Der Arzt als Chef Drei Führungstools zum Ausprobieren

Praxisführung Autor: P. Korioth

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Viele Ärzte fragen sich, welchen Führungsstil sie eigentlich verfolgen möchten. Manche sind sich zudem unsicher, welche Führungsinstrumente ihnen überhaupt zur Verfügung stehen. In diesem Beitrag lernen Sie drei Führungstools kennen, die Sie in Ihrer Praxis erfolgreich einsetzen können.

Sie wünschen sich für Ihre Praxis eine wertschätzende und zielführende Kommunikation mit effektiven und verlässlichen Arbeitsabläufen, eine Praxis, in der sich die Patienten sicher und willkommen wissen – ein gutes Vorhaben. Schön wäre es auch, wenn die Mitarbeiterinnen Ihren Vorstellungen folgen würden und Ihre Anweisungen und Standards umsetzen. Leider ist dies nicht immer der Fall, beklagen einige Praxisinhaber.

In diesem Beitrag möchte ich Sie ermutigen und einladen, sich auf drei effektive Führungstools einzulassen:

  • Geben Sie angemessene Anerkennung durch förderndes Feedback!
  • Formulieren Sie Ihre Anweisungen „weichspülerfrei“!
  • Wenn andere ein Problem bei Ihnen abladen wollen, fragen Sie nach eigenen Lösungen!

Jeder strebt nach Anerkennung

Definitionen von Führung gibt es genügend. Peter F. Drucker (in Hofbauer, Kauer, 2011, S. 3) definiert Führung recht präzise und betont die Leistungsfähigkeit von Kommunikation als Führungsaufgabe: „Da die Ergebnisse und Leistungen von Menschen erbracht werden, steht der Mensch im Mittelpunkt. Führen bedeutet damit, den Mitarbeitern den Sinn ihrer Aufgaben aufzuzeigen (Menschen brauchen Sinn), über die Ziele die Richtung aufzuweisen und die Menschen entsprechend ihren Voraussetzungen und der Aufgabe zu entwickeln und zu fördern, Stärken zu nutzen und den Schwächen ihre Bedeutung zu nehmen.“

Das bedeutet für den Arzt als Führungskraft, dass er die Führungsverantwortung als solche für die Praxisziele und für die Mitarbeiterinnen übernimmt. Dabei konzentriert er sich auf die Stärken der einzelnen Mitarbeiter und hält sich nicht länger als nötig mit den Schwächen der Einzelnen auf. Jetzt mal Hand aufs Herz – in Sachen Anerkennung wird es häufig genau andersherum praktiziert, frei nach dem Motto: „Wenn ich nichts sage, ist alles in Ordnung. Wenn nicht, dann melde ich mich schon.“

Mein Grundverständnis von Führung basiert auf einer Reihe von systemischen Grundannahmen, die die Beziehung zwischen Menschen in den Mittelpunkt stellen. Systemische Sichtweisen sind darum bemüht, die Probleme von Menschen in ihrer Vernetzung zu anderen zu verstehen. Eine dieser systemischen Grundannahmen geht davon aus, dass jeder Mensch nach Anerkennung strebt und versucht, dieses Bedürfnis auf seine individuelle Weise zu befriedigen. Bleibt die Anerkennung aus, werden Aktionen gestartet, um die fehlende Aufmerksamkeit einzufordern, zum Beispiel durch häufiges Zuspätkommen oder unnötiges Nachfragen von Abläufen. Als Aufmerksamkeit folgt dann häufig Kritik. Aber gleichzeitig ist die Kritik dann mehr wert, als gar keine Aufmerksamkeit zu erhalten.

In diesem Zusammenhang lohnt es, darüber nachzudenken, ob jede Mitarbeiterin ihren Fähigkeiten entsprechend im Praxisunternehmen platziert ist. Nicht jede Mitarbeiterin sitzt gerne an der Anmeldung und kann dort richtig gut sein, möglicherweise erhält sie hier viel negative Aufmerksamkeit. Manche sind eher im Backoffice oder in der Funktion richtig aufgehoben und können dort ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen.

Feedback muss zeitnah und konkret sein

Fehlendes Feedback führt manchmal zur Annahme, die erbrachte Leistung entspräche nicht den Erwartungen. Der Versuch, etwas zu verändern, hat leider oft schlechtere Leistungen zur Folge. Eine ehrlich gemeinte Anerkennung seitens der Führungskraft motiviert die Mitarbeiterin, sich anzustrengen, um weiterhin Anerkennung zu erhalten.

