Social Media Braucht der Hausarzt das?

Praxisführung Autor: F. Mader

Angefangen hatte alles ganz konventionell: Schon vor über 10 Jahren hatten Dr. med. Frederik Mader und seine Kollegen für ihre Gemeinschaftspraxis eine Infobroschüre aufgelegt, die den Patienten das Warten auf ihren Termin erleichtern, nebenbei die Arbeit des Teams abbilden und Wissenswertes transportieren sollte. Frederik Mader schildert, wie daraus ein beliebter Facebook-Auftritt wurde.

Ambitioniert gestartet, gestaltete sich die regelmäßige Aktualisierung des Blatts äußerst schwierig, weil nicht immer alle Praxispartner Zeit hatten, interessante Kurzartikel in redaktionell verwertbarer Form beizusteuern, um ein abwechslungsreiches Blättchen herzustellen. Zudem war es sehr aufwendig und relativ teuer, die Artikel professionell layouten und drucken zu lassen. Nach wenigen Auflagen schlief unser Projekt ein.

Vor einem knappen Jahr stieß ich mehr zufällig auf das lesenswerte Büchlein „Social Media für Praxis und Klinik“ [1], das mich als Internet-affinen Arzt rasch gefangen nahm. Ausgestattet mit dem nötigen Rüstzeug wie Smartphone und Multimedia-Computer war ich zwar schon lange, einen Facebook-Account hatte ich freilich noch nicht, und mit dem Begriff Twitter konnte ich auch nichts Rechtes anfangen. Begeistert hatte mich aber die Idee, für unsere Praxis eine Plattform zu schaffen, mit der mittels einiger kurzer Mitteilungen eine ganze Menge von aktuellen und potenziellen Patienten erreicht werden könnte.

Wie starten?

Bei meinem weiteren Vorgehen hielt ich mich ganz eng an die Empfehlungen im o. g. Büchlein – anders wäre ich auch verloren gewesen, hatte ich doch bis dahin einfach zu wenig Ahnung von den sozialen Netzwerken. Ich richtete mir also ein persönliches Facebook-Profil ein, das ich allerdings nur mit den allerknappsten Pflichtangaben speiste. Irgendwelche Facebook-Freunde habe ich bis heute nicht, ich wollte letztlich ja nur unsere Praxis auf einer professionellen Seite präsentieren. Das Erstellen der Facebook-Seite war an einem Abend erledigt. In der Folgezeit stellte ich Woche für Woche Kurznachrichten aus der Praxis ein, idealerweise kombiniert mit einem Foto, um der Information einen anspruchsvolleren Rahmen zu geben.

Ziel war von Anfang an, nach außen abzubilden, dass unsere Praxis mehr ist als nur ein Ort zur Behandlung von Krankheiten, sondern vielmehr ein dynamischer Lebensraum von engagierten Ärzten und MFAs, die mit sehr viel Freude ihrem schönen Beruf nachgehen.

Bekanntheit erreichen durch ein Schneeballsystem

Anfangs hatten wir natürlich noch keine Leser, d. h. niemanden, der von unserem Angebot hätte wissen und auf unserer Seite den „Gefällt mir“-Button hätte anklicken können. Um einen Basis-Leserstamm zu generieren, haben wir bei vielen Kontakten den Patienten kleine, extra angefertigte Visitenkärtchen in die Hand gedrückt und auf unser neues Angebot verwiesen. Wir waren überrascht, wie viele Menschen – nicht nur Jugendliche – sich regelmäßig bei Facebook tummeln. Nach einigen Wochen hatten wir so einen Stamm von ca. 40 treuen Fans, die unsere Nachrichten gelesen haben. Jedes Mal, wenn diese ein Posting mit „Gefällt mir“ markiert haben, wurde das deren Facebook-Freunden mitgeteilt, die so in einer Art Schneeballsystem nach und nach auf unsere Seite gelenkt worden sind. So wuchs unser Leserstamm in einem Dreivierteljahr auf knapp 160; jede Woche kommt im Schnitt einer dazu.

Aktualisierung der Inhalte pflegeleicht und zeitschonend

Bisher fiel es mir noch nie schwer, Facebook mit Kurzinformationen aus dem Praxisleben zu füttern. Üblicherweise stelle ich durchschnittlich eine Information pro Woche ein. Der Zeitbedarf ist überraschend gering; in maximal 5 Minuten ist ein Beitrag fertig. Dass keine großen zeitlichen Ressourcen gebunden werden, ist schließlich eine Grundvoraussetzung, diesen Patientenservice weiter anzubieten.

Es ist mitunter schon erstaunlich, wie viele Menschen unsere Mitteilungen und Fotos anklicken. Als Administrator der Facebook-Seite wird mir bei jedem Posting gezeigt, wie oft die Information angeklickt wird. Spitzenreiter ist ein kürzlich eingestellter Beitrag mit Fotos der Praxis-Weihnachtsfeier, den sich tatsächlich knapp 900 Leute angesehen und 22 mit „Gefällt mir“ markiert haben.

