EBM: Ab 1200 Behandlungsfällen gibt's mehr Honorar!
Eigentlich müsste das Praxisteam dem 1201. Patienten im Quartal bei seinem Besuch einen Blumenstrauß überreichen. Denn immerhin erhält der Arzt dann auf seine Vorhaltepauschale von 14 Euro einen zehnprozentigen Aufschlag. Bei 1200 Patienten macht das: 1,40 Euro (10 % von 14 Euro) mal 1200 Scheine = 1680 Euro. So gesehen macht es also Sinn, die Fallzahl der Praxis vor allem am Ende des Quartals im Auge zu behalten.
Gleiches gilt für kleine Praxen mit weniger als 400 Scheinen, die einen Abschlag von 10 % auf die Vorhaltepauschale hinnehmen müssen. Statt 14 Euro erhalten sie bis zum 400. Patienten nur 12,60 Euro, das macht immerhin einen Verlust pro Quartal von rund 560 Euro.
Was zählt als Behandlungsfall? Wie wird in Gemeinschaften gerechnet?
Die Berechnung in Einzelpraxen, sagt Rüdiger Brauer, Geschäftsführer der AAC GmbH, ist verhältnismäßig einfach. Grundsätzlich werden alle Behandlungsfälle gezählt (auch Vertreterscheine oder Fälle, in denen nur freie Leistungen abgerechnet werden, die also nicht unter das Regelleistungsvolumen fallen).
Es gibt jedoch Ausnahmen, macht Brauer aufmerksam. Bei folgenden Sachverhalten liegt kein Fall vor, der zum Aufschlag der Vorhaltepauschale führen könnte:
- Es werden nur Kosten aus dem Kapitel 40 abgerechnet,
- Notfälle im organisierten Notdienst,
- Laborzielaufträge,
- ausschließlich Befundung von dokumentierten Untersuchungsergebnissen,
- Belegarztfälle.
Die Berechnung der Fallzahl erfolgt grundsätzlich in zwei Schritten:
1) Anzahl der hausärztlichen Fälle für alle Hausärzte insgesamt: Bei fachübergreifenden BAGs und MVZs ist zu errechnen, wie hoch die Anzahl der hausärztlichen Fälle insgesamt ist.
In Nr. 11 der Präambel zum EBM-Kapitel der Hausärzte ist festgelegt, dass alle Behandlungsfälle gezählt werden, bei denen Hausärzte mindestens eine Leistung abgerechnet haben. Ob und wie viele Fachärzte beim Patienten Leistungen erbracht haben, ist dabei egal, sagt Brauer. Andererseits: Wenn mehrere Hausärzte Leistungen bei einem Patienten abgerechnet haben, zählt der Patient nur einmal. Gibt es nur einen Hausarzt in der BAG/im MVZ, wird die hier ermittelte Zahl zur Berechnung der Zu- und Abschläge verwendet. Gibt es mehrere Hausärzte, dann erfolgt im zweiten Schritt die Berechnung pro Hausarzt.
2) Berechnung der hausärztlichen Fälle pro Hausarzt: Die Anzahl der hausärztlichen Fälle wird durch die Anzahl der hausärztlichen Kollegen geteilt. Ein Arzt mit einem kleineren (z.B. hälftigen) Versorgungsauftrag geht also mit anteiligem Multiplikator (z.B. 0,5) in die Berechnung ein.
Zum Beispiel ein MVZ mit einem Facharzt und zwei Hausärzten ...
Dazu stellt AAC-Abrechnungsexperte Brauer folgendes Beispiel vor: In einem MVZ arbeiten ein Facharzt und zwei Hausärzte zusammen. Von den Hausärzten hat ein Arzt einen ganzen, der andere Arzt einen halben Versorgungsauftrag. Die gesamte Behandlungsfallzahl des MVZ liegt bei 2400. Der Facharzt hat bei 1000 Patienten Leistungen abgerechnet, die Hausärzte bei 1600 Patienten. Da dies zusammen 2600 ergibt, müssen 200 Patienten der Hausärzte auch vom Facharzt behandelt worden sein. Doch anders als beim RLV, wo der Patient nur einmal zählt, ist dies hier egal. Es bleibt bei 1600 Patienten für die Hausärzte.
Der Arzt mit dem ganzen Tätigkeitsumfang hat bei 1250 Patienten Leistungen abgerechnet, der Arzt mit dem halben Versorgungsauftrag bei 350 Patienten. Die Fallzahlen für die Zu- und Abschläge errechnen sich nun, indem die 1600 hausärztlichen Behandlungsfälle durch die Summe der Tätigkeitsumfänge geteilt werden. Bei einem ganzen und einem halben Tätigkeitsumfang ergibt sich: 1600 : (1 + 0,5) = 1067. Dies ist die durchschnittliche Patientenzahl pro Arzt nach Tätigkeitsumfang.
Für den Arzt mit dem ganzen Versorgungsauftrag ergibt sich: 1067 x 1,0 = 1067 Behandlungsfälle, also weniger als 1200. Somit erhält dieser Arzt leider keinen Zuschlag auf seine Vorhaltepauschale. Für den Arzt mit dem halben Versorgungsauftrag ergibt sich: 1067 x 0,5 = 533. Dieser Arzt muss also keinen Abschlag bei seiner Vorhaltepauschale hinnehmen, weil die Fallzahl größer als 400 ist.
Für die Berechnung ist es übrigens egal, macht Rüdiger Brauer aufmerksam, ob eine Anzahl von Hausarztpatienten von beiden Hausärzten behandelt wurde oder wie im Beispiel aus Vereinfachungsgründen kein Patient.