Infektionsprävention Hygieneanforderungen in der Hausarztpraxis
Die Verantwortung für die Hygiene und den Infektionsschutz obliegt der Praxisleitung. Einmal jährlich hat eine dokumentierte Hygieneschulung für das Praxisteam stattzufinden.
Der Hygieneplan ist Pflicht und gibt Rechtssicherheit
Der im IfSG, in der MedHygVO und der TRBA 250 (siehe jeweils Infobox 1) geforderte Hygieneplan soll alle innerbetrieblichen Verfahrensanweisungen der Hausarztpraxis enthalten und ist für alle Mitarbeiter der Praxis verbindlich.
Wesentliche Inhalte eines Hygieneplans sind:
- die Benennung der hygieneverantwortlichen Mitarbeiter der Praxis
- Reinigungs- und Desinfektionspläne
- Händehygiene
- Beschreibung hygienerelevanter Prozesse
- Umgang mit Medikamenten und Aufbereitung von Medizinprodukten
- Erfassung nosokomialer Infektionen
- Arbeitsschutz
- hygienisch-mikrobiologische Untersuchungen
- Abfallentsorgung
Der Hygieneplan sollte kontinuierlich aktualisiert werden und dient als Grundlage für die regelmäßigen Hygieneunterweisungen der Praxismitarbeiter. Darüber hinaus stellt ein gut geführter Hygieneplan eine wichtige Rechtssicherheit für die Praxis dar. So gibt u. a. das Kompetenzzentrum "Hygiene und Medizinprodukte" der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wertvolle Empfehlungen für die Erstellung eines Hygieneplans und stellt dazu den hervorragenden Hygieneleitfaden "Hygiene in der Arztpraxis" zur Verfügung [3, 5].
Arztmeldepflicht
Für ausgewählte Infektionskrankheiten, die der §6 des IfSG benennt, besteht eine Arztmeldepflicht. Das bedeutet, dass bei meldepflichtigen Erkrankungen der Infektionsverdacht, die klinische Diagnose und der Tod dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden muss. Die Meldung durch den Arzt muss dem zuständigen Gesundheitsamt innerhalb von 24 Stunden vorliegen. Das Gesundheitsamt wird dann, je nach gemeldetem Fall, infektionshygienische Maßnahmen mit dem Hausarzt abstimmen.
In einer Hausarztpraxis wird üblicherweise eher selten ambulant operiert. Daher spielt die Aufbereitung von Medizinprodukten eine untergeordnete Rolle. Für kleinere Wundversorgungen und Verbandswechsel empfiehlt sich die Verwendung von Einmalinstrumenten; damit entfällt der Aufwand für die fachgerechte Instrumentenaufbereitung. Im Fall einer Aufbereitung von Instrumenten durch die Praxis müssen die RKI/KRINKO-Empfehlungen und weitere rechtsverbindliche Vorgaben berücksichtigt werden [2, 6, 15, 16].
Hygienische Händedesinfektion
Die wesentliche Voraussetzung für ein infektionshygienisch sicheres Arbeiten in einer Hausarztpraxis ist das Einhalten der Basishygiene. Dabei stellt die Händehygiene die wichtigste Maßnahme dar. Dazu zählen Händewaschen, hygienische und chirurgische Händedesinfektion, Tragen von Handschuhen und die persönliche Hautpflege. In der Hausarztpraxis sollen die Handwaschplätze mit einem Waschbecken ohne Überlauf, ausgestattet mit einer verlängerten Hebelarmatur zur handkontaktfreien Bedienung, je einem Spender für flüssige Handwaschseife und für Händedesinfektionsmittel und einem Spender für Einmalhandtücher, gut erreichbar sein. Bei Tätigkeiten, die eine Händedesinfektion erfordern, dürfen an Händen und Unterarmen keine Ringe, Armbänder und Uhren getragen werden. Darüber hinaus ist das Tragen von Nagellack und künstlichen Fingernägeln nicht erlaubt. Die Fingernägel sind kurz und rund geschnitten zu tragen und sollen die Fingerkuppe nicht überragen. Zusätzliche Händedesinfektionsmittelspender sollten an geeigneter Stelle im Praxisbereich, idealerweise auch im Eingangsbereich, angebracht werden [1, 5, 14].
Infobox 1: Rechtliche Rahmenbedingungen
Die folgenden Verordnungen und Gesetze benennen die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Hygieneanforderungen in einer Hausarztpraxis
- Infektionsschutzgesetz (IfSG)
- Hygieneverordnungen der Bundesländer (MedHygVO)
- Medizinproduktegesetz (MPG)
- Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV)
- Biostoffverordnung (BioStoffV)
- Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
- Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege"
- Darüber hinaus sind die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut zu berücksichtigen (Tabelle 1).
Häufiges Händewaschen mit Wasser und Seife lässt die Haut austrocknen; sie wird spröde und rissig. Daher sollte man sich an den Indikationen dazu orientieren: vor Arbeitsbeginn, nach Arbeitsende, nach dem Toilettengang, nach sichtbarer Verschmutzung und nach der Händedesinfektion bei möglichem Kontakt mit Bakteriensporen oder Parasiten [1, 5, 14].