Aufgepasst: Fehlermöglichkeiten!

Natürlich gibt es Stolperfallen. Um nicht angreifbar zu sein, sind einige Regeln zu beachten, die Sie sicher schon kennen, wenn Sie eine Praxis-Website betreiben:

An zentraler und gut sichtbarer Stelle muss ein Impressum eingepflegt sein. Hier reicht die Verlinkung auf die entsprechenden Pflichtangaben auf Ihrer Website.Verzichten Sie auf anpreisende Werbung und beschränken Sie sich auf medizinisch relevante Informationen. Keine Patientenberatung via Internet: Empfehlen Sie im Zweifelsfall einen Termin in Ihrer Sprechstunde.Stellen Sie niemals Fotos von Patienten ein.Bevor Sie Bilder des Praxisteams einstellen, vergewissern Sie sich, dass auch tatsächlich keiner der Abgebildeten etwas dagegen einzuwenden hat.

Nach 9 Monaten Facebook sind wir endgültig überzeugt, endlich ein kurzweiliges und lebendiges Medium gefunden zu haben, mit dem wir unsere Praxis in der Öffentlichkeit adäquat darstellen und unseren Patienten einen echten Informations-Mehrwert geben können. Der Zeitaufwand zur Pflege eines stets aktuellen Angebots ist überschaubar, das Feedback der Patienten überraschend positiv. Unsere Face-book-Seite ergänzt harmonisch unsere eher etwas statischer gehaltene Webseite, die unseren Patienten via Google-Suche immer noch als erste Anlaufstelle im Internet dient.

Berichtenswertes aus dem Innenleben einer Hausarztpraxis gibt es unendlich viel. Hier einige Beispiele:

  • Wir verweisen auf unseren Bereitschaftsdienst am kommenden Wochenende mit Angabe der Notfallsprechstundenzeiten.
  • Im Winter erinnern wir an die frisch eingetroffene Grippeimpfung, im Sommer an die Hepatitis-A-Schutzimpfung.
  • Einer der Praxispartner erscheint in der regionalen Tageszeitung? Das sollte einen Beitrag (bzw. einen Link) auf Facebook wert sein!
  • Wenn der Doktor wieder mal nicht in der Sprechstunde ist, mag das auf den ersten Blick für die Patienten ärgerlich sein. Wenn diese aber via Facebook erfahren, dass er zu einem Vortrag eingeladen ist oder an einer Fortbildung teilnimmt, erscheint diese Tatsache in einem viel positiveren Licht!
  • Das Praxisteam verbringt einen geselligen Abend miteinander oder spendiert sich einen Betriebsausflug? Ein Foto auf Facebook rundet die Aktion ab.
  • Wir stellen die Studenten vor, die ein Praktikum oder ihre Famulatur bei uns leisten.
  • Stellenbörse: Wir haben unseren Azubi natürlich auch via Facebook gesucht.
  • Interessantes aus der aktuellen wissenschaftlichen Literatur bereiten wir für Laien auf.
  • Warum fotografieren Sie nicht Ihr frisch eingetroffenes Fortbildungszertifikat und stellen es ein? So können alle sehen, wie viel Zeit Sie in Ihren Kompetenzerhalt investieren!

Twitter erreicht weitaus weniger Patienten

Angeregt von der Lektüre von „Social Media für Praxis und Klinik“ hatte ich mich anfangs parallel darangemacht, auch einen Twitter-Account zu erstellen. Dieses Medium lebt ja von kurzen, knackigen, maximal 140 Zeichen langen Informationen, den sogenannten Tweets. Es hat sich allerdings rasch herausgestellt, dass in unserer Patientenschaft weit weniger Menschen Twitter zur Informationsbeschaffung nutzen als Facebook. Nach 9 Monaten hat unser Twitter-Account nur 13 Follower, von denen nur ein Bruchteil Patienten bei uns sind.

Twitter dient uns nun in erster Linie als rasch zu fütternder Kanal, um Links einzustellen, die Patienten auf unsere Webseite locken sollen – und außerdem als Quelle für Informationen aus dem weiten Feld der Medizin und der Wissenschaften, die auf unserer Facebook-Seite weiter zielgruppenorientiert aufbereitet werden können.

Holen Sie sich hier gerne Anregungen:

Literatur
1) Social Media für Praxis und Klinik – Ein praktischer Leitfaden für Einsteiger, Marc Däumler, MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 1. Auflage (4. April 2013), 181 Seiten


Autor:
Dr. med. Frederik M. Mader
Facharzt für Allgemeinmedizin
93152 Nittendorf

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (SH practica) Seite 33-35
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.