Auch Kritik kann als Ansporn angenommen werden, sofern sie konstruktiv ist. Was kennzeichnet nun ein „förderndes Feedback“? Anbei zwei Beispiele für ein positiv angelegtes Feedback – erkennen Sie den entscheidenden Unterschied?

  • Nach einem stressigen Vormittag lobt die Ärztin ihr Praxisteam in der Mittagspause mit den Worten: „Ihr habt richtig gut gearbeitet. Wir sind ein klasse Team.“
  • Der Arzt beobachtet seine Mitarbeiterin im Patientengespräch. In der Mittagspause spricht er diese an: „Ich habe gehört, wie ruhig Sie heute Vormittag mit der aufgeregten Patientin X gesprochen haben, damit haben Sie ihr viel Sicherheit vermittelt – gut gemacht!“

Obwohl beide Rückmeldungen positiv sind, weiß die Mitarbeiterin im zweiten Beispiel, worauf sich die Anerkennung des Arztes bezieht! Im ersten Beispiel hat jede Mitarbeitende sehr viel mehr gedanklichen Spielraum und das Lob wird globaler. Worauf kommt es bei einem fördernden Feedback an?

Ein förderndes Feedback erfolgt zeitnah, konstruktiv und konkret, um hilfreich zu sein. Das Feedback erfolgt in der direkten Ansprache, ist respektvoll und offen (mit Blickkontakt und namentlicher Ansprache). Sagen Sie auch im Falle einer Negativkritik zuerst etwas Positives, damit drücken Sie auch Wertschätzung für den anderen aus. Trennen Sie die Wahrnehmung (gesehen, gehört, bemerkt) von der Bewertung („das hat auf mich so gewirkt“). Wünschen Sie eine Verhaltensänderung, könnten Sie beispielsweise formulieren: „Ich bitte Sie, demnächst auf Folgendes zu achten: ...“

Anweisungen klar formulieren

Viele Praxisinhaber klagen darüber, dass ihre Anweisungen unzureichend umgesetzt werden oder es an Verbindlichkeit mangelt. Eine klare und zielführende Sprache kann helfen. Hier zwei Beispiele für „weichgespülte“ Anweisungen:

  • „Vielleicht besorgt ja Frau Hupfer mal neues Schreibpapier!?“ Oder
  • „Sie sollten darauf achten, dass die Praxis auch in der Mittagszeit besser erreichbar ist.“

Anweisungen dieser Art sind eher Empfehlungen und lassen durch sogenannte Weichspüler wie „vielleicht“ und „sollten“ viele Handlungsspielräume offen, so dass es im Nachgang an Verbindlichkeiten fehlt.

  • „Frau Hupfer, bitte besorgen Sie im Laufe dieser Woche Schreibpapier in ausreichender Menge, damit wir bis Ende des Jahres versorgt sind.“ Oder
  • „Damit die Praxis in der Mittagszeit erreichbar ist, organisieren Sie sich bitte so, dass das Telefon durchgehend besetzt ist.“

Spüren Sie den Unterschied? Das Wörtchen „damit“ kann hinsichtlich der Nutzentransparenz sehr hilfreich sein. Probieren Sie in Ihren Anweisungen diese kleine, aber entscheidende Veränderung aus!

Lösungsvorschläge einfordern

Eine immer wieder formulierte Herausforderung für Führungskräfte ist, dass unbequeme Anweisungen von Mitarbeitern mit der Begründung, die Anweisung sei „so nicht umsetzbar“, durch naives Nachfragen oder durch einfaches Nicht-Erledigen an den Vorgesetzten rückdelegiert werden. Manche Führungskräfte unterliegen dann der Versuchung, die Aufgaben gleich selbst zu übernehmen (dann geht es schneller). Fühlen Sie sich an dieser Stelle ermutigt, die Mitarbeitenden nach der Ursache des Problems zu fragen und fordern Sie eigene Lösungsvorschläge ein, bevor bei Ihnen ein Problem abgeladen wird. Gewöhnen Sie sich die Furcht ab, dass Klarheit auf Ablehnung stößt – viele Mitarbeiterinnen wünschen sich genau diese Klarheit in Verbindung mit Wertschätzung und Anerkennung.▪

Weiterführende Literatur:
• Haberleitner, E., Deistler, E., Ungvari, R.: Führen, Fordern, Coachen, 2008, Piper München
• Hofbauer, E., Kauer, A.: Einstieg in die Führungsrolle, 2011, Hanser München
Kontakt:
Petra Korioth
Diplom-Pädagogin und Systemischer Coach
40878 RatingenKurs

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; 35 (1) Seite 21-22
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.