Schenken statt Vererben Immobilien-Übergabe mit Nutzungsvorbehalt

Praxisführung Autor: M. Bandering

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Ist das mittlere Lebensalter überschritten, macht sich mancher Arzt Gedanken über die Weitergabe von Vermögen an die nächste Generation. Geht es dabei um eine für Praxis oder Wohnzwecke selbst genutzte Immobilie, deren Gebrauch weiterhin gewährleistet sein soll, so sind einige rechtliche Fallstricke zu beachten.

Weit verbreitet ist die Gepflogenheit, eine selbst genutzte Immobilie im höheren Alter durch Schenkung in der Regel an den eigenen Nachwuchs zu übertragen. Diese ist meist ein Eigenheim, das aber gerade auf dem Land auch Praxisräume umfassen kann. Als wesentlichste Motive einer solchen Besitzübertragung sind

  • Befreiung von den üblichen Hausbesitzeraufgaben wie z. B. der Sorge um die Hauspflege,
  • frühe Erbregelung oder
  • steuerliche Gründe

zu nennen.

Dabei sollte man jedoch keinesfalls übersehen, dass grundsätzlich nunmehr unwiderruflich (!) nur noch die Beschenkten über das Anwesen bestimmen können. Das gilt auch dann, wenn sich später einmal überraschend das bislang stets gute menschliche Verhältnis zwischen Schenkern und Beschenkten eintrübt oder gar in Feindschaft wandelt. Die Ursache dafür kann auch in einer außenstehenden Person liegen, die zum Zeitpunkt der Schenkung noch gar nicht bekannt war.

Wer soll beschenkt werden?

Bei nur einem Kind fällt die Wahl eines zu Beschenkenden nicht schwer. Allerdings sei vor einer Schenkung auch an dessen Ehepartner dringend gewarnt; wie die Erfahrung lehrt, könnte eine spätere Scheidung beträchtlichen Zündstoff in sich bergen.

Bei zwei oder mehreren Kindern aber stellt sich die Frage, ob eine Übertragung der Immobilie an alle Kinder – etwa zu jeweils gleichen Anteilen – sonderlich praktikabel ist; könnten doch spätere Unstimmigkeiten der Geschwister untereinander auch den Interessen der Übergeber zuwiderlaufen. Daher wäre eine Übertragung an das Kind mit dem höchsten, relativ gesicherten Einkommen zu überlegen, das vor allem auch als zuverlässigstes und gewandtestes anzusehen ist. Das damit verbundene Problem, wie die anderen Kinder "entschädigt" werden sollen, müssten dann freilich primär die Kinder einvernehmlich lösen.

Da sich Schenkungs- und Erbschaftssteuer sparen lässt, wenn man – namentlich bei größerem Vermögen – Schenkungen im 10-Jahres-Turnus vornimmt, bietet sich ein weiteres Motiv für eine frühe Grundstücksübergabe an. Freilich hat man gleichzeitig die zivilrechtlichen Konsequenzen (siehe oben) zu bedenken.

Vorbehalte sichern die künftige Nutzung

Um den künftigen Gebrauch der Immobilie und die Nutzung daraus entstehender Einkünfte abzusichern, können verschiedene Vorbehalte in den Übergabevertrag aufgenommen werden.

Nießbrauch: Wenn der Schenker – nachstehend "der Übergeber" genannt – das Haus oder die Praxis weiterhin selbst zu nutzen beabsichtigt, bietet sich ein mit dem notariellen Übergabevertrag zusammen zu beurkundender Nießbrauch an. Er räumt dem begünstigten Nießbraucher das Recht ein, alle aus dem Grundstück möglichen Nutzungen zu ziehen. Dadurch bleibt der Übergeber faktisch wirtschaftlicher Eigentümer: Ihm fließen Mieten, Pacht und der Erlös von Früchten und Bodenerzeugnissen zu, er kann das Grundstück selbst entschädigungslos nutzen. Andererseits hat er aber grundsätzlich auch für Grundstückslasten aufzukommen, wie z. B. für Grundsteuern, Hypothekenzinsen (soweit die ihnen zugrunde liegenden Belastungen bereits vor Nießbraucheinräumung bestanden haben), Brand- wie Haftpflichtversicherung (deren Fortführung bzw. Abschluss unabdingbar ist) sowie anfallende Erhaltungsaufwendungen. Allerdings lassen sich derartige Auflagen auch zu-gunsten des Übergebers im Übergabevertrag ganz oder teilweise außer Kraft setzen.

Wohnrecht: Ebenso häufig behält sich der Übergeber anstelle eines Nießbrauchs ein im Übergabevertrag notariell zu beurkundendes Wohnrecht vor. Hier ist jedoch exakt festzulegen, worauf sich das Wohnrecht konkret bezieht – ob es z. B. auch eventuelle Praxisräume oder die Garage einschließt. Zusätzlich sollte festgelegt werden, ob der Übergeber etwa anlässlich eines Umzugs ins Altersheim das Objekt vermieten und die Miete vereinnahmen darf. Meist verknüpft man damit auch das Recht der Gartenpflege und -nutzung. Das Wohnrecht ist wie ein Nießbrauch personengebunden und endet grundsätzlich mit Ableben des Übergebers.

Sowohl beim Nießbrauch wie beim Wohnrecht empfiehlt sich die Festlegung, dass der Übernehmer alle anfallenden Betriebskosten und Gebühren (ausgenommen Heizungs-, Strom- und Wasserkosten) sowie anfallende Hausreparaturen sowie Instandsetzungsarbeiten zu tragen hat.