Das Ziel der hygienischen Händedesinfektion ist die Minimierung von Krankheitserregern auf der Haut, so dass eine Weiterverbreitung verhindert wird. Dabei führt die hygienische Händedesinfektion zu einer deutlich höheren Keimzahlverminderung als das Händewaschen mit Wasser und Seife. Das Händedesinfektionsmittel (ca. 3–5 ml) wird über den Spender entnommen und über den gesamten trockenen Handbereich, die Innen- und Außenflächen einschließlich der Handgelenke, die Flächen zwischen den Fingern sowie die Fingerspitzen, Nagelfalze und Daumen gleichmäßig, über 30 Sekunden, verrieben. Typische Situationen mit Indikationen für die hygienische Händedesinfektion in einer Hausarztpraxis sind in Tabelle 2 zusammengestellt.
Einmalhandschuhe werden in der Hausarztpraxis insbesondere bei folgenden Indikationen eingesetzt: Schutz vor Kontamination mit Blut, Sekreten und Exkreten einschließlich vorhersehbaren oder wahrscheinlichen Erregerkontakts und Schutz vor Chemikalieneinwirkung. Die Handschuhe werden auf die trockenen Hände angelegt. Das Ablegen der Handschuhe erfolgt so, dass eine Kontamination der Umgebung vermieden wird. Anschließend wird eine hygienische Händedesinfektion durchgeführt [14].
In einer Hausarztpraxis gehören Injektionen, Punktionen und Blutentnahmen zu den häufigsten invasiven Eingriffen. Neben den Basishygienemaßnahmen, u. a. Hände- und patientennahe Oberflächendesinfektion, werden weitere risikoadaptierte Schutzmaßnahmen in der RKI/KRINKO-Empfehlung "Anforderungen an die Hygiene bei Punktionen und Injektionen" detailliert beschrieben [13].
Die multiresistenten Erreger MRSA, MRGN, VRE finden wir insbesondere auf der Haut und im Darm von Patienten und gesunden Menschen. Vor diesem Hintergrund ist in der Hausarztpraxis die Händehygiene die wichtigste vorbeugende Maßnahme, um eine Weiterverbreitung auf andere Menschen zu verhindern. Die Untersuchung eines Patienten, der Träger eines multiresistenten Keimes ist, findet während der regulären Sprechstunde statt. Wie nach jedem Patienten wird, nach Vorgabe des Reinigungs- und Desinfektionsplanes, eine patientennahe Wischdesinfektion durchgeführt. Jeder Patient sollte infektionshygienisch so behandelt werden, als sei er Träger eines multiresistenten Keimes [7, 8, 9, 10].
Arbeitskleidung
Arbeitskleidung wird häufig anstelle oder in Ergänzung zur Privatkleidung getragen und ist getrennt von der Privatkleidung aufzubewahren. Die Häufigkeit des Wechsels ist abhängig von den individuellen Gegebenheiten bei der Arbeit. Arbeitskleidung darf nicht im häuslichen Bereich gewaschen werden und sollte daher von einer externen Wäscherei aufbereitet werden. Bei engem Patientenkontakt sollte vorzugsweise eine Einmalschürze angelegt werden [4, 5].
Für Hausbesuche sollte der Hausarzt, aus infektionshygienischen Gründen, mit einem Händedesinfektionsmittel (ggf. einer Kitteltaschenflasche), Einmalhandschuhen und einer Einmalschürze ausgestattet sein.
Literatur[1] Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe: TRBA 250, Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege (2018)
[2] DGKH, DGSV, AKI, VAH: Leitlinie zur Validierung der manuellen Reinigung und manuellen chemischen Desinfektion von Medizinprodukten 2013: 1-48
[3] DGKH (Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V.): Leitfaden zu Organisation und Hygienemanagement in der Arztpraxis (Struktur- und Prozessqualität), Hyg Med 2013; 38-3
[4] DGKH (Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V.): Kleidung und Schutzausrüstung für Pflegeberufe aus hygienischer Sicht – Aktualisierte Fassung Juli 2016, Hyg Med 2016; 41-7/8
[5] Kompetenzzentrum (CoC) Hygiene und Medizinprodukte der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: Hygiene in der Arztpraxis, Ein Leitfaden, 2. Auflage 2019: 1-170
[6] RKI/KRINKO: Prävention postoperativer Wundinfektionen, Bundesgesundheitsbl 2018 61:448-473
[7] RKI/KRINKO: Hygienemaßnahmen zur Prävention der Infektion durch Enterokokken mit speziellen Antibiotikaresistenzen, Bundesgesundheitsbl 2018 61:1310-1361
[8] RKI/KRINKO: Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedlung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen, Bundesgesundheitsbl 2012 55:1311-1354
[9] RKI/KRINKO: Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen, Bundesgesundheitsbl 2014 57:696-732
[10] RKI/KRINKO: Infektionsprävention in Heimen, Bundesgesundheitsbl 2005 48:1061-1080
[11] RKI/KRINKO: Anforderungen an die Hygiene bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten, Bundesgesundheitsbl 2010 53:357-388
[12] RKI/KRINKO: Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen, Bundesgesundheitsbl 2004 47:51-61
[13] RKI/KRINKO: Anforderungen an die Hygiene bei Punktionen und Injektionen, Bundesgesundheitsbl 2011 54:1135-1144
[14] RKI/KRINKO: Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens, Bundesgesundheitsbl 2016 59:1189-1220
[15] RKI/KRINKO: Anforderungen an die Aufbereitung von Medizinprodukten, Bundesgesundheitsbl 2012 55:1244-1310
[16] Schulz-Stübner, S.; Schulze-Röbbecke, R.: Prävention postoperativer Wundinfektionen - Teil 2, Krankenhaushygiene up2date, 4.2018
Autor:
Klinikum der Stadt Ludwigshafen am Rhein gGmbH
Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (4) Seite 60-64
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.