In sieben Schritten zur MFA Der Arzt und sein Team als Ausbilder

Praxisführung Autor: I. Schluckebier

Eine neue Mitarbeiterin auszubilden ist ein wichtiger und anspruchsvoller Prozess, der sich im täglichen Praxisbetrieb nicht nebenher und von selbst erledigt. Wenn auch die Verantwortung letztlich in den Händen des Arztes liegt, so wird doch ein Großteil dieser Aufgabe an die MFAs weitergegeben. Was sollte das ausbildende Team dazu wissen?

In guten Praxen ist das gesamte Team an der Ausbildung beteiligt. Dafür ist es wichtig, dass alle am gleichen Strang ziehen und sich an klar definierte Absprachen, Wege und Ziele halten, um der Auszubildenden einen guten Start und eine gute Ausbildung zu geben. Um das zu erreichen, sollten wir drei Fakten stets vor Augen haben: Die Ausbildung legt den Grundstein für die späteren Berufsjahre. Die Ausbildung steht immer im Vordergrund, die Auszubildende ist keine günstige eigenständige Arbeitskraft. Und: Die heutigen Auszubildenden sind unsere Zukunft. Doch wie sieht ein guter Weg in der MFA-Ausbildung aus? Ein guter Weg führt über sieben erfolgreiche Stationen ans Ziel, die im Folgenden beschrieben werden.

1. Begrüßen und ankommen

Wenn wir uns die Frage stellen: „Was macht den Neuankömmling aus?“, dann werden wir schnell herausfinden, was wir für die Auszubildende tun können (Kasten 1). Sie ist fremd in einem neuen Tagesablauf, in fremden Räumlichkeiten mit ungewohnter Ausstattung. Sie ist umgeben von fremden Kolleginnen, alle meist erwachsen und schon älter. Für den jungen Menschen beginnt mit dem Wechsel von seinen gewohnten Sozialfeldern in die unbekannte Arbeitswelt von einem Tag auf den anderen ein völlig neuer Lebensabschnitt. Der Azubi ist nicht mehr mit seinen Freunden in der Schule und danach zu Hause in seiner Familie. Jetzt ist alles neu und anders: Der Arbeitstag hat acht bis neun Stunden, der Tagesablauf ist fremdbestimmter und fremdkontrolliert. Er ist geprägt durch eine schier unüberschaubare Anzahl formeller und informeller Regeln, und alle Situationen sind nicht Spiel im pädagogischen Schonraum, sondern Ernst. Auch die Lernsituation – „learning by doing“ – ist neu und ungewohnt, ebenso die unmittelbare Kontrolle durch andere Mitarbeiter, den Chef und natürlich auch die Patienten. In jedem Unternehmen gibt es eine betriebliche Hierarchie, in welche die Arbeitsteilung und die Zusammenarbeit mit den Erwachsenen eingebettet sind.

2. Ins Team integrieren

Der richtige Ausbildungsstil ist von großer Bedeutung. Gerecht und glaubwürdig, vertraulich und eindeutig, überzeugend durch Erklärung und nicht durch Manipulation – das sollten die Grundsätze sein. Zwischen einem autoritär-selbstherrlichen, kooperativ-partnerschaftlichen und einem gleichgültigen Laissez-faire-Stil muss man die passende Mischung finden. Klar ist, dass eine zu straffe Handlungsweise ebenso wie eine, die den Azubi sich selbst überlässt, Motivation und Freude bremst, vielleicht auch die Ausbildung ziellos und konfus ablaufen lässt. In richtiger Mischung sollte der kooperative Stil dominieren, um sinnvolle und helfende Lenkung in die Ausbildung zu bringen, selbstständiges Arbeiten und Eigeninitiative zu fördern und die Lernmotivation zu stärken.

3. Patenschaft übernehmen

Der Auszubildenden eine Kollegin zur Seite zu stellen, hat sich als Patenschaft bewährt. Im Gegensatz zur Partnerschaft haben beide Seiten nicht gleiche Rechte und Pflichten, sondern die Patin hat eine Fürsorgeaufgabe und Zuständigkeit übernommen. Das muss nicht zwingend Aufgabe der leitenden MFA sein – häufig ist es aufgrund des geringeren Altersunterschieds eher sogar von Vorteil, wenn eine der jüngeren Kolleginnen diese Rolle übernimmt, vielleicht sogar eine Auszubildende im zweiten oder dritten Lehrjahr. Wichtig ist allerdings, dass zwischen Patin und leitender MFA stets kommuniziert wird, auf welchem Stand die Auszubildende gerade ist. Die Patin soll für die Auszubildende Ansprechpartnerin sein und Vertrautheit schaffen, sie soll sich zuständig fühlen und sich kümmern, den Weg weisen, Vermittlerin sein und Beschützerinstinkt zeigen. Dies ist für die Auszubildende nicht nur hilfreich, sondern gibt ihr mehr Sicherheit.

4. Benimm als „kleiner Knigge“

Die MFAs sind das Aushängeschild der Praxis! Ihre Ausbildung ist auch ein Stück Erziehung in die Richtung von gutem Benehmen, und da sollten sich die erfahrenen MFAs in einer Vorbildfunktion sehen.

