Steuern und Betriebswirtschaft Der Steuerberater – ein Universalgenie?

Praxisführung Autor: M. Bandering

Kein Mensch ist Fachmann für alles, und auch die beruflichen Neigungen sind individuell recht unterschiedlich. Deshalb ist der Arzt ein solcher geworden und nicht Anwalt oder Betriebswirt, und deshalb ist es für einen Praxisinhaber auch durchaus sinnvoll, nichtmedizinische Aspekte seiner Praxisführung an Fachleute zu delegieren – etwa an eine Steuerkanzlei, die die Buchhaltung übernehmen und später den Jahresabschluss erstellen soll. Die Funktion eines Unternehmensberaters kann der Steuerberater in der Regel jedoch nicht übernehmen.

Mit der Abgabe der Buchführung an den Steuerberater verknüpft der Arzt häufig die unausgesprochene Erwartung, gleichzeitig einen Betriebsberater engagiert zu haben, der ihn bei Auffälligkeiten sofort kontaktiert – und das, obgleich der Steuerberater die Erwartungshaltung seines Mandanten in der Regel überhaupt nicht kennt und für eine Unternehmensberatung auch kein Honorar berechnet. Zudem verfügt nur ein relativ kleiner Teil der Steuerberater über die Qualifikation eines Betriebsberaters.

Als Steuerberater hat er sich vielmehr mit sich häufig ändernden Steuergesetzen sowie mit der einschlägigen Rechtsprechung zu befassen und sein Wissen in der Mandantenbetreuung umzusetzen. Vernachlässigt er diese Pflicht, kann ein Mandant Schaden erleiden. Solche qualifizierte Beratung kostet den Steuerberater Zeit und damit auch den Arzt als Klienten zusätzliches Geld, das ein wohlberufener Berater auch wert ist.

Steuerersparnis alleine darf nicht handlungsleitend sein

Allerdings verdienen Anregungen global aus steuerlichen Gründen durchaus Misstrauen. Scheuen Sie nicht, beharrlich nachzuhaken, wenn der Steuerberater kein darüber hinausgehendes wirtschaftliches Motiv nachweisen kann. Manche Steuerberater betrachten betriebliche Aktivitäten ausschließlich durch die „Steuerbrille“, ohne die gesamten wirtschaftlichen Folgen zu bedenken.

Beispielsweise gestatten die Steuergesetze manchmal zur Konjunkturbelebung und Investitionssteuerung zeitlich begrenzt die degressive neben der linearen Abschreibung. Neben Politikern und Medien preisen dann auch manche Steuerberater die dadurch bewirkte Liquiditätshilfe zur Erleichterung einer Investitionsfinanzierung – allerdings zu Unrecht. Denn diese Hilfe kommt erst im Folgejahr zum Tragen – nach Erhalt des Steuerbescheids für das Investitionsjahr. Und mit der Konsequenz späterer Liquiditätsbelastungen, die die einstige Erleichterung wieder aufheben. Denn die degressive Abschreibung konzentriert das Abschreibungsvolumen wesentlich auf Investitions- und Folgejahr, um später überproportional zu sinken.

Es sollte auch zu denken geben, dass in der Vergangenheit erstaunlich viele Steuerberater auf "Verlustzuweisungsmodelle" hereingefallen sind, da sie die Angebote nicht auf deren wirtschaftlichen Sinn (der steuerliche Aspekte selbstverständlich einschließt) abgeklopft hatten. Daher gilt es, die Qualität des Steuerberaters wie eines jeden Freiberuflers auszuloten.

Wie findet man den richtigen Steuerberater?

Ein guter Steuerberater ist fachlich auf der Höhe und nimmt sich bei Bedarf auch Zeit für seine Mandanten. Wünscht der Arzt ein qualifiziertes Beratungsgespräch, dann muss er sich jedoch vorab über das Ziel des Gesprächs klarwerden und dieses Ziel auch seinen Steuerberater wissen lassen. Er hat dafür rechtzeitig relevante Unterlagen zusammenzustellen sowie eigene Ideen zur Problemlösung zu überdenken. Dann wird der Berater in einem angemessenen Zeitrahmen zu einem konstruktiven Gespräch in der Lage sein. Erscheint der Steuerberater aber gestresst oder will er seinen Mandanten mit Allgemeinplätzen ohne konkreten sachbezogenen Inhalt bedienen, ist zu fragen, ob er der geeignete Partner für den Arzt ist.

