Sinne gilt nicht nur, wenn ein Arzt in eine andere Praxis wechselt oder ein Apotheker in einer anderen Apotheke tätig wird. Auch eine wesentliche Änderung im Tätigkeitsfeld bei dem bisherigen Arbeitgeber erfordert einen erneuten Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht.

Bestandsschutz nur für Altverträge praktizierender Ärzte

Wechselt ein Krankenhausarzt nur auf eine andere Station oder steigt ein Stationsarzt zum Oberarzt auf, liegt noch keine wesentliche Änderung des Tätigkeitsfeldes vor. Gleiches gilt für angestellte Ärzte auch im Fall einer Praxisveräußerung an einen Praxisnachfolger. Sofern bei einem solchen Betriebsübergang das bisherige Aufgabengebiet und die arbeitsrechtliche Stellung zum Arbeitgeber nicht berührt werden, ist kein neuer Befreiungsantrag nötig. Für alle berufsständisch versorgten Ärzte und Psychotherapeuten, die bereits zum 31. Oktober 2012 bei ihrem jetzigen Arbeitgeber beschäftigt waren, muss ebenfalls kein neuer Befreiungsantrag gestellt werden, sofern sie eine klassische heilberufliche Tätigkeit ausüben. Es muss aber zumindest ein einmal erteilter Befreiungsbescheid vorliegen. Anderenfalls wird auch die aktuell ausgeübte Beschäftigung rentenversicherungspflichtig, wenn kein (neuer) Befreiungsantrag gestellt wurde. Anders sieht es aus, wenn Ärzte oder Apotheker ihre eigentliche berufsspezifische Beschäftigung aufgegeben haben, um etwa in einem Pharmaunternehmen oder an einer Universität Grundlagenforschung zu betreiben. Eine für die Praxistätigkeit erteilte Befreiung wirkt hier nach dem Arbeitsplatzwechsel nicht automatisch weiter. Vielmehr war auch schon bisher die Befreiung für die neue Tätigkeit von einer konkreten Beschreibung des Arbeitsplatzes abhängig, da nur berufsspezifische Tätigkeiten befreiungsfähig sind. Deshalb mussten Ärzte in der Forschung ebenso wie Industrieapotheker auch vor der Entscheidung des BSG bei jedem Arbeitgeberwechsel eine neue Befreiung beantragen. Für deren Arbeitgeber besteht ein erhebliches wirtschaftliches Risiko, wenn für die aktuell ausgeübte – nicht klassisch heilberufliche Tätigkeit – kein Befreiungsantrag gestellt wurde und auch keine schriftliche Bestätigung für das Weitergelten der ursprünglichen Befreiung vorgelegt werden kann. Hier hilft nur ein neues Antragsverfahren. Wird dieses positiv beschieden, fallen auch für die Vergangenheit keine Rentenversicherungsbeiträge an. Wird jedoch im Rahmen des Antragsverfahrens oder bei der nächsten Betriebsprüfung die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nachträglich festgestellt, entfällt der Bestandsschutz und es fallen auch rückwirkend Rentenversicherungsbeiträge und eventuell zusätzlich Säumniszuschläge an.

Befreiungsmöglichkeit soll auf den klassischen Arztberuf beschränkt werden

Festangestellte Unternehmensjuristen – sogenannte Syndikusanwälte – müssen Rentenversicherungsbeiträge entrichten, entschied kürzlich das BSG (Az. B 5 RE 3/14 R). Auf den ersten Blick könnten Ärzte meinen: Was geht mich das an? Wer als Arzt in einer Praxis oder einem Krankenhaus tätig wird oder als Apotheker in einer Apotheke, kann aufatmen, denn er darf weiterhin im Versorgungswerk versichert bleiben. Anders sieht es aus bei Ärzten und Apothekern, die in der Forschung, als Medical Manager oder Pharmaberater tätig werden, aber auch bei Ärzten, die bei einer Ärztekammer oder als Fachjournalisten in einem Verlag beschäftigt sind. Da sie nicht mehr ihre berufsspezifische Tätigkeit ausüben, können sie nach der Auffassung der Bundessozialrichter auch nicht von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit werden. Damit wäre ein Verbleib im Versorgungswerk nicht mehr möglich. Noch ist zwar nicht klar, wie die DRV das Urteil umsetzen wird. Aufatmen können nur diejenigen, die bereits in einer nicht berufsspezifischen Tätigkeit als Arzt oder Apotheker angestellt sind und über einen aktuellen Befreiungsbescheid verfügen. Für sie gilt ein Vertrauensschutz. Wer jedoch künftig in eine nicht arzttypische Beschäftigung wechselt, muss damit rechnen, in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragspflichtig zu werden und sich nicht mehr im Versorgungswerk versichern zu können.

Hinweis

Es bleibt abzuwarten, wie das Urteil umgesetzt wird und in welchen Fällen auch Ärzte mit einer nicht berufsspezifischen Tätigkeit im Versorgungswerk verbleiben können. Unabhängig davon empfiehlt ETL allen Praxisinhabern, zu prüfen, ob für ihre angestellten Ärzte ein (aktueller) Befreiungsbescheid von der GRV vorliegt. Achten Sie darauf, dass bei jedem neu eingestellten Arzt, Zahnarzt oder Apotheker innerhalb von drei Monaten nach Beschäftigungsbeginn ein Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht in der DRV gestellt wird. Bei einer späteren Antragstellung kann eine Befreiung erst ab dem Tag des Antragseingangs bei der DRV erteilt werden.


Quelle: ETL Advision Steuerberatungsgesellschaft, Berlin

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (15) Seite 70-71
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.