Leibrente: Üblich ist eine Verpflichtung des Übernehmers zur Zahlung einer lebenslangen, meist monatlich zu zahlenden Leibrente an die Übergeber, die zudem mit einer Wertsicherungsklausel ausgestattet ist. Die Wertsicherungsklausel ist an den vom Statistischen Bundesamt oder einem Statistischen Landesamt ermittelten Preisindex für die Gesamtlebenshaltung oder an den Verbraucherindex des Statistischen Amts der Europäischen Union zu binden. Wichtig ist, dass die Leibrente auch jeweils ordnungsgemäß bezahlt wird.

Rückgewährpflicht: Dringend anzuraten ist die Aufnahme einer Rückgewährpflicht (Verpflichtung des Übernehmers zur Rückgabe der Immobilie an den Übergeber) für den Fall einer (beabsichtigten) Weiterveräußerung oder Pfändung der übergebenen Immobilie ("aufschiebend bedingter Anspruch auf Rückauflassung"). Dadurch schützt man sich sowohl vor Weiterveräußerung an unerwünschte Dritte als auch vor einer Pfändung des übergebenen Grundstücks. Allerdings dürfte dieser Vorbehalt nach 30 Jahren nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen wohl unwirksam werden.

Die ordnungsgemäße Eintragung aller Vorbehaltsrechte im Grundbuch durch eine "Vormerkung" nach § 883 BGB ist zwingend – und gegebenenfalls mit Hilfe des Notars – zu überprüfen.

Grundbuch-Einträge und was sie bedeuten

Alle oben beschriebenen Rechte sind in den Übergabevertrag aufzunehmen und in Abteilung II des Grundbuchs einzutragen, was der Notar besorgt. Das Grundbuch genießt diesbezüglich öffentlichen Glauben, man darf folglich auf dessen Richtigkeit vertrauen (ausgenommen bei – nachzuweisender – Bösgläubigkeit, d. h. dem Wissen, dass eine Immobilie nicht dem Veräußerer gehört). Bei den im Grundbuch eingetragenen Rechten handelt es sich um dingliche Rechte. Das bedeutet: Das Grundstück mit allen seinen wesentlichen Bestandteilen (z. B. dem Haus) sowie Zubehör (bewegliche Sachen, die dauernd dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache dienen) haftet für die im Grundbuch eingetragenen Rechte. Für einen schuldrechtlichen Anspruch haftet hingegen nur der Schuldner mit seinem persönlichen Vermögen. Bei den oben angesprochenen Rechten werden regelmäßig nicht nur die dinglichen Ansprüche geregelt, sondern zusätzlich auch mit einem schuldrechtlichen Anspruch verknüpft.

Rangordnung und Risiken aus einem Rangrücktritt

Über die Befriedigung eines Rechts im Fall der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung einer Immobilie entscheidet das jeweilige Alter des Rechts – und zwar ungeachtet der Frage, ob dieses Recht in Abteilung III (Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden) oder in Abteilung II (alle übrigen Lasten wie zum Beispiel ein Wohnrecht) des Grundbuchs eingetragen ist: Ältere Rechte gehen jüngeren im Rang vor. Soll zur Besicherung eines Bankkredits/-darlehens im Grundbuch eine Grundschuld eingetragen werden und sind im Grundbuch bereits oben beschriebene Vorbehaltsrechte eingetragen, dann verlangen die Geldgeber vom Begünstigten aus den eingetragenen Vorbehaltsrechten regelmäßig einen Rangrücktritt bezüglich dieser Rechte hinter die einzutragende Grundschuld, um die Werthaltigkeit der Grundschuld nicht zu gefährden. Mit einer wesentlichen Konsequenz: Wird der ausgereichte Kredit nicht ordnungsgemäß zurückgeführt, kann die Bank aus der Grundschuld die Zwangsversteigerung herbeiführen mit der Folge, dass der einstige Grundstücksübergeber womöglich sein Wohnrecht verliert und auf der Straße sitzt und bestenfalls – je nach Versteigerungserlös – dafür eine noch gewisse (Einmal-) Entschädigung erhält.

Daher wäre es grob fahrlässig, auf die weit verbreitete Bemerkung hereinzufallen, es bliebe ja alles beim Alten. Gegebenenfalls wären folgende Voraussetzungen vor (!) Abgabe einer Rücktrittserklärung festzulegen:

  1. Der vom Grundstücksübernehmer aufzunehmende Kredit dient ausschließlich der Hausrenovierung (dann wäre die Kreditaufnahme ja auch im Interesse des Übergebers).
  2. Der Kreditnehmer (keinesfalls der Übergeber) ist offensichtlich in der Lage, den Kredit ordnungsgemäß zurückzuführen.
  3. Der Übergeber überwacht die Kreditinanspruchnahme zweckbindungsgemäß sowie deren laufende Zinszahlungen und Tilgung.
  4. Der Kreditnehmer verpflichtet sich notariell, die Grundschuld ausschließlich für den beantragten Zweck zu nutzen und für eine sofortige Grundschuldlöschung nach Kredittilgung zu sorgen, um die ursprüngliche Rangstelle der zugunsten des eingetragenen Übergebers eingetragenen Rechte wiederherzustellen.
  5. Diese Erklärung ist noch vor definitiver Kreditzusage dem Kreditgeber vorzulegen, der die Zweckbindung von Kredit und Grundschuld zu beachten hat und dies dem Übergeber auch schriftlich bestätigt.

Diese Vorgehensweise mag zwar überzogen erscheinen und den Kreditgeber überraschen, doch lehrt die gelebte Praxis deren Notwendigkeit.

Steuerliche Aspekte wurden in diesem Beitrag bewusst nicht erläutert, unterliegen diese doch durch Gesetzesänderungen und Rechtsprechung einem gewissen Wandel. Damit sollte ein Steuerberater auf Grundlage der individuellen Gegebenheiten konfrontiert werden.


Michael Bandering

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (5) Seite 64-68
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.