Die Auszubildende soll von den erfahrenen Kolleginnen angemessenes Verhalten lernen. Dazu soll sie „Schatten“ ihrer Ausbilderinnen sein, mit den Augen und Ohren Informationen aufnehmen, aber auch neugierig und interessiert hinterfragen. Zum kleinen „Benimm ist in“ gehören natürlich ein gepflegtes Erscheinungsbild und eine der Situation angepasste Ausdrucksweise, gute Kommunikation und Respekt, ohne die eigene Authentizität aufzugeben.

5. Ausbildung nach Plan

Wie eine Reise braucht auch eine Ausbildung Wegweiser und eine geplante Richtung, um an ihr Ziel zu gelangen. Inhalt und Abläufe der Ausbildung zur MFA sind im Ausbildungsrahmenplan der Ärztekammer festgelegt. Aber in einer Praxis gibt es noch viele weitere abwechslungsreiche Herausforderungen und Lernmöglichkeiten: Empfang, Labor, Therapie- und Diagnostikbereich, Abrechnung und Büro, um nur einige zu nennen. Je nach deren Stärken und Schwächen sollten die Einarbeitungsstationen der Persönlichkeit der jungen Kollegin angepasst werden. Es muss kein starres Schema an Abläufen geben, wohl aber ein geordnetes und übersichtliches, so dass am Ende der drei Lehrjahre auch alle Bereiche einer Arztpraxis von der neuen Kollegin mit Kompetenz gelebt werden können.

6. Kleine Aufgaben – Lernen Schritt für Schritt

Eine auszubildende MFA ist nicht in der Praxis angekommen, um Medizinschränke auszuputzen, Briefkästen und Mülleimer zu leeren und Kaffee zu kochen. Dies sind sicher auch Aufgaben, die zum Praxisalltag dazugehören – aber sie sind vom gesamten Team zu tragen, nicht für Auszubildende prädestiniert und ausschließlich für diese gedacht. Sinnvolle, berufsnahe und interessante Arbeit muss ebenfalls abgegeben und übertragen werden, um die Verantwortung und das Lernen zu fördern und zu stärken. Zudem muss die Ausbilderin bereit sein, die junge Kollegin Neues ausprobieren zu lassen – dazu gehören auch Geduld und Verständnis, wenn etwas nicht sofort klappt. Bei Erfolg sollte sie natürlich auch Bestätigung und Anerkennung geben können.

Lernen funktioniert am besten Schritt für Schritt. Dazu sollten die Ausbildenden die Arbeitsgebiete gekonnt auswählen und Infos wohldosiert geben. Auch Verantwortung muss in angepasstem Umfang übertragen werden, und es ist nicht falsch, die Auszubildende mitentscheiden zu lassen. Was in welcher Reihenfolge gelernt wird, ist auch eine Typ-frage, und das Lernverhalten entscheidet über die Schnelligkeit des Vorgehens. Erfolg spornt zweifelsohne an, aber auch aus Fehlern kann man lernen.

7. Unterstützen und fördern

Die eigene Motivation und die Stimmung im gesamten Team entscheiden darüber, ob Sie die Auszubildende mitnehmen in den Beruf. Ein Azubi im „Tief“ ist kein Problem, es darf nur nicht bis zur Motivationslosigkeit kommen!

Die Bemühungen der Ausbilder können einmal fördernd sein, ein andermal auch bremsen. Sich aktiv und unermüdlich zu bemühen ist eine gute Erfolgsgrundlage; die Wünsche der Auszubildenden zu hinterfragen und die Motivationsanstrengungen daran auszurichten gehört ebenso dazu (Kasten 2). Klar sein muss aber auch, dass selbst ein gutes ausbildendes Team nicht den Erfolg garantiert, weil das letzte, entscheidende Puzzle-Teil die Auszubildende selbst ist. Was bei einer Auszubildenden heute funktioniert, kann sich morgen bei einer anderen Kollegin als Fehlschlag erweisen. Nicht jede junge Frau ist für den Beruf der MFA geboren. Meist gelingt, manchmal aber auch missglückt es, die Berufsanfängerin zu begeistern. Aber es ist der Versuch, der zählt!

Einen Gedanken sollten Teams, die Freude am Ausbilden haben, mit auf den Weg nehmen: Ausbilden heißt auch, Pflanzen aufblühen zu lassen! Dadurch schaffen wir neue MFAs, die mitdenken, mitarbeiten und miteinander kommunizieren, aber trotzdem oder gerade deshalb eigenständig und selbstständig arbeiten, verantwortliches Handeln zeigen und – zum Glück – nie auslernen. Denn auch die Zukunftsperspektive des heutigen MFA-Berufes lautet: „Es geht weiter!“ ▪

Kontakt
Iris Schluckebier
Medizinische Fachangestellte und QM-Visitorin
59174 Kamen

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; 35 (7) Seite 30-32
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

„Es gibt keine vernünftigere Erziehung, als Vorbild zu sein, wenn es nicht anders geht, ein abschreckendes.“ - Albert Einstein „Es gibt keine vernünftigere Erziehung, als Vorbild zu sein, wenn es nicht anders geht, ein abschreckendes.“ - Albert Einstein © Fotolia
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