Unabdingbare Fachkompetenz

Erfreulicherweise hat sich die Fachkompetenz in der Branche dank erhöhter Zulassungshürden gebessert. Allerdings haben sich auch die Anforderungen an den Berufsstand angesichts immer komplizierterer Steuergesetze erhöht, so dass eine wachsende Spezialisierung der Steuerberater zu beobachten ist. Daher bündeln immer mehr Steuerberater ihr Spezialwissen in einer Gemeinschaftskanzlei, die einen für den Mandanten wertvollen Erfahrungsaustausch ermöglicht. Gleiches gilt für einen Steuerberater, der sich fallweise mit einem Kollegen fachlich austauscht. Eine Reihe von Steuerberatern bedient sich regelmäßiger, kostenpflichtiger Mandantenbriefe, wie sie beispielsweise die DATEV anbietet, der rund 90 % aller deutschen Steuerberater angeschlossen sind; diese Briefe beschränken sich freilich auf allgemein interessierende steuerliche Themen und gehen nicht auf Einzelfälle ein.

Kammern geben aus verständlichen Gründen keine Empfehlungen ab. Allerdings kann man versuchen, von seinem Gesprächspartner dennoch einen diskreten privaten Tipp zu erhalten. Hinweise aus dem Bekanntenkreis sind vorweg daraufhin abzuklopfen, ob der Befragte die Kompetenz eines Steuerberaters bzw. die Qualität seiner Leistung beurteilen kann; Freundlichkeit alleine ist bekanntlich kein Kriterium. Wirtschaftsprüfer sind in aller Regel hochqualifiziert, aber auch nicht gerade billig. Manche Wirtschaftsprüfer beschäftigen sich primär mit Anlegerobjekten und eignen sich daher weniger für einen Arzt.

Erste Anhaltspunkte lassen sich durch Fragen etwa nach der Gründung der Kanzlei finden: War der Kanzleiinhaber früher im Finanzamt (in welcher konkreten Funktion?) tätig und bietet er Referenzen an? Ein praktisches Plus bedeutet es, wenn die Kanzlei in der Nähe der eigenen Praxis liegt.

Fragen und Tipps für ein Anbahnungsgespräch:

  • Wirkt der Steuerberater für das Gespräch vorbereitet?
  • Welche Spezialbereiche deckt er ab, und sind diese für Sie von Bedeutung?
  • Wie viele Mandanten aus der Ärzteschaft betreut er bereits?
  • Lässt sich voraussichtlich mit ihm auch menschlich gut zurechtkommen und drückt er sich verständlich aus? Stellt er sich Ihren konkreten Fragen ernsthaft oder flüchtet er in Allgemeinplätze?
  • Beschreiben Sie genau den künftigen Aufgabenbereich des Steuerberaters!
  • Ein verantwortungsbewusster Berater wird sich für Ihre letzten zwei Jahresabschlüsse interessieren und sie schonungslos (!) kommentieren. Lobhudelei schmeichelt zwar, hilft aber nicht weiter.
  • Innerhalb welcher Frist nach Erhalt kompletter Unterlagen fertigt er üblicherweise den Jahresabschluss an, aus dem sich ja Handlungsempfehlungen ableiten lassen?
  • Interessiert er sich für Ihre Praxisplanungen?
  • Liefert er selbst für komplizierte Fragen sofort eine Ideallösung (was angesichts des unübersichtlichen Steuerrechts nur selten seriös möglich ist)? Das spricht zwar für rasche Reaktionsgabe, doch auch für mangelnde Besonnenheit; denn stets sind Vor- und Nachteile individuell gegeneinander abzuwägen.

Die aufgeführten Punkte eignen sich natürlich auch für die Überprüfung einer bereits bestehenden Verbindung.

Das Honorar des Steuerberaters

Stellt der Steuerberater bereits für ein Anbahnungsgespräch ein stolzes Honorar in Rechnung, sollte man dies auch als Signal für die Zukunft verstehen.

Die Steuerberatergebührenordnung kennt drei Gebührenarten: Wertgebühr, Zeitgebühr (30 – 70 Euro je halbe Stunde, sofern nicht mehr vereinbart) und Beratungs(rahmen)gebühr. Selbstverständlich können auch pauschale Festhonorare vereinbart werden. Deren Vorteil: Kalkulierbarkeit; deren Nachteil: Um unvorhersehbare Probleme (Zeit!) einzubeziehen, bemisst sie der Steuerberater regelmäßig recht "großzügig". Auszüge aus den Gebührentabellen für die Leistungen von Steuerberatern finden Sie <link asset-id="censhare:/service/assets/asset/id/1672226/version/1/storage/master/file">hier.



Michael Bandering

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (16) Seite 72-74
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.