EBM-Abrechnungsbeispiel aus der Praxis

Autor: Anke Thomas

Der Hausarzt-EBM hat es in sich, es gilt einige Tücken zu kennen. Ein Abrechnungsbeispiel aus der Praxis.

Vielen Praxisteams unterlaufen mit dem neuen Hausarzt-EBM noch Fehler, weiß Dr. Georg Lübben, Geschäftsführer der AAC GmbH. Am besten lässt sich das anhand eines konkreten Abrechnungsbeispiels aufzeigen.

Abrechnungsbeispiel:

In der Praxis stellt sich eine 72-jährige neue Patientin mit einem BMI von 30,2 kg/m2 vor. Sie macht einen rüstigen und mobilen Eindruck. Sie klagt aktuell über Schwindel, eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit und Schlafstörungen. Nach den ers­ten Untersuchungsergebnissen stellt der Arzt folgende Diagnosen fest:

  • E78.0 Hypercholesterinämie
  • D50.8 Sonstige Eisenmangelanämie
  • I10.9 Essenzielle Hypertonie

Eine medikamentöse Therapie mit Simvastatin, einem Eisenpräparat und einem AT-1-Blocker wird ini­tiiert. Bei der Wiedervorstellung haben sich Blutdruck und Hyperlipämie gebessert, der Schwindel ist ebenfalls rückläufig, die Anämieparameter sind besser. Die Patientin berichtet nun über pectanginöse Beschwerden. Antriebslosigkeit und Schlafstörungen persistieren.

Weitere Diagnose:

  • F32.0 leichte depressive Episode

Und so kann die Abrechnung aussehen: Erstvorstellung:

  • 03000 Versichertenpauschale
  • 03040 Vorhaltepauschale (wird automatisch von der KV hinzugesetzt)
  • 03220H Chronikerzuschlag für einen Kontakt nach Hausarztwechsel (erfragt)
  • 03230 Problemorientiertes Gespräch

Abrechnung zweiter Kontakt:

  • 03221H (03220 wieder streichen) Chronikerzuschlag für zwei Kontakte

Pseudoziffern in Abhängigkeit von der jeweiligen KV – Einschreibung in KHK-DMP

  • 35100 Differenzialdiagnostik Psychosomatik

Abrechnung dritter Kontakt:

  • 35110 verbale Intervention

Die Abrechnung der 03360/62 ist nicht möglich, da keine geriatrietypische Morbidität vorliegt, darauf macht Dr. Lübben aufmerksam.

Tipps zur Kodierung:

Bei einer Patientin, die regelmäßig in der Hausarztpraxis betreut wird, liegen folgende Diagnosen vor:

  • E14.90 Nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus. Ohne Komplikationen. Nicht als entgleist bezeichnet
  • I10.91 Essenzielle Hypertonie, nicht näher bezeichnet: mit Angabe einer hypertensiven Krise
  • I25.1 Atherosklerotische Herzkrankheit
  • I25.9 Chronische ischämische Herzkrankheit, nicht näher bezeichnet
  • I83.0 Varizen der unteren Extremitäten mit Ulzeration
  • M54.16 Radikulopathie: Lumbal­bereich
  • N19 Nicht näher bezeichnete Niereninsuffizienz
  • R21 Hautausschlag und sonstige unspezifische Hauteruptionen
  • R52.9 Schmerz, nicht näher bezeichnet
  • T14.05 Oberflächliche Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion: Prellung

Bei dieser Patientin fallen insgesamt die vielen unspezifischen „.9“- Diagnosen sowie die E14.9 auf. Hier sollte auf eine spezifischere Diagnose geachtet werden, um zum Beispiel im Fall einer Wirtschaftlichkeitsprüfung mit Überschreitung der Richtgröße die Chance zu haben, individuelle Praxisbesonderheiten geltend zu machen, so Dr. Lübben.

Am besten sollte die E14.9 (nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus) als Dauerdiagnose gar nicht verwendet werden. Wenn Patienten mit einer solchen Dia­gnose im Disease-Management-Programm Typ-2-Diabetes betreut werden, gehen die Kassenärztlichen Vereinigungen zunehmend dazu über, diese Leistungen wieder zu streichen, erläutert Dr. Lübben. Besser wäre in vorliegendem Fall die Diagnose „E11.20 Typ-2-Diabetes mit Nierenkomplikationen“ anzusetzen.

Kann bei dieser Patientin die ger­iatrische Betreuung angesetzt werden? Nein, leider nicht, sagt der Abrechnungsexperte. Er weist dabei auf Folgendes hin: Bei der Patientin, die ohne Zweifel eine beachtliche Multimorbidität aufweist, fehlt dennoch eine qualifizierende Diagnose um die ger­iatrischen Ziffern anzusetzen. Aber warum „passt“ hier die R52.9 nicht? Im EBM wird als Diagnose ein therapierefraktäres chronisches Schmerzsyndrom aufgeführt. Das wäre jedoch die R52.1, so Dr. Lübben.

Quelle: AAC GmbH Wiesbaden