Selektivverträge Behandlung nur für HzV-Patienten?

Praxisführung Autor: W. Enzmann

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Hausarztverträge haben viele Vorzüge für den Arzt und seine Patienten. Da scheint die Idee naheliegend, sich auf die Behandlung jener Patienten zu beschränken, die sich in einen HzV-Vertrag eingeschrieben haben. Aber darf der Vertragsarzt das überhaupt?

Mehr Arbeitszufriedenheit durch weniger Bürokratie, ein als besser empfundenes Vertrauensverhältnis der Patienten zu ihrem Arzt, vielleicht auch ein positiver Effekt auf den Praxisgewinn – es gibt, wie im Editorial dieser Ausgabe geschildert, eine ganze Anzahl von Gründen, welche die Teilnahme an der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV) für einen Allgemeinarzt und seine Patienten vorteilhaft erscheinen lassen. Auch wenn der Trend nicht in allen Bundesländern und bei allen Kassen gleichermaßen ausgeprägt ist, scheinen doch immer mehr Hausärzte erfreut, wenn ihre Patienten eine HzV-Vereinbarung unterschreiben.

So gesehen liegt es nicht völlig fern, wenn ein Hausarzt (oder eine Hausärztin) in dem Bestreben, die persönliche Arbeitsbelastung zu reduzieren, sich auf die Behandlung von HzV-Patienten beschränken möchte. Zur Frage, ob das erlaubt ist, hat die Redaktion die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns und den Deutschen Hausärzteverband befragt. Die beiden Statements stimmen in der Aussage überein: Vertragsärzte sind verpflichtet, jeden Versicherten zu behandeln, unabhängig davon, ob dieser an einem Selektivvertrag teilnimmt.

Das sagt der Deutsche Hausärzteverband

Jeder Vertragsarzt ist grundsätzlich verpflichtet, jeden Patienten, der seine Praxis aufsucht, zu behandeln. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei dem Patienten um einen GKV- oder Privatversicherten handelt, ob er Selbstzahler ist oder ob er an Selektivverträgen teilnimmt. Diese Pflicht kann nur in begründeten Ausnahmefällen wegfallen. Solche Gründe können beispielsweise ein fehlendes Vertrauensverhältnis, eine Überlastung des Arztes oder eine Nichtbefolgung ärztlicher Anordnungen sein. Für den Vertragsarzt ist entscheidend, dass er im Zweifel einen Ausnahmefall begründen kann. Ob eine Patientin oder ein Patient an Selektivverträgen teilnimmt, ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend. Die Teilnahme ist sowohl für die Hausärztinnen und Hausärzte als auch für die Patienten freiwillig.

Das sagt die KV Bayerns

Die Teilnahme an der Hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b Absätze 3 und 4 SGB V setzt einen Vertrag mit vertragsärztlichen Leistungserbringern oder Gemeinschaften dieser Leistungserbringer voraus. Aus diesem Kreis kann der Versicherte einen HzV-Arzt auswählen und sich bei diesem einschreiben.


Folglich setzt eine Tätigkeit im Rahmen eines HzV-Vertrages eine Zulassung als Vertragsarzt voraus. Für die vertragsärztliche Tätigkeit gelten die (allgemeinen) vertragsärztlichen Pflichten, insbesondere aus dem Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä).


Aus § 76 Absatz 1 SGB V ergibt sich die freie Arztwahl der Versicherten unter den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten. § 13 Absatz 3 BMV-Ä konkretisiert dies, und in Absatz 7 ist der Hinweis vorhanden, dass die Behandlung von Versicherten nur in begründeten Fällen abgelehnt werden darf. Folglich besteht eine Behandlungspflicht der Vertragsärzte für GKV-Versicherte unabhängig davon, ob diese in der hausärztlichen Versorgung eingeschrieben sind oder nicht.


Hinzu kommt, dass die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung für Versicherte freiwillig ist (§ 73b Absatz 3) und auch nicht eingeschriebene Versicherte das Recht der freien Wahl unter den Vertragsärzten haben. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Nichteinschreibung in einen HzV-Vertrag kein begründeter Fall im Sinne § 13 Absatz 7 BMV-Ä sein kann, die den Vertragsarzt berechtigen würde, die Behandlungen abzulehnen. Denn hier sind Fälle der Störung des Arzt-Patienten-Verhältnisses gemeint, die zur Unzumutbarkeit der Durchführung der Behandlungspflicht beim Arzt führen würden. Dies ist jedoch bei der – zumal freiwilligen – Nichteinschreibung in die HzV nicht der Fall.


Daher würde eine generelle Behandlungsablehnung nichteingeschriebener Versicherter eine vertragsärztliche Pflichtenverletzung darstellen.


Werner Enzmann

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (5) Seite 60
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.